Kapitel 10

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"Marco wir müssen reden." zischte ich am nächsten Tag. Ich fing ihn direkt am Eingang ab und griff nach seinem Oberarm, um ihn in eine ruhige Ecke ziehen zu können. "Hier nimm eins." befahl er und hielt mir Kaugummi entgegen. "Ich will keins!" antwortete ich widerwillig. "Doch nimm es. Bitte." versuchte er es wieder. Ein wenig sauer runzelte ich meine Stirn und wollte gerade anfangen ihn nach dem Verstand zu fragen, da legte er nach: "Man verstehst du es nicht? Du hast ne Fahne!" und lachte leise. Ich spürte, wie mir die Röte ins Gesicht schoss und nahm es dann doch kleinlaut an. "Worüber wolltest du mit mir reden?","Ich glaube das weißt du ganz genau.","Nein wirklich nicht. Hau raus, ich muss mich umziehen gehen.","Warum hast du gestern die Rechnung bezahlt?","Weil du nicht deine eigene Überraschungsparty bezahlen solltest.","Dann gib mir deine Bankverbindung und ich überweise es dir zurück.","Kommt gar nicht in Frage!" antwortete Marco schockiert und machte sich auf den Weg. "Marco!","Sieh es als mein Geburtstagsgeschenk für dich, Kleine!" grinste er ein paar Meter entfernt von mir und winkte zum Abschied. Super, jetzt war ich ihm bestimmt mein Leben lang irgendwas schuldig.

"Bella willst du heute mit mir arbeiten?" fragte Norbert, der gerade das Gebäude betrat. Sichtlich irritiert ließ er die Tür ins Schloss fallen und wunderte sich, warum ich so verloren im Gang herumstand. "Ja klar." antwortete ich spontan und folgte ihm. "Was steht denn heute an?" fragte ich daraufhin neugierig. "Wir müssen die Weihnachtsfeier für die BVB-Fanclubs anfangen zu planen und am Besten noch was für BVB TV drehen.". Ich nickte, na dann hatten wir ja was vor uns.
Nobby erklärte mir dabei viel und wir benötigten einiges mehr an Zeit als gedacht. 


"Sag mal Helmut, wo ist mein Vater?", fragte ich perplex nachdem ich ihn nicht finden konnte. "Der ist schon gefahren.". Ich schaute ihn irritiert an: "Gegangen ohne mich?","Ja, er meinte ihr hättet zuhause überraschenden Besuch bekommen. Roman wollte dich nach Hause fahren, der ist noch dageblieben nach dem zweiten Training für eine Analyse.". Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es bereits nach acht war. "Erzähl mir nicht, dass Roman jetzt noch da ist deswegen.","Doch wirklich geh mal hoch, da ist er bestimmt noch!","Hm, okay. Dann sehen wir uns morgen.","Bis morgen, Bella.".
Während ich mich auf den Weg nach oben machte, hoffte ich dass nicht Mats der überraschende Besuch war. Jemand anderen konnte ich mir einfach nicht vorstellen. Vor allem niemand, für den mein Vater ohne mich fahren würde. Außerdem war mir das vor Roman total unangenehm. Gestern musste er doch schon meinen Fahrer spielen und ich war mir sicher an seinem wohl verdienten Feierabend hätte er sicherlich besseres zutun, als mich zu chauffieren.
"Romaaan?" säuselte ich, als ich meinen Kopf durch die schon angelehnte Tür schob. "Bist du fertig?" fragte er mit einem lieben Lächeln auf den Lippen und ganz ruhiger Stimme. "Ja und du?","Auch gerade. Dann komm." seine braunen Augen leuchteten auf. Ich nickte und folgte ihm. "Wie war dein Tag so?" fragte er interessiert und drehte sich derweil um. Ich bemerkte jetzt erst wie groß er eigentlich war im Gegensatz zu mir. "Anstrengend." seufzte ich. "Ich leide mit dir." lachte er und schloss von weitem sein Auto auf. "Hast du noch Bock bei Mecces vorbei zu fahren? Das liegt so bequem auf dem Weg zu dir.","Ja klar wieso nicht? Ich sterbe vor hunger.","Gut ich nämlich auch.".

"Wie kann es sein, dass jemand wie du zu McDonalds fährt? Das ist doch bestimmt eins der schlimmstem Vergehen als Sportler.","Ach quatsch nach so einem Tag muss man sich auch mal was gönnen." er biss daraufhin ordentlich in seinen Big Mac rein und schob sich eine Pommes in den Mund. "Na du scheinst ja wirklich hunger zu haben.","Habe ich ja gesagt." grinste er. Komisch, dass mir erst heute auffiel, dass Roman so gelassen und lustig ist. Es machte mir Spaß Zeit mit ihm zu verbringen. Natürlich war mir schon die ganze Zeit bewusst, dass er bodenständig und super nett ist, aber mir ist zuvor nie aufgefallen, dass wir so gut miteinander klar kamen und er so locker ist. Gegen halb 10 setzte er mich vor meinem Haus ab. Ich bedankte mich bei ihm und drehte nervös meinen Schlüssel im Türschloss um. Alle meine Hoffnungen wurden zerstört, als ich lautes Lachen aus dem Wohnzimmer hörte. So leise wie möglich versuchte ich, die Haustür zu schließen. "Bella, guck doch mal wer da ist!", rief mein Vater. Mist, ich war so ein Trampel. "Ne bin müde.","Ach Isabella, komm jetzt.". Ich gab mich geschlagen. Im Wohnzimmer saßen natürlich Mats und seine Frau. "Ach hallo, was für eine Überraschung." murmelte ich genervt. "Bella lass dich drücken!" grinste Mats und kam auf mich zu. Widerwillig ließ ich mich in den Arm nehmen. "Geht's dir gut?","Ja ja." murmelte ich.
Ich konnte ihn einfach nicht ausstehen und war sauer, dass mein Vater ihn immer noch so behandelte als wäre nie was gewesen. Mats war mein Cousin. Der Sohn von der Schwester meines Vaters. Eine, in meinen Augen völlig irrelevante Person. Eigentlich mochte ich ihn immer gerne und habe zu ihm aufgesehen, da ich nie Geschwister hatte. Aber damals, kurz bevor Mats offiziell zum FC Bayern München wechselte, war er verletzt und unterstellte meinem Vater er würde die Genesung extra herauszögern wollen, damit er nicht mehr wechseln konnte. Die ganze Familie war irgendwann in diesem Streit involviert. Mein Vater sprach seit Jahren deswegen nicht mehr mit seiner Schwester, die sogar damit drohte ihn anzuzeigen. Ich kannte keinen der so ruhig bleiben würde wie mein Vater, er wollte Mats nie Steine in den Weg legen, sondern in gewissenhaft in den neuen Lebensabschnitt gehen lassen.
"Ich gehe jetzt hoch, hier ist es mir zu stickig." grummelte ich und warf Roman einen angewiderten Blick zu.

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