Kapitel 80

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Maite
Als ich am nächsten morgen aufwachte, lag ich immer noch in Paddys armen. Ich fühlte mich deutlich besser als gestern Abend. Es hatte so gut getan, mit Paddy darüber zu reden und einfach mal zu weinen. Ich musste nicht immer stark sein. Jetzt standen meine Geschwister nach und nach auf. Paddy wurde von der Beatmung und der Sonde befreit und Kathy half ihm, das Medikament zu inhalieren. Ich hatte mich inzwischen angezogen und wollte nach unten gehen, um das Frühstück zu machen. „Maite, du bleibst heute hier. Angelo und ich kümmern uns heute ums essen", meinte Paddy da und grinste Angelo an, der ziemlich entgeistert aussah. Paddy zwinkerte mir zu. „Angelito, schau nicht so. Maite hat heute eine Pause verdient. Komm jetzt", lachte Paddy. Dann ließ er sich auf den Boden fallen und robbte zur Treppe. Angelo folgte ihm. Ich musste mich erstmal setzen. „Ich glaub ich helfe den beiden mal, sonst sehe ich schwarz für unser Frühstück", meinte Barby und ging ebenfalls nach unten. Ich blieb einfach sitzen und wusste gar nicht, was ich mit der freien Zeit tun sollte. Kathy setzte sich zu mir. „Was ist denn mit Paddy los?", wollte sie wissen. „Ich glaube er denkt, dass ich viel zu viel in der Küche stehe und will mir helfen. Aber mir macht das kochen ja Spaß", erzählte ich ihr. „Genieß es heute einfach mal und morgen kannst du wieder kochen, ich fürchte, heute werden wir sowieso nichts sonderlich gutes zum Essen bekommen, außer Barby rettet die beiden Chaoten", lachte Kathy jetzt und nahm mich in den Arm. Inzwischen war auch Patricia aufgestanden. „Schaut nicht so, die Schmerzen sind fast weg", meinte sie und ging dann nach unten. Kathy und ich folgten. Unten standen tatsächlich Tassen und schalen auf dem Tisch. Angelo machte Müsli und Barby kümmerte sich um den Kaffee. Paddy transpirierte ziemlich umständlich das Besteck zum Tisch. „Angelo, hilf mir mal hoch, dann kann ich den Tisch decken", sagte er dann. Bisher hatten uns die drei noch nicht bemerkt. Angelo half Paddy auf seinen Sitz und wandte sich dann wieder seinem Müsli zu. Paddy lag jetzt halb auf dem Tisch und verteilte das Geschirr. Dabei sah ich, dass er seine Beine auf dem Boden hatte und halb stand. Ihm selbst schien das aber nicht bewusst zu sein. Ich stupste Kathy an und deutete auf Paddy. Sie nickte nur. Wir beobachtete, wie Paddy den Tisch deckte und sich dann in seinen Sitz fallen ließ. Erst dann machten wir uns bemerkbar. „Ihr kommt gerade rechtzeitig", meinte Paddy. Wir setzten uns an den Tisch, gefolgt von den Jungs, die bereits nach der Bühne geschaut hatten. „Es schneit", rief Angelo plötzlich aufgeregt und alle liefen zum Fenster. „Ich will auch schauen", rief Paddy, der ziemlich unglücklich am Tisch saß. Joey schnappte ihn sofort und hielt ihn so, dass Paddy zum Fenster hinaus sehen konnte. Doch dann wurde ihm Paddy plötzlich zu schwer und er hätte ihn fast fallen gelassen. Joey schaffte es gerade noch, Paddy halb abzustellen. Paddy blieb aufrecht und stand mehr oder weniger auf seinen Beinen. „Äh Paddy, du stehst", kam es da von Kathy, die alles beobachtet hatte. Paddy schaute sie entgeistert an und blickte dann auf seine Füße. Er stand wirklich, auch wenn Joey ihn sehr viel festhalten musste. Aber seine Füße berührten den Boden, ohne dass die Beine wegknickten. Plötzlich liefen ihm die Tränen über das Gesicht. „Joey, setz ihn hin", mischte sich jetzt Patricia ein. Joey hob Paddy hoch und setzte ihn in seinen Sitz. „Ich.... ich", stammelte Paddy. „Ganz ruhig. Durchatmen. Alles gut", beruhigte ihn Kathy. Barby weinte inzwischen ebenfalls hemmungslos und Patricia hatte auch Tränen in den Augen. Ich meinte auch in den Augen von John Tränen glitzern zu sehen. „Ich rufe direkt Dr Verreet an", meinte er und lief schnell nach oben. Paddy hatte sich inzwischen wieder etwas beruhigt. „Ich kann es einfach nicht glauben, ich bin wirklich gestanden", murmelte er immer wieder und schüttelte den Kopf. Barby drückte ihn fest an sich. Jimmy und Joey dagegen beschlossen, zum Frühstück überzugehen und so aßen bald alle. Nur John war noch oben. „Ich schaue mal nach Johnny", meinte ich und lief nach oben. Im Büro war alles still, deshalb öffnete ich die Tür. John saß auf dem Boden und hatte den Kopf auf den Knien liegen. „Es war besetzt", sagte er, ohne aufzuschauen. „Dann komm doch erst mal frühstücken", meinte ich, doch John schüttelte nur den Kopf. Ich setzte mich also neben ihn und wartete einfach. Plötzlich bebten seine Schulter und er schluchzte leise auf. „Johnny?" „Es geht schon. Nur manchmal muss man eben mal ein bisschen weinen", meinte er. „Ich weiß, das hat mir Paddy gestern Abend auch gesagt und seitdem geht es mir viel besser." John legte seinen Kopf auf meine Schulter und weinte weiter. Ich legte meinen Arm um ihn und so blieben wir eine Weile sitzen. Irgendwann beruhigte sich John und wischte sich die Tränen ab. „Das bleibt unter uns, little sister. Und jetzt komm wir gehen mal schauen, was unser Dreamteam gezaubert hat", lachte John und zog mich hoch. Ich nickte und drückte ihn noch einmal fest an mich. Dann griff Johnny nach meiner Hand und wir gingen gemeinsam nach unten. Die anderen sahen uns erwartungsvoll an. „Ic musste nur eine Weile warten, Dr Verreet hatte telefoniert", erklärte John und wir setzten uns. „Er kommt dann übrigens an Paddys Geburtstag vorbei, vorher hat er keine Zeit", informierte uns John. Alle nickten mit vollem Mund. Paddy strahlte total und Angelo ebenfalls. Die beiden machten nur Quatsch und ich beteiligte mich dann auch.
Nach dem Frühstück nahm mich Barby mit nach oben, während Angelo und Paddy spülten. Das war das einzige am kochen, was ich gerne jemand anderem überließ.

Manchmal kommt alles andersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt