Paddy
Ich hielt Jimmy weiter im Arm, bis wir anhielten. „Jimmy, Paddy, wir sind da", rief uns Kathy. Jetzt waren wir in den Niederlanden angekommen und würden heute und die nächsten drei Tage hier Konzerte geben. Morgen und übermorgen sogar in der gleichen Stadt. Das kam sehr selten vor, war aber auch mal ganz schön. So blieb uns ein bisschen Zeit, um uns die Städte anzuschauen. „Paddy, ich bringe dich runter, dann können wir direkt mit dem Aufbau anfangen", meinte Jimmy und nahm mich in seine Arme. Er trug mich wie ein kleines Baby nach unten und direkt nach draußen zu meinem Rollstuhl. „Da seid ihr beiden ja endlich", sagte Joey und nahm uns direkt mit zur Bühne, welche schon aufgebaut worden war. Dafür hatten wir inzwischen Angestellte, die Technik und den Aufbau von den Instrumenten erledigten wir aber selbst. Da wir nicht mehr so viel Zeit hatten, musste es schnell gehen. Ich schraubte mit Jimmy das Schlagzeug zusammen, während Joey alle Instrumente und Mikros anschloss. Die Mädchen kümmerten sich im Bus um unsere Klamotten und John und Angelo schleppten Keyboard und kongas an. Bald stand alles und wir mussten uns noch schnell umziehen. Die Mädchen hatten entschieden, dass wir alle helle Sachen tragen sollten. Also schlüpften wir schnell in die Klamotten und Barby legte mir, nachdem ich mich nochmal um meine Blase gekümmert hatte, eine Decke auf den Schoß. „Es soll heute Abend schon ziemlich kalt werden und nicht dass du uns noch krank wirst", sagte sie. Jimmy wich mir kaum von der Seite und stopfte die Decke noch gut fest, sodass meine Beine vollständig eingewickelt waren. Dann ging das Konzert auch schon los. Heute war Sean auch mal wieder mit auf der Bühne und lachte die ganze Zeit. Wir spielten richtig gut und ich konnte mich vollständig in der Musik verlieren. Das war mir schon lange nicht mehr passiert. Um genau zu sein seit ich vor ein paar Monaten meinen letzten Song „an Angel" geschrieben hatte, welcher aber erst im nächsten Jahr veröffentlicht werden sollte.
Nach dem Konzert ging es direkt zurück in den Bus und weiter in die nächste Stadt. In Apeldoorn würden wir die nächsten beiden Tage verbringen. Der Weg dorthin war nicht weit und so kamen wir am späten Abend an und konnten die beiden Nächte auf dem Campingplatz schlafen. Als der Bus zum stehen kam, lag ich bereits im Bett. Neben mir lag ausnahmsweise Maite, denn sie wollte unbedingt heute Nacht bei mir schlafen. Meine kleine Schwester, die mittlerweile größer als ich war, hielt mich fest im Arm und schlief. Ich dagegen konnte einfach nicht schlafen. Mir gingen einfach die Worte von Jimmy und Barby nicht mehr aus dem kopf. Ich hatte ja keine Ahnung, dass sich die beiden jeweils die Schuld an dem Unfall geben. Wäre ich nicht da gewesen, würde meine liebste Schwester jetzt nicht mehr leben oder Jimmy wäre etwas passiert. Ich konnte den Gedanken daran fast nicht ertragen. Ich war noch immer fest davon überzeugt, dass das alles so passieren musste, einen Grund hat und dass alles wieder gut werden wird. Mama passte schließlich auf uns auf und sie würde nie zulassen, dass eines ihrer Kinder stirbt. Ihre Liebe für uns ging über ihren Tod hinaus und würde uns ein Leben lang begleiten. Mama war immer für uns da und ist es auch jetzt noch. Nur hat Kathy im Alltag ihre Rolle übernommen und kümmerte sich um uns, während Mama von dort oben auf uns herunterschaute. Ich schloss meine Augen und erinnerte mich an die Momente mit Mama. Vieles wusste ich zwar nur aus Erzählungen, aber ich erinnerte mich auch selbst noch an einiges. So zum Beispiel daran, wie wir in einem Stall ein Video gedreht haben und Joey von einem Huhn angegriffen wurde. Auch hatte ich Erinnerungen an einen Winter im Schnee. Ich musste wohl gerade 3 geworden sein und wir drehten Videos für ein Weihnachtslied. Wir waren Schlitten fahren und ich wusste noch, dass der Schlitten umfiel und alle auf mir landeten. Auch an unseren ersten Auftritt im Fernsehen in Deutschland erinnerte ich mich noch. Meine letzten Erinnerungen an Mama dagegen waren nicht mehr so schön. Sie lag die meiste Zeit im Bett, aber wir Kinder mussten jeden Nachmittag zu ihr kommen und Kuchen essen. Wir haben dann gemeinsam gesungen und sie hat gelacht und uns alle fest in den Arm genommen. Auch an ihren Tod konnte ich mich noch genau erinnern. Sie lag damals so still und blass da und die älteren haben alle geweint. Sie hatte jeden von uns umarmt. Dann sagte sie ihre letzten Worte zu uns. „Keep on singing." das haben wir bis heute getan. Fast 11 Jahre waren seitdem vergangen. 11 Jahre in denen so viel passiert ist und sich so viel verändert hatte. Gleich geblieben war nur, dass wir alle zusammengehalten und Musik gemacht haben. Genau so wie Mama es sich gewünscht hatte.

DU LIEST GERADE
Manchmal kommt alles anders
ФанфикDie Kelly Family tourt gerade durch Deutschland, als sich das Leben aller Mitglieder plötzlich verändert. Paddy rettet seiner Schwester das Leben, doch dies hat dramatische Folgen für ihn. Doch auch für die anderen Familienmitglieder verändert sich...