Mario erklärte mir noch im Auto, er würde erst meine Sachen zu Marco bringen und dann nach Hause fahren. Ich konnte ihn verstehen, er war schon lange wach und stand heute Abend zusätzlich noch auf dem Feld. Wenn ich Hilfe bräuchte, sollte ich ihn bloß anrufen, predigte er gefühlte achtzig-tausend Mal.
Ganz leise öffnete ich Marcos Zimmertür. Im Raum war es stockdunkel und still. Leise versuchte ich mich auf den Stuhl, der neben seinem Bett stand, zu setzten. Warum hatte ich denn auch ausgerechnet heute hohe Schuhe an? Wie so eine richtige Tusse sah ich aus. Sogar die Krankenschwestern beäugten mich eben auf den Gängen extrem kritisch. Als ich dann noch den Namen Marco Reus erwähnte und wer ich war, musste die Oberschwester herbeizitiert werden, die mich genauso dämlich abscannte, um zu checken ob ich nicht bloß irgendein Teeniefan von Marco war. Als könnte sie es besser beurteilen als die Anderen. Ich hatte genau gesehen, dass sie meinen Namen googelte, es ließ mich ziemlich unwohl fühlen. Aber das war gerade in diesem Moment natürlich unwichtig. Ich rückte näher an Marcos Bett und beobachtete ihn dabei, wie er friedlich schlief. Sein Gesicht war zu mir gerichtet, er sah wunderschön und zart aus, wenn er schlief. Er war trotzdem sehr blass um die Nase und ich wusste natürlich, dass der friedliche Schein im Schlaf trübte und es ihm mit Sicherheit schrecklich ging. Zärtlich strich ich mit meinem Daumen über seine Wange und küsste sanft seine Stirn. Zum Glück musste er erstmal nur eine Nacht hier bleiben zur Beobachtung. Ich war gespannt auf seine Untersuchungsergebnisse.
"Bella? Oh man jetzt halluziniere ich schon." hörte ich nach gut einer Stunde. Schwungvoll richtete ich mich aus meiner eigenen Schlafposition auf. Schlechte Idee, ich lag so unglücklich mit meinem Kopf auf seiner Matratze, immer noch auf meinem Besucherstuhl sitzend, dass mein Nacken deshalb höllisch weh tat. "Ich bin wirklich da, Marco!" grinste ich und rieb mir den Nacken. "Wie hast du das denn gemacht?" fragte er ungläubig und drückte hastig meine Hand, als würde er denken, er träume. "Mario hat mich tausendmal angerufen, ich habe es leider erst nicht gemerkt weil ich mit Mats und Cathy aus war." erklärte ich. "Ich habe ihm doch, gesagt er soll es lassen." schimpfte er plötzlich aufgebracht. "Marco, wie hast du dir das denn vorgestellt? Ich bin deine Freundin, natürlich komme ich dann sofort, egal wo ich bin." stellte ich eindeutig klar. Er schenkte mir ein verwegenes Grinsen, welches ich nur ganz dezent im Mondschein erhaschen konnte. Ich beschloss, ihn nicht an seine Verletzung zu erinnern, er war zwar wach, aber ziemlich irritiert von der gesamten Situation. Morgen wäre dafür noch genug Zeit. Marco verzog schmerzvoll sein Gesicht als er auf dem schmalen Bett ein wenig zur Seite rückte, dann hob er lächelnd die Decke hoch: "Komm her, dir ist bestimmt ganz kalt in dem Fummel." und tätschelte die freie Stelle des Krankenhausbettes. Wenigstens hatte er seinen Humor nicht verloren, dachte ich mir. Zögerlich nahm ich sein Angebot an. Direkt schlang er seine Arme um meine Mitte und schaute mir tief in die Augen bevor er mich sanft küsste. "Aber nur, wenn es dir nicht weh tut.","Tut es nicht." versprach er. Ich strich zärtlich durch sein Gesicht und über seine Bartstoppel die im Vergleich zu sonst ziemlich präsent waren. "Ich wurde in dem Fummel, so wie du ihn nennst, eben für einen kleinen Fan von dir gehalten der dich stalken will." kicherte ich. Er zog amüsiert seine Augenbrauen hoch: "Du bist doch auch ein Fan von mir." konterte er frech. Nun war ich diejenige, die ihre Augenbrauen hochzog: "Ja dein allergrößter." antwortete ich mit einem deutlichen ironischen Unterton in meiner Stimme. Wir begannen zu lachen: "War nur ein Spaß Süße, du siehst wie immer wunderschön aus.". Als ich geschmeichelt meine Augen verdrehte drückte er mir noch einen kurzen Kuss auf die Lippen, bevor wir für sagenhafte 3 Stunden einnickten.
Morgens verließ ich die Uniklinik schon vor Marcos Untersuchungen, er meinte ich sollte mich erstmal bei ihm ausschlafen und duschen, es würde eh noch ein Weilchen dauern. Genau das tat ich auch, denn ich war ziemlich gerädert und fühlte mich unbeschreiblich siffig zu diesem Zeitpunkt und duschte bei ihm zuhause erstmal ausgiebig. Daraufhin zog ich mir eine bequeme schwarze Jogginghose an und zog mir dazu einen grauen lockeren Pulli über, bevor ich mit nassen Haaren und fett Creme im Gesicht einen Kaffee in seiner Wohnküche machte. Obwohl ich so lange nicht mehr hier war, fühlte ich mich wie von Anfang an unglaublich wohl. Fast so, als wäre ich nie weg gewesen. Eins war sicher: geschminkt würde ich nie wieder durch halb Deutschland reisen und schlafen, mein Gesicht brannte wie Feuer und ich hatte erstmal genug von dem Zeug. Obwohl ich in München gerne Zeit damit verbrachte, mich schön zu schminken. Es war so, als wäre ich dort eine andere Person gewesen. Während ich nachdachte umklammerte ich meine heiße Kaffeetasse fest. Mein Blick war starr aus dem Fenster gerichtet. Marcos Garten würde im Frühjahr bestimmt wunderschön aussehen, jedenfalls war er sehr groß und auch die Gartenmöbel die im Winter einen Teil seiner Garage versperrten waren wunderschön und vor allem stilvoll. Schwerer zugänglich hätte Mario meinen Koffer auch nicht verstecken können als dort. Obwohl ich jedenfalls eher ein Wintermensch war, wünschte ich mir ab diesem Zeitpunkt, dass es endlich wieder wärmer draußen werden würde.
Ich versuchte mich einige Zeit auf dem Sofa auszuruhen, aber meine Gedanken hingen die ganze Zeit bei Marco und egal was ich versuchte, ob Musik, TV, Stille, ich konnte nicht einschlafen. Teilweise nickte ich für zehn Minuten ein, aber das räderte mich eher noch mehr. Also föhnte ich im Eiltempo meine Haare, packte ein paar frische Sachen für Marco in einen Rucksack und schlüpfte in meine Chucks. Nach dieser unangenehmen Nacht auf hohen Hacken brauchte ich einfach meine ausgelatschten Sneaker, um meine schmerzenden Füße irgendwo unterzubringen. Flüchtig angelte ich dann in Marcos Schlafzimmer meine Lederjacke aus meinem Koffer, schnappte mir flüchtig den Rucksack und stand unten nachdenklich vor seinem Schlüsselbrett. Das einzige Auto was auf dem Hof stand war Marcos schwarzer, schnittiger Aston Martin. Achselzuckend, aber breit grinsend griff ich nach dem Schlüssel seines edlen Autos und machte mich zielstrebig auf den Weg in die Innenstadt und somit zur Uniklinik. So viel PS unter dem Hintern zu haben war schon eine geile Sache, das hätte ich gar nicht von mir gedacht. Marco durfte das auf gar keinen Fall erfahren, damals vor Nobbys Geburtstagsparty hatte ich doch genau dieses Auto schlecht geredet.
Auf dem Gang vor Marcos Zimmer wurde ich dieses Mal eher angelächelt. Irritiert machte ich mich auf den Weg zu seinem Zimmer und steckte meinen Kopf durch den Türspalt, nachdem ich höflich anklopfte: "Guten Mittag mein Schatz, ich hab dir frische Sachen mitgebracht, vielleicht willst du dich ja umziehen, bevor wir fah-" säuselte ich erst gut gelaunt, jedoch verschlug mir sein Anblick beim Eintreten in den Raum schnell die Sprache. Sein rechtes Bein wurde von einer riesigen Schiene stillgelegt. Er schaute mich mit Krokodilstränen in den Augen an. Schnell stellte ich meine Sachen ab und hockte mich vor ihm hin, um auf seiner Augenhöhe sein zu können: "Marco, was ist passiert?". Im selben Moment begann er frustriert zu schluchzen und schlug mit der Faust sauer auf seine Bettdecke ein: "Schon wieder das Kreuzband. Die Saison ist für mich gelaufen!" brüllte er sauer. Seine Augen verloren ihr optimistisches Strahlen in diesem Moment, in dem er sein Saison-Aus wahrscheinlich zum ersten Mal selbst aussprach. Verzweifelt fuhr ich mir durch die Haare. Das konnte nicht wahr sein. Warum wurden wir, besonders Marco, denn so vom Pech verfolgt?
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Optimist
FanfictionNachdem die heute 20 jährige Dortmunderin Isabella ihre Schule beendete, fiel sie für einige Zeit in ein tiefes Loch. Sie war umgeben von schlechten Gedanken, Stress und Kummer. Ihre Eltern konnten diesen Zustand nicht mehr unterstützen und so gerie...