Kapitel 2

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Das Konzert klappte gut, auch wenn ich ziemlich nervös war. Nur bei „Papa cool" verpasste ich meinen Einsatz, aber das war auch schon vor dem Unfall bei fast jedem Auftritt passiert. Ich war jedes Mal so mit dem Refrain beschäftigt, dass ich vergaß, dass ich sofort danach meine Strophe singen musste. Die anderen lachten jedes Mal deswegen.
Nach dem Konzert war ich allerdings völlig erschöpft. Barby merkte das sofort und schob mich Richtung Bus. „Ich hole kurz einen von den Jungs, damit du schon in den Bus kannst. Du bist ja völlig fertig", sagte sie und lief sofort wieder zu den anderen. Kurz darauf kam sie mit Maite zurück. „Die Jungs sind alle so beschäftigt, wir sollen die reintragen und ich soll was zum Essen für alle machen", schnaufte Maite. Das konnte ja heiter werden. Barby und Maite beratschlagten kurz, wie sie mich am besten tragen konnten. Dann kamen sie zu mir. Maite nahm meine Beine und Barby fasste unter meine Achseln. So zwischen den beiden hängend wurde ich in den Bus geschleppt und dort bugsierten mich die beiden direkt in meinen Sitz. Barby drehte mich noch zum Tisch und Maite durchwühlte den Kühlschrank. Als kurz darauf die anderen zurückkamen, standen Brote auf dem Tisch. Ich selbst hatte mich nach vorne fallen lassen und lag auf meinen Armen. „Paddy, hoch mit dir, du musst auch was essen. Schlafen kannst du gleich danach", sagte Patricia sanft, aber bestimmt und half mir, mich aufzusetzen. Obwohl ich keinen Hunger hatte, aß ich ein Brot, damit meine großen Geschwister beruhigt waren. „Kann mich jetzt jemand hoch bringen?", fragte ich dann. John stand sofort auf und hob mich hoch. Er trug mich die Treppe nach oben zu meinem Bett, welches aus einer Matratze auf einem Brett zwischen den Sitzbänken bestand. Das Bett teilte ich mir mit Angelo. John legte mich hin und half mir noch dabei, meine Jeans auszuziehen. Dann deckte er mich zu und ging wieder zu den anderen nach unten. Kurz darauf kommen auch die anderen nach oben und Angelo kuschelt sich an mich. Ich lege den Arm um meinen kleinen Bruder und bin kurz darauf eingeschlafen.
Ich werde wach, weil Hotel California laut aus den Boxen dröhnt. Ich bin eindeutig die Weckmethoden meiner Geschwister nicht mehr gewöhnt. Verschlafen blinzelte ich zu Angelo, der bereits aus dem Bett gesprungen war. „Jungs, ihr geht sofort duschen. Und zwar alle. Diesen Gestank hält ja kein Mensch aus, Seans Windeln sind harmlos gegen euch Stinktiere", motzte Patricia. Wenn sie so klare Ansagen machte, gab es keine Widerrede. „Muss ich auch", fragte ich trotzdem vorsichtig. „Ja, du gehörst schließlich auch zu den männlichen Wesen hier drin", kam die Antwort. Ich stöhnte. Mir graute es davor, in einer öffentlichen Dusche zu duschen, vor allem, weil ich dort Hilfe brauchte. John wusste sofort, was mein Problem war. „Paddy, wir kriegen das hin. Die kleine Nervensäge bringt unsere Sachen mit und ich geh schon mal mit dir zur Dusche" Ich nickte. John hob mich hoch und lief mit mir, gefolgt von Angelo und den beiden Chaoten Joey und Jimmy nach unten und draußen Richtung der öffentlichen duschen. Dort gab es eine Dusche für Rollstuhlfahrer mit einer Bank, auf der ich beim duschen sitzen konnte. Angelo folgte weiterhin mir und John und die beiden anderen verschwanden in der Männerdusche. John setzte mich auf die Bank in der Dusche und ich lehnte mich sofort so weit es ging nach hinten. Hier konnte ich sogar zum duschen sitzen bleiben. Ich zog mein Oberteil aus und legte dann mein eines Bein über das andere, um Schuh und Socke auszuziehen. Das wiederholte ich beim anderen Bein. Danach brauchte ich dann die Hilfe von John, um die Hose auszuziehen. Danach gab mir John Shampoo und Duschgel und ich konnte mich waschen. Angelo und John warteten solange. Nebenan konnte ich die beiden Chaoten reden und lachen hören. Das klang irgendwie weniger nach duschen, sondern eher nach Wasserschlacht. Ich wäre in diesem Moment so gerne bei den beiden gewesen und hätte mitgemacht. Ich konnte nicht anders, als ein paar Tränen zuzulassen, welche von John und Angelo zum Glück nicht bemerkt wurden.
Als ich fertig mit duschen war, halfen mir John und Angelo beim anziehen. Inzwischen tauchten auch die beiden Chaoten bei uns auf. „Ihr beiden nehmt Paddy mit, Nervensäge du kommst mit mir rüber zum duschen", befahl John. Joey schnappte mich grinsend und warf mich über seine Schulter. „Sieht besser aus, als wenn du auf meinem Rücken hängst, kleiner", flüsterte er und lief los. Kaum, dass wir draußen waren, lieferten sich die beiden ein Wettrennen. Ich hing lachend über Joeys Schulter und meine Haare wehten hinter mir her. Joey war mit mir sogar noch schneller als Jimmy. „Du musst dringend mit mir joggen gehen. Und den hier nehmen wir auch mit", er deutete auf mich. Ich lachte noch immer und Joey trug mich direkt zu meinem Rollstuhl, da wir heute draußen frühstücken wollten. „Paddy, das mit dem Joggen habe ich ernst gemeint. Du musst unbedingt deine Arme ein bisschen trainieren und wenn du nicht mehr kannst, muss Jimmy dich schieben, dem schadet das nicht." „na gut, wenn du möchtest", antwortete ich. Joey lächelte mich an und strich mir über den kopf. Dann fuhr ich zum Tisch und mein großer Bruder folgte mir. „Wo habt ihr denn Angelo und John gelassen?", wollte Kathy wissen. „John muss noch aufpassen, dass sich die Nervensäge wirklich wäscht", grinste Jimmy und bekam von Joey direkt einen Tritt ans Schienbein. „Die beiden duschen noch, weil sie vorher Paddy geholfen haben", sagte er und setzte sich neben mich. „Ich will aber nicht auf die beiden warten, ich hab Hunger", quengelte Maite. Wir mussten alle lachen und Jimmy schob Maite eine Schale Müsli hin. „Iss, bevor du uns noch verhungerst."

Manchmal kommt alles andersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt