Kapitel 9

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Paddy
Nachdem alle im Bett lagen, schlief ich sofort ein. Angelo drückte sich an mich und umarmte mich wie ein Kuscheltier. Ich schlief ziemlich tief, bis ich hörte, wie Patricia und Kathy nach oben kamen. Anscheinend waren sie draußen gewesen. Ich hoffte, das Tricia mit Kathy geredet hatte und ihr irgendwie helfen konnte. Das letzte was wir jetzt brauchen konnten, war eine dauerhaft schlecht gelaunte Kathy. Schließlich hielt sie alles zusammen und war wie eine Mutter für uns. Ich hörte Kathy noch leise flüstern, da wurde auch Angelo wach. Er merkte, dass ich ebenfalls wach war. „Sollen wir auch raus gehen?", fragte er leise. Ich nickte und er stand auf. Jetzt war ich mal gespannt, aber mein kleiner Bruder schien genau zu wissen, wie er mich nach draußen bringen wollte. Er ging vor mir in die Hocke und ich schlang meine Arme um seinen Hals. Mein kleiner Bruder richtete sich auf und ich hing auf seinem Rücken. Angelo wankte kurz, fand dann aber sein Gleichgewicht wieder und trug mich nach draußen. Er steuerte auf die nächste Bank zu und setzte mich darauf ab. Dann rannte er nochmal weg und kam kurz darauf mit einer Decke wieder. „Hier, es ist doch irgendwie kalt hier draußen", meinte er und legte die Decke über uns beide. Ich lehnte mich an Angelo und blickte zum Himmel. Ich schaute mir die Sterne an. Irgendwo dort oben war auch Mama und schaute bestimmt genau jetzt auf und herunter. „Schau mal Paddy, der helle Stern dort oben, das ist bestimmt Mama", sagte da Angelo. Ich nickte und nahm meinen kleinen Bruder fest in den Arm. „Manchmal wünsche ich mir, ich wäre du, dann hätte ich mehr Zeit mit Mama gehabt", sagte er jetzt. „Ach Quatsch, sei froh, dass es genau so war, wie es war. Es war so schrecklich, Mama kurz vor ihrem Tod zu sehen. Ihr ging es immer schlechter. Und das schlimmste ist, ich erinnere mich fast nur noch an Mama, als sie bereits so krank war. Aber ich weiß ganz sicher, dass wir sie alle irgendwann wiedersehen werden. Sie wartet dort oben auf uns. Aber bis dahin müssen wir hier unten zusammenhalten und weitermachen. Keep on singing, wie Mama zu uns gesagt hatte", sagte ich zu ihm. Angelo lehnte an mir und ich merkte, dass er stumm weinte. Ich streichelte ihm beruhigend über den Rücken, bis er ruhiger wurde. Angelo hob den kopf. „Du Paddy" „Ja kleiner" „wenn du bei dem Unfall gestorben wärst, hätte ich nicht mehr leben wollen. Ohne dich hätte ich nicht mehr weitermachen und leben wollen. Wenn du weg gewesen wärst, hätte ich zu dir und Mama gewollt. Aber solange du lebst, will ich auch bei dir bleiben und noch nicht zu Mama gehen." Jetzt musste ich weinen. Ich konnte es gar nicht fassen, dass mein kleiner Bruder sowas sagte. Er war doch erst 11, bei dem Unfall war er sogar erst 9 gewesen. Ich konnte nicht fassen, dass er bereits mit 9 daran gedacht hatte, sterben zu wollen. „Angelo, bitte versprich mir, dass du sowas nicht mehr denkst. Du bist noch so jung und hast noch dein ganzes Leben vor dir, genau wie ich auch. Ich verspreche dir, ich werde dich nicht allein lassen, schon gar nicht allein hier auf der Erde. Ich werde, solange wir leben, immer irgendwo in deiner Nähe sein. Du bist schließlich mein kleiner Bruder und ich muss auf dich aufpassen. Und du bist mein bester Freund, der beste Freund, den man überhaupt haben kann", sagte ich und streichelte ihm über die langen Haare. „Du bist auch mein bester Freund Paddy", antwortete Angelo und wischte seine Tränen an meinem Ärmel ab. „Und jetzt sollten wir wieder nach drinnen gehen, hier wird es sonst zu kalt und wir müssen auch schlafen, damit wir morgen fit sind", sagte ich zu ihm. Angelo drückte mich noch einmal, dann schnappte er die Decke, ich schlang meine Arme um seinen Hals und er trug mich in den Bus und zu unserem Bett. Wir legten uns hin und Angelo umarmte mich erneut. „Paddy, ich hab dich so lieb", flüsterte er. „Ich dich auch, kleiner Engel." Ich legte meinen Arm um ihn und wir schliefen Arm in Arm ein.

Manchmal kommt alles andersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt