Bisher waren zwei Tage vergangen, seitdem Ramon nach San Diego musste. Ich war mehr oder weniger alleine in dem großen Anwesen und starrte schon fast jedes mal hoffnungsvoll auf das Display des Handys, welches mir Ramon gegeben hatte, wenn ich es an machte.
Ich benutzte es nicht oft doch hielt es trotzdem dicht an mir. Und das schlimme daran war irgendwie, dass ich das nur tat, weil ich auch sofort die Nachricht lesen konnte, falls er mir schrieb.
Bisher hatte er es noch nicht getan...
Generell war das Handy relativ unnötig, wenn man bedachte, dass es sowieso niemanden gab, mit dem ich etwas machen konnte. Noch trauriger war es aber, wenn ich mich daran erinnerte, dass Ramon der einzige Mensch war, mit dem ich etwas unternahm, obwohl das anfangs vollkommen unfreiwillig war. Mittlerweile war das überhaupt nicht mehr so.
Ich mochte es wirklich mit ihm Zeit zu verbringen. Ich liebte es, wenn er mit mir auf Augenhöhe sprach und mich nicht behandelte, wie einen Hund, dem man alles anschaffen konnte. Auch wenn es unangenehm war, mit ihm zusammen in einem Bett zu schlafen, freute es mich mehr als nur ein wenig, dass ER MICH dazu schon fast zwang, in SEINEM BETT zu schlafen.
Ein grinsen schlich mir ins Gesicht, als ich wieder an diesen Moment denken musste. Oder überhaupt an die Momente, wenn er mich in seine Nähe wollte. Genau so wie an dem Abend, an dem wir an den Teich gegangen waren und er auf gar keinen Fall wollte, dass ich verschwand. Auch wenn es wirklich blöd von ihm gewesen war, als er mich ins Wasser gezogen hatte, ohne, dass ich das wollte.
Oh Gott... Am ende hab ich noch das Stockholm-Syndrom?!
Nein! Nein! Das darf ich nicht haben, Nein! Das muss ich mir aus dem Kopf schlagen.
Sofort legte ich meine Hand um mein Handgelenk, an dem er mir das 'R' hineingeritzt hatte.
Doch wie ich es umgriff und wieder sauer auf ihn sein wollte, dachte ich wieder daran, weshalb er es getan hatte.
Damals kannten wir uns noch nicht richtig. Ich war lediglich ein Auftrag von ihm. Er musste Geld von Josh holen und hat mich nur deshalb verletzt.
Genau! So musste es sein!
Immerhin hat er mich auch vor einer Vergewaltigung gerettet und mir auch noch eine Kette geschenkt.
Meine Hand wanderte von meinem Handgelenk zu der Kette, die ich Tag und Nacht trug.
Er hat mir schon viel Leid angetan, doch ebenso hat er mich auch davor gerettet. Jeder Mensch macht Fehler, doch die Meisten versuchen nicht, sie wieder gut zu machen. Eine Tat, die er machte.
Er machte Fehler. Etwas Menschliches.
Ihm tat es leid und jetzt versuchte er alles, um es wieder gut zu machen.
Zumindest sah ich das so. Aber einbilden konnte ich mir das alles auch nicht.
Ich meine, er hätte nicht extra zu meiner Verwandtsc-
Ein Klingeln neben meinem Kopf ertönte und unterbrach mich bei meinem Gedankengang.
Vollkommen geladen drehte ich mich zur Seite und griff danach. Meine Augen erblickten das leuchtende Display und weiteten sich schlagartig.
Ramon
Ein lautes kreischen musste ich mir wirklich unterdrücken. Mit riesigem Grinsen im Gesicht musste ich erst einmal tief durchatmen bis ich wieder ein entspanntes Gesicht hatte und den Anruf entgegen nehmen konnte, ohne Angst haben zu müssen, dass meine Stimme sich gleich anhörte wie ein Zug beim bremsen.
"Ja?", fragte ich leise und zwang mich fest dazu, einen halbwegs fragenden Ton herauszubringen.
Fuck... Ich musste wirklich das Stockholm-Syndrom haben.

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You saved me
RomantikEin einfaches Mädchen wird eines Tages von Anhängern der Mafia entführt und sollte eigentlich für Geld wieder zurück gehen. Aber was ist, wenn die falsche Person entführt wurde? Textausschnitt: „Pack deine Sachen!", befahl er ruhig aber trotzdem so...