Kapitel 86

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Paddy
Am nächsten morgen würde ich davon wach, dass Angelo fluchend aufstand. Verschlafen blinzelte ich und sah ihn fragend an. Alle anderen lagen noch in ihren Betten und schliefen. Angelo nahm mich gar nicht wahr, sondern rannte zur Musikanlage und schaltete sie an. Sofort kam Bewegung in die anderen. „Schnell, wir haben verschlafen. Joey, du Idiot, wieso hast du uns nicht geweckt?", brüllte Angelo. Joey schaute ihn verschlafen an. „Was ist denn mit dir los?" „Es ist schon halb acht", rief Angelo und so langsam wurden die anderen auch schneller. Kathy keifte Jimmy und Joey an, während sie Sean anzog. Die anderen zogen sich ebenfalls an. Dann kam Patricia zu mir und nahm mir die Beatmung weg. „Zieh dich an, um die Sonde kümmern wir uns unten", sagte sie noch und drehte sich wieder weg. Angelo bewarf mich mit meinen Klamotten, in die ich mit seiner Hilfe schlüpfte. Dann krabbelte ich nach unten und Angelo hielt den Beutel fest, der noch an meiner Sonde hing. Unten half er mir in meinen Sitz. Maite verteilte inzwischen das Frühstück. Heute gab es nur Müsli, nicht mal für Kaffee oder Tee war noch Zeit. Zumindest nicht für alle von uns. Joey und Johnny schlangen ihr essen hinunter und verschwanden dann eilig nach draußen. Patricia und Jimmy folgten kurz darauf. Jetzt hatte Kathy endlich Zeit, um sich um mich zu kümmern. „Paddy, wir machen das jetzt morgens so, dass du direkt dein Frühstück bekommst und erst danach ein bisschen Wasser", erklärte sie. Ich nickte. Kathy gab mir heute die Nahrung, während ich Sean fütterte, der danach aber ziemlich verheerend aussah. „Das hast du ja toll hinbekommen. Jetzt muss ich Sean noch irgendwann duschen", motzte Kathy, während sie die Sonde reinigte. „Überlass das mal mir und Angelo. Wir haben vor dem Konzert sowieso nichts zu tun, da können wir Sean ja duschen und auf ihn aufpassen", schlug ich vor. Kathy nickte sofort, bevor sie gemeinsam mit Barby ebenfalls nach draußen ging. Maite kümmerte sich um den Abwasch und Angelo holte frische Kleidung für Sean. Dieser krabbelte solange mit mir zusammen zur Tür und dort warteten wir auf Angelo, der noch meinen Rollstuhl holen musste. Dann schob er uns zu den öffentlichen Toiletten. Eine Dusche gab es hier in der Nähe nicht, da musste Sean wohl in einem Waschbecken gebadet werden. Wir fanden immerhin eine Toilette für Rollstuhlfahrer, in der das Waschbecken niedriger war und ich mit dem Rollstuhl darunterfahren konnte. „So Seany, dann wollen wir mal", sagte ich zu meinem kleinen Neffen und zog ihn aus. Angelo ließ solange schon das Wasser laufen, damit wir Sean warm Baden konnten. Das taten wir dann auch, was mit ziemlich viel Theater von Sean endete, der Baden hasste. Er zappelte so sehr, dass Angelo und ich total nass wurden. „Wie lang wart ihr Deppen eigentlich gestern noch wach? Und wie viel habt ihr getrunken?", fragte Angelo, während er Sean wickelte. „Nicht lange, wir haben jeder ein Bier getrunken und sind dann bald ins Bett, nachdem du eingeschlafen bist. Aber Jimmy und Joey haben noch ewig geredet, wahrscheinlich haben sie deshalb verschlafen", meinte ich. „Ich glaube wir müssen uns dringend mal einen Wecker anschaffen, ich hab keine Lust auf so eine Hektik am Morgen", schlug Angelo vor. Da stimmte ich ihm zu. Inzwischen war Sean fertig angezogen und saß auf meinem Schoß. Angelo schob uns zurück zum Bus, wo Maite inzwischen fertig mit dem Abwasch war. „Ihr beiden zieht euch am besten um, ihr seid ja total nass", meinte sie und nahm Sean auf den Arm. Angelo und ich gingen nach oben und zogen uns trockene Sachen an. Anschließend schloss mich Angelo noch ein bisschen an die Beatmung an, bevor wir zum Konzert mussten, damit ich mich noch ein bisschen ausruhen konnte. Kurz darauf kam Kathy noch zu uns und gab mir ein bisschen Wasser über die Sonde. Dr Verreet hatte aufgeschrieben, dass ich immer zwischen den Konzerten und davor und danach zwei Spritzen Wasser bekommen sollte, wenn ivh keine Nahrung bekommen hatte. Danach machte sie mich von der Beatmung los und wir gingen nach draußen zum Konzert. Irgendwie war ich heute nicht ganz so fit wie die letzten Tage und atmete ziemlich schwer. Als das Konzert vorbei war, wurde das dann noch schlimmer und musste direkt hinter der Bühne mein Spray nehmen. „Paddy, hast du das andere Medikament eigentlich heute morgen genommen?", wollte Patricia wissen und ich schüttelte den Kopf. „Und gestern Abend auch nicht", gab ich dann zu. „Paddy, du musst da wirklich mithelfen und auch drandenken", schimpfte sie mich ein bisschen. Doch dann beugte sie sich zu mir und nahm mich in den Arm. Ich lehnte meinen Kopf kurz an die Schulter meiner großen Schwester, bevor ich mich wieder von ihr losmachte. „Komm, wir müssen zum Bus, Kathy wartet bestimmt schon", meinte ich und drehte den Rollstuhl. Patricia half mir beim anschieben und so kamen wir schnell am Bus an. Tatsächlich wartete Kathy bereits und hatte Wasser und eine Spritze für die Sonde bereitgelegt. „Paddy, ich geb dir gleich nochmal Wasser, dann kannst du dich noch ausruhen", meinte sie. Ich nickte und blieb auf dem Boden sitzen. Auf meinen Sitz kam ich allein nicht. Kathy kam zu mir auf den Boden und ich zog mein Oberteil nach oben. „Ich mag selber", sagte ich zu Kathy und sie gab mir die gefüllte Spritze in die Hand. Langsam sondierte ich mir das ganze Wasser . Plötzlich rutschte die Spritze aber ab und das Wasser spritzte. Kathy schloss sofort den Schlauch, damit alles drin blieb was bereits drin war. Ich hatte Tränen in den Augen. „Paddy, das ist doch nicht schlimm, die Spritze löst sich viel leichter wenn nur Wasser drin ist. Ich wische schnell das Wasser auf und hole dir ein frisches Oberteil. Dann kannst du dir noch den Rest von dem Wasser geben", beruhigte sie mich und warf mir kurz darauf einen Putzlappen zu, mit dem ich das Wasser aufwischte, während mir Kathy ein trockenes Oberteil brachte. „So, jetzt machst du einfach weiter." „Ich traue mich nicht. Mach lieber du", entgegnete ich und hielt ihr die Spritze hin. Kathy war einverstanden und gab mir noch den Rest des Wassers. „Und jetzt gehst du noch ein bisschen nach oben und legst dich hin", meinte Kathy noch. Ich nickte und krabbelte die Treppe nach oben. Oben zog ich mich aufs Bett und Kathy gab mir die Maske für die Beatmung, welche sie dann auch gleich anschaltete. Ich legte mich hin und schloss die Augen.

Manchmal kommt alles andersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt