Kapitel 6

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Joey
Als es draußen hell wurde, machte ich die Musikanlage an. Es ertönte wie immer Hotel California und Jimmy neben mir fiel fast aus dem Bett. Die anderen wachten auch auf. Paddy stöhnte und Barby hielt sich die Ohren zu. Ich dagegen lachte und Sean quietschte vor Begeisterung. Wenigstens einer, der meinen Musikgeschmack zu schätzen wusste. Nach und nach standen alle auf. „Paddy, du und Jimmy ihr kommt jetzt direkt mit zum Joggen", wandte ich mich an meinen Bruder, der nur nickte. Wir zogen uns schnell um und Paddy flocht sich seine Haare zu einem Zopf. Dann trug ich ihn nach unten und nach draußen zu seinem Rollstuhl. „Du fährst selbst, so lange es geht. Dann darf Jimmy schieben", ich grinste meinen großen Bruder an. Der nickte nur. Irgendwie war er noch seltsamer, seit er mit Paddy gestern geredet hatte. Dann liefen wir los. Paddy kam nicht sonderlich weit, bis er immer langsamer wurde. Der Campingplatz war sogar noch in Sichtweite. „Schaffst du noch ein bisschen?", wollte ich von ihm wissen, doch er schüttelte nur den Kopf. Ich gab Jimmy ein Zeichen und er trat hinter Paddy. Schon ging es weiter. Nach einer Weile begann Paddy, Jimmy beim schieben zu helfen und so kamen die beiden dann auch den Rest unserer Runde ziemlich gut vorwärts. Paddys Wangen färbte sich langsam rot und er lächelte leicht.  Nach fast einer Stunde kamen wir wieder am Campingplatz an, wo Maite bereits draußen den Tisch gedeckt hatte. Wir waren alle drei ziemlich verschwitzt und außer Atem. „Da seid ihr ja wieder", stellte Barby fest. Paddy nickte strahlend und schaute zu mir. „Aber ihr solltet definitiv noch vor dem Frühstück duschen gehen, sonst erkältet ihr euch noch", befahl uns Kathy. „Und ihr müffelt alle drei", kam es noch von Maite. „Gute Idee, ich muss definitiv raus aus den verschwitzten Klamotten", meinte Jimmy. Dann wandte er sich an uns. „Ich bringe eure Sachen mit, geht ihr schon mal zu den Duschen, ich komme dann." und weg war er. Ich zuckte die Schultern und folgte Paddy zu den Duschen. Er hatte anscheinend noch immer Kraft und fuhr selbst. Bei den Duschen hatten wir wieder Glück und es gab eine Dusche für Rollstuhlfahrer. Dort hielt ich Paddy die Tür auf und er fuhr hinein. Drinnen stand ein Hocker mit lehne unter einem der vier duschköpfe. Dort hielt Paddy an. Er schnallte sich los, zog Oberteil, Schuhe und Socken aus und sah mich dann erwartungsvoll an. Ich ging zu ihm und half ihm mit der Hose. Paddy stellte seine Beine auf den Boden und hob sich auf den Hocker. Dabei wackelte er ziemlich und ich streckte vorsorglich die Hände aus, um ihn im Notfall aufzufangen. Doch alles klappte und dann kam auch schon Jimmy herein. Ich schob den Rollstuhl hinter die Wand, die Dusche und Toilette trennte und Jimmy legte unsere Klamotten und Handtücher dazu. Dann zogen wir uns auch aus und stellten uns unter die Duschen neben Paddy. Wir wuschen uns schnell und dann begann Paddy plötzlich lachend Wasser auf mich zu spritzen. Sofort machten ich und Jimmy mit und schon war eine Wasserschlacht im Gange. Wir lachten und brüllten herum. Irgendwann ging plötzlich die Tür auf und John streckte den Kopf herein. „Habt ihr es dann bald? Wir hätten Hunger." Ups, wir hatten die anderen komplett vergessen. „Sind gleich fertig, müssen uns noch abtrocknen und anziehen", antwortete Paddy leicht außer Atem. John nickte und verschwand schnell. „Ich glaube, wir sollten uns beeilen, sonst wird er noch sauer", meinte ich und holte den Rollstuhl mit Handtüchern und Klamotten. Wir trockneten uns schnell ab und halfen dann Paddy beim Abtrocknen. Um schneller zu sein, verzichteten wir alle darauf, unsere Haare zu föhnen und wickelten nur Handtücher darum. Dann machten wir uns schnell und lachend auf den Weg zu den anderen. Paddy wirkte richtig befreit und hatte so rote Wangen wie früher ständig. Auch Jimmy war total entspannt und gelöst, wie das letzte mal vor dem Unfall. Endlich war es wenigstens ein bisschen so wie früher.

Manchmal kommt alles andersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt