Katelyn Sanchano
Gestern hatte ich Ramon deshalb noch angeschrien und heute stand ich da.
Ein Wunsch ging endlich in Erfüllung und trotzdem weigerte sich mein ganzer Körper, einen Schritt auf das Haus zuzumachen.
Allein beim aussteigen musste mich Ramon dazu drängen, obwohl es dafür doch eigentlich gar keinen Grund geben sollte. Sie waren ja meine Familie.
Kein Grund zur Sorge.
Leicht gesagt, jedoch kamen mir allein bei diesem Gedanken tausende von Szenarien, die furchtbar waren und ich niemals verursachen wollte.
Stumm stand ich noch am Wagen und schaute einfach auf das Haus vor mir, in dem ich noch vor kurzem Problemlos leben konnte.
Jetzt war ich eine eigentlich gezwungene Sekretärin für den Sohn eines Mafiabosses und hatte in der Zeit, in der ich schon bei ihm war kein einziges Mal versucht zu flüchten oder meine Familie unerlaubt zu kontaktieren.
Genau das war eine Sache, die sie mir verübeln könnten. Wer würde das nicht?
Ich würde auch nicht meine Nichte aufnehmen, die meine Familie in Gefahr gebracht hat und sich anschließend sang und klanglos aus dem Staub macht.
Ich konnte nur hoffen, dass sie auch den Brief gelesen haben, den ich Javier heimlich auf mein Bett gelegt habe, als mich Ramon mitgenommen hat.
Hoffentlich...
"Willst du jetzt vor gehen oder soll ich klingeln?", drang Ramons Stimme seitlich von mir.
Noch etwas gedankenverloren schaute ich kurz zu ihm rüber. Seine Hände wie immer in seinen Hosentaschen und die Ärmel hochgekrempelt, wodurch man seine Tattoos schaute, die mich wieder auf etwas aufmerksam machten.
Als würde er es nicht sehen, schaute ich mir seinen Arm auf meiner Seite ganz genau an und erkannte unter der meist dunkeln Tinte sogar einige Narben. Kreisförmige und Striche, die tief aussahen.
Dieser Anblick betrübte mich noch mehr als die Tatsache, dass ich mich nicht zu meiner Familie traute.
Meine Aufmerksamkeit lag voll und ganz den Tattoos, was Ramon langsam unangenehm wurde, da er seine Arme wegzog und vor seiner Brust verschränkte.
Verwirrt schaute ich hoch und blickte direkt in das Gesicht von Ramon, der mich misstrauisch musterte.
Verlegen lachte ich auf. "Haben deine Tattoos Bedeutungen?", fragte ich sichtlich nervös.
Ramon zog seine Augenbrauen dichter zusammen und wirkte nun wirklich verwirrt.
"Naja... Ist ja auch egal.", zuckte ich angespannt mit meinen Schultern und lief auch schon auf das Haus zu, ohne an die dinge zu denken, die passieren könnten.
Ich wollte einfach nur nicht mehr in dieser peinlichen Situation sein. Ich wollte überhaupt nicht wissen, was Ramon jetzt dachte. Kein normaler Mensch schaute so lange auf tätowierte Arme!
Vor der Türe blieb ich stehen und zögerte kurz, bis ich mich dazu brachte, wirklich auf den kleinen Knopf vor meinem Zeigefinger zu drücken.
Es war nur ganz kurz und eher wie ein darüber streichen. Ich hörte das kurze klingeln durch die Scheibe in der Haustüre und blieb wie erstarrt stehen.
Sekunden vergingen als ich mich wieder aus meiner Schockstarre befreit hatte und mich auch gleich umdrehte, um den Heimweg wieder anzutreten.
Ich wollte gerade für den ersten Schritt antreten, als ich auch schon die Türe öffnen hörte.
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You saved me
RomansaEin einfaches Mädchen wird eines Tages von Anhängern der Mafia entführt und sollte eigentlich für Geld wieder zurück gehen. Aber was ist, wenn die falsche Person entführt wurde? Textausschnitt: „Pack deine Sachen!", befahl er ruhig aber trotzdem so...