Kapitel 67

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Paddy
Ich lag allein oben in meinem Bett. Mir fehlte die Kraft, um unten bei meinen Geschwistern zu sitzen. Außerdem tat mir die Lunge weh, sobald ich selbst atmen musste. Und ich fühlte mich total schwach und war einfach nur fertig. Inzwischen knurrte mein Magen und Durst hatte ich auch. Ich hoffte, dass es mir morgen wieder besser ging, denn ich musste unbedingt wieder auf die Bühne. Das fehlte mir so. Vor allem weil ich mit der Beatmung nicht singen konnte und dann auch nicht nur so zum Spaß Musik machen konnte. Ich konnte meine Geschwister unten reden hören und wäre so gerne bei ihnen gewesen. Einfach zusammensitzen und reden. Hoffentlich war das morgen möglich, denn da hatte Patricia ja Geburtstag und da wollte ich auf jeden Fall dabei sein. Ich schloss meine Augen, doch da kam Angelo herauf und hatte eine Flasche Wasser dabei. „Paddy?", fragte er leise. Ich öffnete die Augen. „Du musst wenigstens was trinken", meinte er und hielt nir die falsche hin. Ich nahm sie. Angelo schaltete kurz die Beatmung ab und ich trank fast die ganze Flasche auf einmal leer. Dann setzte ich die Maske wieder auf und Angelo schaltete die Beatmung wieder an. Die kurze Pause hatte mich nicht so angestrengt wie gedacht, doch essen wollte ich trotzdem nichts. Nach und nach kamen die anderen nach oben. „Paddy, morgen kommt Dr Verreet wegen Jimmy. Dann soll er deine Lunge auch noch abhören, wenn du gerade so Probleme damit hast", informierte mich John. Anscheinend hatte er vorher mit dem Arzt telefoniert und ihm bestimmt erzählt, dass ich nichts gegessen hatte. Und der würde dann wieder mit dem Thema Sonde anfangen. Darauf hatte ich absolut keine Lust. Ich seufzte mehr oder weniger geräuschlos unter der Maske und ließ mich ins Kissen fallen. Irgendwann schlief ich ein.
Am nächsten morgen weckte mich Angelo und zerrte mich mehr oder weniger nach unten. Dort stand bereits ein Kuchen auf dem Tisch. Angelo holte für mich noch schnell die Kette für Patricia, die ich zwischen meinen Klamotten versteckt hatte. Ich kämpfte mich solange zu meinem Sitz. Dabei zitterten meine Arme wie verrückt und ich kam kaum vorwärts. Mein Atem ging stoßweise und ich hatte das Gefühl, das kaum Luft in meiner Lunge ankam. Joey half mir auf den Sitz. „Schnall mich bitte an und ich brauche den Sauerstoff", bat ich ihn. Joey schloss die Gurte und ich konnte mich entspannen. Inzwischen saß der Gurt wieder ziemlich locker, hielt mich aber immer noch sehr gut aufrecht. Dann brachte er mir noch den Schlauch für den Sauerstoff und stellte den Sauerstoff höher ein. Das half mir wenigstens ein bisschen. Kurz darauf kam Patricia nach unten und wir sangen alle gemeinsam für sie ein geburtstagslied. Dann schnitt sie den Kuchen an und wir legten unsere Geschenke auf den Tisch. Von den meisten von uns bekam Patricia neue Bücher. Nur von mir, Maite und Barby nicht. Barby hatte einen Schal gestrickt, Maite Socken und ich hatte die Kette gekauft. Darüber freute sich Patricia sehr. Dann umarmte sie uns alle der Reihe nach und danach gab es endlich den Kuchen, den Maite heute morgen schon gebacken hatte. Aber mehr als ein Stück schaffte ich nicht, weil mir übel wurde. „Paddy, iss bitte noch ein Stück", bat mich Jimmy. „Ich kann nicht. Mir ist schlecht", antwortete ich. „Das kommt bestimmt davon, weil du so lange nichts gegessen hast. Probier bitte, ob du wenigstens noch ein ganz kleines Stück schaffst oder zumindest ein halbes", ließ Jimmy nicht locker. „Paddy, denk daran, du musst zunehmen", erinnerte mich dann auch noch Angelo. „Das weiß ich. Da muss ich nicht ständig dran erinnert werden. Aber wenn ich keinen Hunger habe, dann will ich auch nichts essen", fauchte ich meinen kleinen Bruder an, dem sofort Tränen in die Augen schossen. „Michael Patrick Kelly, hör sofort auf, deinen Bruder anzuschreien. Er hat dir nichts getan", befahl Kathy streng. Ihr Blick dabei war zum Fürchten. Betreten schaute ich auf meinen Teller, auf den mir Joey ein zweites Stück Kuchen getan hatte. Frustriert knabberte ich daran herum. Die anderen waren schon längst fertig, nur Maite blieb noch bei mir sitzen. Als ich endlich fertig war, räumte Maite meinen Teller weg. „Komm, wir gehen raus zu den anderen", schlug sie dann vor. „Na gut, aber kannst du bitte John holen. Ich schaff es heute nicht, bis zum Rollstuhl zu krabbeln", meinte ich. Maite nickte und kam dann kurz darauf mit meinem großen Bruder zurück. Ich musste mich jetzt von meinen Sauerstoff kurz trennen, aber Maite trug bereits das kleinere Gerät nach draußen. John schnallte mich los und trug mich nach draußen zu meinem Rollstuhl. Dort schob ich mir sofort den Schlauch wieder in die Nase und drehte den Sauerstoff höher. Die anderen saßen alle um einen Campingtisch und ich konnte nicht so nah an den Tisch heran, weil ich im Rollstuhl zu hoch saß und meine Knie anstießen. Patricia kam zu mir herüber. „Paddy, was ist los. Ich mache mir sorgen um dich." „Nichts, ich bin nur im Moment irgendwie so schwach und hab kaum Kraft", antwortete ich. „Das besprechen wir am besten nachher mit Dr Verreet, der hat bestimmt eine Idee", meinte sie. „Ja klar, Sonde", antwortete ich schlecht gelaunt. „Das meine ich nicht. Er kennt bestimmt noch andere Tricks." Dann mussten wir auch schon los zum Konzert und Jimmy blieb im Bus, weil gleich Dr Verreet zu ihm kommen wollte.

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