Angelo
Ich saß an Paddy gelehnt da und dachte nach. Ich vermisste Kira sehr. Schließlich war es schon mehrere Monate her, seit wir das letzte mal in Warnemünde gewesen waren. Und das schlimmste war, dass Kira vermutlich noch nicht einmal an mich dachte. Für sie war ich ein kleines Kind, obwohl ich sie wirklich liebte. Und das schon seit mehr als zwei Jahren. Ich hatte ihrem Vater ja auch bereits gesagt, dass ich Kira heiraten wollte, sobald ich alt genug war. Er hatte es mir ja auch erlaubt. Kira hatte ich davon auch erzählt, aber sie hatte nur gelacht. Warum konnte ich nicht drei Jahre älter sein, dann würde sie mich bestimmt mehr beachten. Meine Geschwister hatten mich damals auch ausgelacht und seitdem hatte ich mit ihnen nicht mehr über Kira gesprochen, weil ich nicht wollte, dass sie mich auslachten. Aber seit ich Kira das letzte mal gesehen hatte, war ich mir noch viel sicherer darüber geworden, dass dieses Mädchen meine große Liebe war. Mit jedem Tag, den ich von ihr getrennt war, vermisste ich sie mehr und mehr. Paddy schien das irgendwie gemerkt zu haben, aber dem entging sowieso nie was, vor allem wenn es um die Gefühle von anderen ging. Irgendwie spürte er immer, wenn jemand etwas bedrückte und er war der einzige in dieser Familie, der Geheimnisse für sich behalten konnte. Aber ich konnte mich ihm nicht anvertrauen, zumindest nicht hier, wo jederzeit jemand von unseren Geschwistern auftauchen könnte und etwas mitbekommen könnte. „Angelito", riss mich Paddy aus meinen Gedanken. „Ja?" „Kannst du mir bitte was zum trinken geben?", bat mich Paddy. Ich nickte und stand auf. „Wir haben nur noch Leitungswasser", stellte ich kurz darauf fest, nachdem ich entdeckt hatte, dass der Kühlschrank fast leer war. „Das ist in Ordnung", antwortete Paddy. Also füllte ich ein Glas und stellte es vor ihm auf den Tisch. „Danke." Ich öffnete nochmal den Kühlschrank, auf der Suche nach etwas essbarem. Mir war eben aufgefallen, wie extrem dünn Paddy geworden war. An seiner Schulter standen die Knochen richtig heraus. Deshalb hatte ich beschlossen, dass er vor dem Auftritt unbedingt noch etwas essen musste. Ich fand noch Brot und Käse und machte uns jedem zwei Brote. „Hier Paddy, wer weiß wann wir wieder was zum Essen bekommen", mit diesen Worten stellte ich ihm einen Teller mit seinen zwei Broten hin. „Danke Angelo, aber ich hab eigentlich gar keinen Hunger." „Du musst aber was essen. Du bist so schrecklich dünn geworden. Ich mag nicht, wenn man deine ganzen Knochen sehen kann. Da bist du überhaupt nicht mehr mein Paddy", meinte ich und merkte, dass mir die Tränen kamen. „Weißt du, ich hab einfach fast nie Hunger seit dem Unfall. Ich sitze ja auch fast nur herum, da hat man automatisch viel weniger Hunger. Aber wenn du unbedingt möchtest, esse ich ein Brot. Beide schaffe ich wirklich nicht. Aber du isst das übrige Brot bestimmt gerne", meinte Paddy. Ich nickte und schluckte die Tränen herunter. Paddy lächelte leicht und ich setzte mich wieder neben ihn. Ich aß meine beiden Brote sofort auf. Paddy dagegen knabberte immer noch an der ersten Scheibe Brot herum und hatte noch mehr als die Hälfte in der Hand. Seitdem er wieder mit uns unterwegs war, war mir aufgefallen, dass er sehr langsam aß und meistens viel länger brauchte als alle anderen, obwohl er nicht mal halb so viel aß. „Angelo, nimm das Brot einfach, ich bin froh, wenn ich dieses eine überhaupt schaffe, ein zweites geht auf keinen Fall auch noch", meinte da Paddy und schob mir seinen Teller hin. Ich musterte ihn besorgt, nahm aber das Brot. Als ich fertig war, hatte er noch immer ein gutes Stück Brot in der Hand. Da kam mir eine Idee. „Würdest du denn Schokolade essen?", wollte ich wissen. Paddy nickte: „Aber wir haben ja sowieso keine da, Patricia findet ja, das ist zu ungesund." „Ess du mal fertig, bis dahin bin ich zurück und zwar mit Schokolade", antwortete ich und rannte nach oben. Ich wühlte zwischen meinen Unterhosen, bis ich eine ziemlich zerdrückte Tafel Schokolade fand. Damit rannte ich schnell wieder nach unten. Paddy schob sich gerade den letzten Bissen in den Mund. „Hier, das ist meine letzte Tafel. Ich muss nachher wohl mal wieder ein bisschen unter die Fans", meinte ich grinsend und legte die Schokolade auf den Tisch. Paddy öffnete sie sofort und ich setzte mich zu ihm. Innerhalb von ein paar Minuten war die Tafel leer. Ich hatte aber das meiste Paddy essen lassen. Hauptsache er aß überhaupt irgendwas, und selbst wenn es meine Schokolade war. Ich bekam sowieso von den Fans wieder welche. Dazu musste ich nur zwischen den Konzerten zwischen den Fans herumlaufen und lieb lächeln. „Jetzt ist mir schlecht", stöhnte Paddy da. „Ich hab zu viel gegessen." Ich musste lachen. Paddy schaute mich zuerst kritisch an, musste dann aber doch auch lachen. Als wir uns wieder einigermaßen beruhigt hatten, hörte ich draußen Barby und Kathy reden. „Paddy, ich bin schnell oben", sagte ich, schnappte mir das leere Papier von der Schokolade und rannte hoch. Keine Sekunde zu früh, denn kaum war ich oben, kamen Kathy und Barby herein. „Paddy, wo ist denn Angelo? Er sollte doch bei dir bleiben", sagte Kathy. „Der ist oben und sucht sich seine Klamotten für nachher aus. Übrigens haben wir gerade gegessen. Angelo hat uns Brote gemacht", informierte Paddy die beiden. Ich zog schnell ein paar Klamotten heraus und stopfte das Papier zwischen meine Unterhosen. Da kam auch schon Barby nach oben. Kathy wurde gerade unten von Paddy in ein Gespräch verwickelt. Das war gut, denn sie hätte sofort gemerkt, dass irgendwas nicht stimmte. Barby merkte eigentlich nie, wenn soetwas war. Sie spürte nur, wenn es jemandem nicht gut ging. „Angelito, brauchst du Hilfe?", fragte sie mich da auch schon. „Ja gerne. Ich kann mich nicht entscheiden, welche Jacke ich anziehen soll", antwortete ich. Barby kam zu mir und gemeinsam stellten wir für uns alle die Outfits für die Konzerte heute zusammen. Barby konnte das am besten von uns allen und auch ich hatte dabei ziemlich Spaß. Unten wurde es allmählich auch lauter und nach und nach kamen alle hoch, um sich umzuziehen. John brachte auch Paddy mit, dem Joey helfen musste. Dann verließen wir alle zusammen den Bus und gingen zur Bühne.
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Manchmal kommt alles anders
FanfictionDie Kelly Family tourt gerade durch Deutschland, als sich das Leben aller Mitglieder plötzlich verändert. Paddy rettet seiner Schwester das Leben, doch dies hat dramatische Folgen für ihn. Doch auch für die anderen Familienmitglieder verändert sich...