Kapitel 85

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Joey
Paddy war heute richtig gut drauf. Nur seine Lunge hatte ihn kurzzeitig ziemlich fertig gemacht. Jetzt saßen wir alle noch unten um den Tisch. Ich hatte Paddy inzwischen angeschnallt, da Kathy schon losgefahren war. Johnny hatte in der Zwischenzeit vier Flaschen Bier geholt und stellte jedem von uns eine hin. „Paddy, du darfst auch. Du bist ja jetzt 16", sagte er zu Paddy und zwinkerte ihm zu. Wir stießen auf Paddy an und tranken dann. Paddy verzog kurz das Gesicht und schüttelte sich. „Stell dich nicht so an kleiner. Der nächste Schluck wird besser", lachte Jimmy und da musste Paddy auch grinsen. Vorsichtig probierte er noch einen zweiten Schluck. Dieses Mal gab er sich Mühe, nicht zu zeigen, dass er das Bier nicht wirklich mochte. Das brachte uns dann alle zum Lachen. Vor allem Paddy selbst lachte Tränen. Es tat so gut, ihn so gelöst und glücklich zu sehen.
Nachdem wir uns wieder beruhigt hatten, trank Paddy einen weiteren Schluck. „Einer von euch muss mir so langsam die Nahrung für heute Nacht anschließen, sonst ist die bis morgen früh nicht durch", sagte er dann. Ich nickte sofort. Ich setzte mich neben Paddy und löste kurz die Gurte an einer Seite, damit ich an den Schlauch herankam. Dann schloss ich erst die Gurte wieder, bevor ich den Schlauch mit dem Beutel mit der Nahrung verband. „Danke", lächelte mich Paddy an. Wir redeten und lachten noch eine Weile, bis wir Schritte hörten und jemand die Treppe herunterkam. Das war bestimmt Patricia, die sich beschweren wollte weil wir zu laut waren. Doch es war Angelo. „Ich kann nicht einschlafen, wenn Paddy nicht da ist", beschwerte er sich und ich konnte Tränen in seinen Augen glitzern sehen. „Komm mal her Angelito", sagte ich deshalb zu ihm und zog meinen jüngsten Bruder auf meinen Schoß. Er lehnte sich an mich und weinte plötzlich. „Hey, was ist denn los?", fragte ich ihn. „Ich mag einfach nicht allein sein, ich will bei Paddy bleiben", schluchzte der kleine. „Dann bleibst du jetzt einfach noch ein bisschen hier bei uns, wir wollten sowieso bald auch ins Bett", meinte ich und erntete einen überraschten Blick von Jimmy. Angelo nickte und kletterte von meinem Schoß. Er krabbelte die Bank entlang und lehnte sich dann an Paddy. Dieser legte seinen Arm um den Zwerg, welcher kurz darauf eingeschlafen war. „Irgendwas belastet den kleinen, würde ich behaupten", sagte plötzlich Jimmy. „Ich denke er hat Angst um Paddy und klammert sich deshalb total an ihn. Für Angelo war das alles in letzter Zeit vermutlich zu viel. Paddy, ich glaube, Angelo braucht dich im Moment sehr. Aber wenn es dir zu viel wird, sag bitte Bescheid, dann rede ich mal mit dem kleinen", meinte Johnny. Ich teilte seine Vermutung. Angelo hatte mit seinen fast 12 Jahren schon viel zu viel mitmachen müssen, vor allem weil er auch bei Paddy gewesen war, als der Unfall passierte. Da war es nur logisch, dass er jetzt so an Paddy hing. Schließlich waren die beiden schon immer unzertrennlich gewesen und standen sich sehr nahe. Paddy nickte nur leicht, um Angelo nicht zu wecken. Wir tranken alle noch aus und dann wollte Paddy auch ins Bett. „Das wird jetzt aber irgendwie kompliziert. Wir müssen die beiden irgendwie hochtragen, Paddy kann so nicht krabbeln und Angelo lassen wir besser schlafen. Und ich kann euch nicht wirklich beim tragen helfen", meinte Jimmy und hob seine Hand mit dem Gips hoch. „Das geht schon. Joey kann ja Angelo tragen und Johnny mich. Und du Jimmy nimmst die Sondennahrung", schlug Paddy vor. Damit wären wir alle einverstanden. Ich hob den schlafenden Angelo vorsichtig hoch, welcher sich sofort an mich kuschelte. Johnny schnallte währenddessen Paddy los und Jimmy nahm den Beutel mit der Sondennahrung. So schlichen wir leise nach oben, um die Mädels nicht zu wecken. Ich legte Angelo in sein Bett und Johnny legte Paddy daneben. Ich zog Angelo noch schnell seine Hose aus und Paddy zog sich auch um. Dann schloss ich Paddy noch an die Beatmung an. Er war jetzt auch ziemlich müde und ihm fielen fast die Augen zu. Ich strich beiden noch schnell über die Haare und legte mich dann zu Jimmy, der bereits im Bett lag. „Joey, wir müssen noch reden", flüsterte Jimmy. „Wegen Angelo müssen wir unbedingt was tun, der kleine braucht Hilfe, ich glaube er kommt nicht damit klar, was in letzter Zeit so passiert ist." „Ich glaube da reden wir am besten mal mit Kathy darüber, die wird schon wissen, was zu tun ist. Wir beide haben gerade andere Sorgen. Wir müssen unbedingt aufpassen was dieser Max mit Barby macht. Barby hat so einen Typen nicht verdient, aber sie ist komplett verknallt in ihn. Es reicht, dass du von diesem Typ verletzt würdest, da müssen wir echt was tun." „Aber nicht zur Polizei, wer weiß, was dieser Typ dann mit Barby macht", antwortete ich leise. Da stimmte mir Jimmy zu, aber eine Idee, wie es weitergehen sollte, hatten wir beide nicht. So langsam war es auch schon reichlich spät und wir müssten dringend noch ein bisschen schlafen, bevor wir in 4 Stunden schon wieder aufstehen mussten. Ich drehte mich zur Wand und war kurz darauf eingeschlafen.

Manchmal kommt alles andersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt