Kapitel 10

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Joey
Ich wachte mal wieder sehr früh auf und beschloss, dass meine Geschwister auch genug geschlafen hatten. Jetzt war es Zeit für Hotel California. Ich machte die Musik an und sofort purzelte Angelo aus dem Bett. Er musste sich ziemlich erschrocken haben und schlug sich im fallen den Kopf an einem der Sitze an. Die anderen hatten es nicht so eilig mit aufstehen und krabbelten nach und nach aus den Betten. Paddy setzte sich auch auf und schaute zu Angelo. „Kathy", brüllte er plötzlich. Unsere große Schwester kam sofort zu ihm und jetzt sah ich es auch. Angelo saß weinend auf dem Boden und hielt sich den Kopf. Der kleine hatte sich wohl ordentlich den Schädel angehauen. Mir tat das doch irgendwie leid. Ich machte die Musik aus, stand auf und ging zu ihm. Angelo starrte mich ziemlich wütend an. Wenn Blicke töten könnten, wäre ich wohl sofort tot umgefallen. Kathy saß bei Angelo auf dem Boden und löste vorsichtig seine Hände von seinem Kopf. Jetzt war deutlich zu sehen, dass er einen blutigen Kratzer am Haaransatz hatte. „Joey, steh hier nicht so blöd rum und hol ein Pflaster", sagte Kathy zu mir und ich verschwand. Unten wühlte ich in unserem Verbandskasten und fand schließlich die Pflaster. Ich ging wieder nach oben. Inzwischen saß Angelo mit Paddy auf dem Bett und dieser hielt ihm ein Taschentuch an den Kopf. Ich gab Kathy das Pflaster. „Du verschwindest jetzt am besten mal an die frische Luft. Wir sind kaum wach und schon veranstaltest du hier wieder ein Chaos, das sich gewaschen hat", sagte Kathy zu mir. Ich seufzte und zog schnell meine sportsachen an. Am besten war jetzt die Flucht nach vorne, bis sich die Nervensäge beruhigt hatte. Gerade als ich nach unten lief, krachte es unten ziemlich laut, Jimmy fluchte, Sean brüllte und Maite schrie. Oh je, das klang nicht gut. Kathy hatte das Durcheinander gehört und rannte an mir vorbei nach unten. Ich blieb zur Vorsicht auf der Treppe stehen und hörte Kathy unten keifen. „Jimmy, raus! Für heute reicht es wirklich. Du verschwindest jetzt mit deinem Bruder eine Weile, ich kann euch beide gerade nicht mehr sehen. Wo ihr auftaucht, herrscht Chaos." anscheinend hatte Jimmy etwas fallen gelassen. Jetzt hörte ich John lachen. Das machte Kathy noch wütender. „Jungs, ihr verschwindet alle. John, hol die beiden kleinen und Sean nehmt ihr auch mit. Ich will euch frühestens in einer Stunde wieder hier sehen." jetzt war sie aber richtig genervt. Ich rannte schnell wieder nach oben. „Paddy, Angelo. Flucht. Kathy schmeißt uns alle raus", sagte ich und schnappte mir Paddy. Angelo schaute grimmig, kam aber auch mit. Draußen standen bereits Jimmy und John, welcher einen schreienden Sean auf dem Arm hatte. Ich setzte Paddy in seinen Rollstuhl und wir entfernten uns erstmal vom Bus. „Puh, Kathy hat heute wieder miese Laune. Und das obwohl sie heute Nacht anscheinend mit Tricia geredet hat", meinte Paddy. Angelo heulte immernoch und als ich ihn in den Arm nehmen wollte, schubste er mich von sich. „Angelito, es tut mir leid. Ich wollte nicht, dass du dir weh tust", versuchte ich mein Glück. Doch er drehte sich nur weg und ignorierte mich. Manchmal wünschte ich mir doch, eine ganz normale Familie zu haben und keine so eine chaotische Truppe. Aber andererseits war es bestimmt schrecklich langweilig, wenn man in einer ganz normalen Familie lebte. Wir liefen noch eine Weile und kamen dann an einen See. Dort setzten wir uns ins noch nasse Gras. Das machte aber nichts, weil wir sowieso noch alle im Schlafanzug waren. Bei dem Chaos vorher hatte es keiner geschafft, sich anzuziehen. Paddy blickte sehnsüchtig zu uns nach unten. „Willst du auch runter?", fragte ihn Angelo, doch er schüttelte den Kopf. „Ich kann doch nicht einfach so sitzen", meinte er traurig. Ich konnte Tränen in den Augen meines kleinen Bruders glitzern sehen. Angelo hatte das auch bemerkt und kam nun zu mir. Anscheinend war ihm Paddy dann doch wichtiger als unser Streit. „Du Joey, wenn du Paddy an mich lehnst, müsste es doch klappen. Schau nur wie traurig er ist", flüsterte Angelo und ich nickte. Der kleine setzte sich wieder und ich hob den protestierenden Paddy aus seinem Rollstuhl. Ich setzte ihn neben Angelo, welcher sofort seinen Arm um Paddy lehnte und ihn stützte. Ich setzte mich vorsorglich auf die andere Seite. Paddy war zuerst ziemlich verkrampft, merkte dann aber, dass Angelo ihn festhielt und entspannte sich langsam. Sean krabbelte zu uns und direkt auf Paddy zu. Ich setzte ihm den kleinen auf den Schoß und Paddy lächelte Sean liebevoll an. Wenn ich die beiden so sah, konnte ich mir vorstellen, dass Paddy später einmal ein richtig guter Vater sein würde. „Jungs, irgendwas ist mit Kathy. Ihr scheint es nicht gut zu gehen", unterbrach Jimmy meine Gedanken. „Hab ich auch schon gemerkt. Und ihr beiden", John zeigte auf mich und Jimmy, „macht das auch nicht besser. Ihr solltet euch mal ein paar Tage zurückhalten und wie normale Menschen verhalten. Dann hätte Kathy wenigstens eine Sorge weniger." Jimmy und ich schauten betreten auf den Boden, mussten dann aber doch beide grinsen. Wir und uns normal verhalten, das konnte nicht klappen. „Wir geben uns Mühe", meinte Jimmy und ich nickte. Wir saßen noch eine Weile schweigend da, dann meinte Paddy, dass es so langsam Zeit wäre, zu den Mädels zurückzugehen. Wir standen alle auf und John hob Paddy in den Rollstuhl. Er nahm Sean auf den Schoß und ließ sich von Angelo schieben. Angelo rannte immer wieder ein paar Meter mit den beiden und alle drei lachten und kreischten. „Irgendwie sind die alle noch Kinder", meinte ich. „Das sagt der Richtige. Ihr beiden seid nicht besser", entgegnete John lachend.

Manchmal kommt alles andersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt