Kapitel 38

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Paddy
Am nächsten morgen taten meine Ohren noch immer ein bisschen weh. Aber das würde bestimmt bald besser werden. Ich wollte ab jetzt darauf achten, den Schlauch unterm Kinn lockerer zu haben, wenn ich wach war. Nur nachts ging das nicht, sonst blieb ich hängen.
Joey weckte die anderen wie immer mit Hotel California und Kathy rannte sofort aufgeregt herum und räumte auf. Sie wollte nicht, dass Vincent unser Chaos sah, obwohl es schon viel schlimmer hier oben ausgesehen hatte. Die anderen brauchten länger, um aufzustehen. Schließlich kam John zu mir und half mir beim anziehen. Dann trug er mich auch nach unten. Obwohl es mir bereits ein bisschen besser ging, wollte ich am Sauerstoff bleiben, bis ich wirklich wieder fit war. Aber John drehte den Sauerstoff ein bisschen herunter, da ich testen wollte, ob ich es mit weniger schon wieder aushielt. Während dem Frühstück klappte es auch ganz gut mit weniger Sauerstoff, nur wenn ich redete, war ich schnell außer Puste, aber ich wollte auch nicht so viel Sauerstoff brauchen. Deshalb schwieg ich beim Frühstück hauptsächlich. „Jungs, ihr geht bitte alle noch duschen, bevor Vincent nachher kommt", befahl uns da Kathy und bekam als Antwort ein genervtes stöhnen von Angelo. Aber sie ließ keine Widerrede zu.
Nach dem Frühstück kam deshalb John zu mir. „Paddy, brauchst du den Sauerstoff, wenn wir duschen gehen?", fragte er. „Ja, ist glaub besser, so richtig fit fühle ich mich noch nicht", antwortete ich. John brachte mir das kleinere Gerät und ich wechselte rasch. Dann schnappte er mich und Angelo holte Klamotten und Handtücher für uns. Jimmy und Joey folgten uns ebenfalls. Bei den Duschen hatten wir mal wieder Glück und es gab eine für Rollstuhlfahrer. John trug mich hinein und setzte mich auf dem Sitz ab, der an der Wand unter einem duschkopf montiert war. Das sauerstoffgerät stellte er soweit weg, wie es ging, damit es nicht so nass wurde. „Am besten, Paddy duscht zuerst und wir erst nachher, wegen dem sauerstoffgerät, damit das nicht nass wird", meinte John. „Jimmy und ich können ja mit Angelo schnell in die männerdusche und nachher Paddy abholen, dann kannst du nachher duschen", schlug Joey vor und John nickte. Die anderen verschwanden und John half mir beim duschen, damit das sauerstoffgerät nicht nass wurde. Das war ein bisschen umständlich und ich konnte meine Haare nicht so gut waschen. Aber das war mir im Moment egal. Als ich fertig war, kamen die anderen auch wieder zurück und Jimmy half mir beim Hose anziehen. Dann warf mich Joey wieder über seine Schulter und Angelo nahm das Gerät. Joey, Jimmy und Angelo rannten los und ich musste lachen. Aber das lachen war nicht so gut und ich bekam wieder deutlich weniger Luft. Als wir am Bus ankamen, keuchte ich wieder heftig und war froh, als ich das Gerät gewechselt hatte und Joey den Sauerstoff höher stellte. „Paddy, ist wirklich alles in Ordnung?", erkundigte sich Jimmy besorgt. „Ja, wirklich. Ich merke nur den Schnupfen noch", beruhigte ich ihn. Wie auf Kommando musste ich wieder niesen und Barby gab mir sofort ein Taschentuch. Heute klappte das Nase putzen schon besser und ich hatte keine Angst, zu ersticken, wenn ich kurz ohne den Sauerstoff war. Aber es strengte mich doch noch ziemlich an und so blieb ich lieber an dem Gerät angeschlossen. Sicherheitshalber steckte John beide Geräte wieder an den Strom an.
Gegen Mittag hörte ich, dass draußen ein Auto hielt. Das war bestimmt Vincent. „Kathy, schau mal raus. Ich glaube Vincent und Sean sind da", rief ich nach oben und sofort erschien Kathy auf der Treppe. Als sie herunter lief, fuhr das Auto gerade wieder weg und jemand klopfte an den Bus. Kathy stürmte zur Tür und fiel Vincent in die Arme. Sean hing zwischen seinen Eltern und weinte los, weil Kathy so stürmisch gewesen war. „Seany, alles gut", beruhigte sie ihn. „Kathy, gib mir doch Sean, dann könnt ihr euch richtig begrüßen", schlug ich vor und hatte gleich darauf Sean auf dem Schoß. Mein kleiner Neffe strahlte mich an und wollte direkt nach dem Schlauch greifen. „Sean, nicht ziehen. Ich brauche den Schlauch", erklärte ich ihm und gab ihm eine meiner langen haarsträhnen in die kleine Hand. Damit war Sean auch einverstanden und zog und zerrte an der Strähne. „Seany, es ist ja nett, dass du meine Haare magst, aber ich fände es toll, wenn du sie auf meinem Kopf lassen würdest", sagte ich deshalb lachend zu ihm und Sean zog nochmal kräftig an meinen Haaren. Jetzt kam Vincent zu uns und lachte ebenfalls. „Ich nehm Dir den kleinen mal wieder ab, Barby freut sich bestimmt, wenn er bei ihr bleibt", meinte er und nahm Sean mit nach oben zu Barby. Dann kam er herunter und setzte sich zu mir. Vincent legte den Arm um meine Schultern und meinte: „Du machst vielleicht Sachen, Paddy. Da hast du uns wirklich einen ganz schönen Schreck eingejagt. Aber wenigstens wissen wir jetzt, warum das passiert ist. Dein Vater hat sich bereits untersuchen lassen. Er hat auch Gift bekommen und seit er die Medikamente nicht mehr nimmt, geht es ihm ein bisschen besser. Dan hat bereits eine Klage gegen den Arzt erhoben und wird auf jeden Fall vor Gericht ziehen. Er möchte, dass der Arzt zur Rechenschaft gezogen wird, vor allem weil du vermutlich für immer Probleme mit deine Lunge deswegen haben wirst. Ich werde mit ihm zu den Verhandlungen gehen." „Danke, Vincent. Ich glaube, ich könnte diesen Mensch nicht nochmal ansehen. Ich bin Dir so dankbar, dass du das für mich tust", meinte ich und hatte Tränen in den Augen. „Das ist doch selbstverständlich, für seine Familie macht man sowas doch gerne", antwortete Vincent und nahm mich fest in den Arm.

Manchmal kommt alles andersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt