Suchen

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Du hast Stärken, und auch Schwächen,
du hast Chancen und die Pflicht;
wachsam sei, sonst musst du blechen,
durch der Logik Strafgericht.
Schuftest Wochen, schuftest Tage,
lässt dir selber keine Ruh;
sagt die Freude, welche Plage
leidest du doch immerzu.
Nimmst dir eine große Pause,
du siehst langsam wieder Licht,
du bleibst einfach mal zu Hause,
bis zu dir der Alltag spricht:
Man kann nicht einfach hoffen,
ohne etwas selbst zu tun,
die Falltür, sie ist offen,
darfst nicht allzu lange ruhn.

Leider ist es schon zu Ende
sagt das Glück sich von dir los,
und des Glückes mächt'ge Hände
schaden dir dann riesig groß.
Du musst suchen, willst du finden,
Leben ist ein Suchen nur,
sicher wirst du bald verschwinden,
findest du hier keine Spur
von dem was wir allzeit suchen,
dem erfüllten Lebensziel,
andernfalls wird's sich verfluchen,
sagt das Leben selber viel.

Du hast so viel schon verloren,
auf der Habenseite leer,
ganz wie damals neugeboren,
suchst nicht wieder danach mehr,
doch du würdest weiterleben,
suchtest, fändest du jetzt schon,
und du würdest wieder heben
Schätze, voller Freudenlohn.
Was dir früher weggenommen
hole es doch wieder dir,
denn mit Tränen ist verschwommen
und unkenntlich jede Tür.

Konnt'st du solches erstmal hören,
nutze es, vergiss es nicht,
sagt die Klugheit, dumme Gören
sind's bloß, die da glauben, schlicht
sei das Leben, denn sie seien
selten allzu reich im Land,
und das lässt die Weisheit schreien,
das ist wirklich allerhand!
Willst du rechnen statt zu leben,
dann wieg doch auch das hier ab:
nicht das Wissen, sondern eben
kindlich Freude nicht zu knapp
kann das Leben ganz erfüllen,
ganz nach unserer Natur,
andernfalls weinst du im Stillen,
und Verzweiflung bleibt dir nur.

Ich, die Wahrheit, will erzählen
von der Lösung dieser Welt,
doch ich kann selbst nicht verhehlen,
dass ich manche Leut' geprellt.
Mir dieselbe auch verborgen,
seit ich einstmals lügen tat,
daher kommen eure Sorgen,
ja die Wahrheit, die weiß kein Rat.

Denn
Es widerspricht dir die Freude,
Lebenssinn damals wie heute,
Es widersprechen die Tage,
denn sie sind allen uns Plage,
Es widerspricht dir das Finden,
ohne es wirst du verschwinden.
Es widerspricht dir das Kluge,
denn wer es hat, kommt zum Zuge.
Es widerspricht dir das Weise,
ihm widersprechen die Tage,
niemals wird Leben lang leise,
Suchen, es wird eine Plage.

Ich Wahrheit selbst war das Leben,
schon als die Erde geborn,
mich hat es immer gegeben,
doch ich hab mich verlorn.
An mir hat es gelegen,
dass der Mensch suchen muss,
und auf all deinen Wegen
mach ich reichlich Verdruss.
Ich, mit mir niemals im Reinen,
ich hab schon immer gesucht;
ich frage: Gibt es den Einen,
der nicht durch Lüge verflucht?

Herbst 2017

Ein Buch, so bunt wie das LebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt