Kapitel 59

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Kathy
So schlimm wie dieser Streit war noch nie ein Streit zwischen uns Geschwistern gewesen. Angelos verhalten war unverzeihlich. Er hätte Paddy beinahe ersticken lassen. Ich musste unbedingt an den kleinen rankommen, aber er blockte immer sofort ab. Irgendwas war vorgefallen und zwar mehr als nur die Tatsache, dass Paddy ihm nicht erzählt hatte, dass er verliebt war. Wenn ich doch nur wüsste, was noch passiert war.
Paddy lag jetzt im Bett und schlief tief und fest. Seit er die Beatmung hatte, schlief er wieder richtig tief. Ich saß nebenan in Jimmys Büro und rief gerade bei Dr Verreet an. „Kathy Kelly hier. Es geht um Paddy", meldete ich mich. „Was ist denn mit ihm?", erkundigte sich der Arzt. „Paddy hat festgestellt, dass es ihm gut tut, wenn er auch tagsüber immer wieder an der Beatmung angeschlossen ist. Er ist dann viel fitter und braucht den Sauerstoff fast gar nicht. Er hat mich gebeten, Sie zu fragen, ob das in Ordnung ist, wenn er das Gerät auch immer wieder tagsüber nutzt", erklärte ich. „Solange es ihm damit gut geht, ist das gar kein Problem. Sobald er aber Druckstellen von der Maske bekommt oder so, müsst ihr die Zeit wieder reduzieren. Wenn es ihm ansonsten soweit gut geht, kann er dann auch so lange es geht ohne den Sauerstoff bleiben", meinte Dr Verreet. „Sehr gut, vielen Dank", bedankte ich mich und damit war das Gespräch beendet. Ich ihn sofort zurück in den Schlafraum und sah, dass Paddy wach war. „Paddy?", fragte ich ihn. Er drehte sich zu mir und schaute mich erwartungsvoll an. „Dr Verreet sagt, es ist in Ordnung, wenn du die Beatmung auch tagsüber benutzt, aber wenn du Druckstellen im Gesicht bekommst, geht das nicht mehr. Jetzt schauen wir einfach wie es ist. Und du machst einfach das, was dir gut tut. Du weißt schließlich am besten, was dein Körper braucht", erzählte ich ihm. Ich konnte sehen, dass Paddy unter der Maske erleichtert lächelte. Dann drehte er seinen Oberkörper auf die andere Seite und schloss die Augen. „Halt, noch nicht wieder einschlafen. Kommst du nachher mit zum Konzert? In einer Stunde müsstest du dich fertig machen", sagte ich noch und Paddy nickte. Dann könnte ich an seiner Haltung erkennen, dass er wieder eingeschlafen war. Barby blieb oben bei Paddy sitzen. Jimmy war mit John und Patricia im Büro und Maite und Angelo liefen irgendwo draußen herum. Joey schraubte am Bus und hatte Vincent und Sean dabei. Also setzte ich mich unten an den Tisch und wartete einfach nur, bis die Zeit verging. Als es soweit war und die drei Handwerker zurück kamen, ging nach oben. Zuerst holte ich meine Geschwister aus dem Büro, dann weckte ich Paddy. Dieser hatte nochmal tief geschlafen und war ziemlich verwirrt, als ich ihn weckte. „Brauchst du noch kurz?", fragte ich deshalb und er nickte. Ich zog mich schonmal um. Paddy rieb sich die Augen und streckte sich. Dann kamen seltsame Geräusche von ihm und ich lief schnell zu ihm. Paddy deutete auf die Maske und schüttelte den Kopf. „Bist du bereit?" Er nickte und ich schaltete die Maschine aus. Paddy nahm die Maske ab und trank erstmal etwas. „Das hat ja geklappt mit den Geräuschen. Ich dachte, ich versuche mal, ob ihr hören könnt, wenn ich unter der Maske versuche, etwas zu sagen. Den Mund kann ich ja nicht wirklich aufmachen, aber es hat wohl gereicht", erklärte er dann die Geräusche von vorhin. „Ja, das hat wirklich geklappt", meinte ich und warf ihm dann Klamotten aufs Bett. Paddy zog sich heute selbst an, nur in die Schuhe kam er nicht wirklich. Dabei half ihm aber Barby. Dann trug John Paddy nach unten und ich holte noch das sauerstoffgerät. Paddy wollte es auch gleich benutzen, weil er immer noch nicht so richtig fit war. Wir machten uns alle zusammen auf den Weg zur Bühne, wo bereits Maite und Angelo warteten. Angelo schaute Paddy wütend an und dieser wich den Blicken seines kleinen Bruders unruhig aus. „Angelito, benimm dich auf der Bühne", zischte ich ihm zu, bevor wir alle zusammen die Bühne betraten. Angelo sah auch mich noch kurz böse an, strahlte dann aber das Publikum an. Er ließ sich nichts von seiner Wut anmerken, genau wie Paddy. Die beiden benahmen sich wie immer und machten sogar zusammen Witze. Wenigstens hier auf der Bühne konnten sie sich soweit beherrschen, dass niemand merkte, wie die Stimmung eigentlich war. Darüber war ich sehr froh.

Manchmal kommt alles andersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt