Kapitel 60

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Paddy
Nach dem Konzert wollte ich sofort wieder in den Bus und an die Beatmung. Die Nacht hatte mich völlig fertig gemacht und das Konzert eben auch. Ich musste dringend nochmal schlafen. Gleichzeitig belastete mich das Verhalten von Angelo sehr und ich wusste nicht, wie ich mich ihm gegenüber verhalten sollte. Deshalb war ich auch froh, an der Beatmung nicht sprechen zu können, denn Angelo war ebenfalls oben im Bus, als ich im Bett lag. So konnte ich einfach nur daliegen und Angelo ignorieren. Angelo ignorierte mich ebenfalls. Barby war auch bei uns oben, saß aber an meinem Bett und ignorierte Angelo ebenfalls. Sie schien genau so wütend auf ihn zu sein wie ich. Barby hatte mir ein Buch von Patricia gegeben, weil ich nicht müde war und nur herumliegen wollte ich auch nicht. Ich schlug das Buch gerade auf, als Joey hereinkam. „Paddy, ich hab eine Idee. Wenn du möchtest kannst du mit der Beatmung auch unten am Tisch sitzen, wir haben jetzt ja zwei Generatoren, da kann ich dir das Gerät runter tragen und da anschließen", schlug er vor. Ich nickte sofort. Das klang super, dann konnte ich wenigstens bei meinen Geschwistern sitzen, auch wenn ich die Beatmung brauchte. Joey setzte seinen Plan dann auch direkt in die Tat um. Er schaltete die Beatmung aus und trug erst mich, dann das Gerät nach unten. Dort setzte er mich in meinen Sitz, schloss das Gerät an den Generator und dann mich an das Gerät an. Sofort wurde wieder Luft in meine Lunge gepresst und ich entspannte mich. Maite kam mit einem Kartenspiel zu mir und ich nickte sofort. Karten spielen ging auch ohne zu sprechen. Irgendwann kam Barby zu uns und brachte etwas zu schreiben mit. „Falls du was wichtiges brauchst oder so", sagte sie dazu und setzte sich dann neben uns. Maite und ich spielten still weiter. Irgendwann schaute ich auf und sah, dass Angelo auf der Treppe saß und weinte. Er saß ganz still da und die Tränen liefen ihm in Strömen über die Wangen. Ich stupste Barby und deutete dann auf die Beatmung. „Soll ich ausschalten?", wollte sie wissen und ich nickte. Sobald das Gerät aus war, riss ich mir die Maske vom Gesicht. „Angelito, komm her", sagte ich zu meinem kleinen Bruder und streckte den Arm nach ihm aus. Barby schnappte sich sofort Maite und zerrte sie nach draußen. Jetzt waren Angelo und ich allein. Mein kleiner Bruder schüttelte den Kopf und weinte weiter. „Bitte, ich kann nicht zu dir", versuchte ich es nochmal, doch Angelo rührte sich nicht. Also blieb mir nichts anderes übrig, als mich auf den Weg zu ihm zu machen. Ich ließ mich auf den Boden fallen und robbte dann zur Treppe. Dort zog ich mich mühsam fünf Stufen nach oben, bis ich neben Angelo saß. Ich lehnte mich an die nächste Stufe und legte meinen Arm um Angelo. Sofort drückte er sein Gesicht an meine Schulter und schluchzte laut auf. „Paddy... ich... ich... mir.... mir tut es so leid. Ich.... ich mag dich doch so", stammelte er und immer wieder erschütterte ein Schluchzer seinen Körper. „Psst, kleiner Engel. Beruhig dich", flüsterte ich ihm zu und hielt ihn einfach nur fest. Jetzt stiegen auch mir die Tränen in die Augen. Wir saßen eine Weile einfach nur da und weinten. So langsam fiel mir das atmen immer schwerer, doch Angelo brauchte mich jetzt. Irgendwann beruhigte er sich einigermaßen. „Ich war so wütend auf dich. Ich dachte, wir erzählen uns alles", sagte er dann. „Ja, das war falsch von mir. Aber ich wollte mit jemandem darüber reden, der älter ist und schon mehr Erfahrungen mit Mädchen hat. Das war ein großer Fehler von mir. Ich verspreche dir, sowas nie wieder zu tun. Wir sind schließlich ein Team. Aber was du getan hast, war auch falsch. Ich dachte wirklich, ich sterbe und du schaust dabei zu", sagte ich. „Das tut mir so leid Paddy. Ich wollte das wirklich nicht. Ich war nur so wütend und da wusste ich nicht, wie gefährlich das wirklich war. Ich will doch nur, dass du wieder mein bester Freund bist und mein großer Bruder", Angelo weinte wieder heftiger. „Das bin ich auch und werde es immer bleiben. Aber Angelo, es wird wohl noch dauern, bis ich dir wieder völlig vertrauen kann. Das muss dir bewusst sein. Aber ich habe dich trotzdem unendlich lieb." Angelo drückte mich noch fester und schluchzte. „Und jetzt beruhig dich wieder, Angelito. Wir müssen bald zum nächsten Konzert", versuchte ich, ihn abzulenken. Angelo nickte und wischte sich die Tränen ab. Dann gab er mir einen Kuss auf die Wange und ich drückte ihn nochmal. Angelo stand auf und holte uns Taschentücher. Dann ging er vor mir in die Hocke. Ich schlang meine Arme um seinen Hals und er hob mich hoch. Angelo taumelte kurz und trug mich dann aber zum Tisch. Dort setzte er mich ab und gab mir ein Glas Wasser. Anschließend schleppte er mich nach draußen zu meinem Rollstuhl und holte mir noch eine Decke und das sauerstoffgerät, das ich jetzt wirklich dringend brauchte. Dann schob mich Angelo zur Bühne. Dort erwartete uns bereits Kathy. „Habt ihr geredet?", wollte sie wissen. Wir nickten beide und Angelo drückte meine Hand. Dann gingen wir auf die Bühne und lieferten ein gutes Konzert ab.

Manchmal kommt alles andersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt