Kapitel 41

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Sicht von Chris...

Der Kater hat mich diesen Morgen zu spät geweckt. Ist jetzt nicht so, dass ich mich auf Stitch als Wecker verlassen würde, aber in der letzten Woche konnte ich durch ihn immer mit Christina noch gemeinsam Frühstücken. Und heute kratz der erst gegen halb zehn an meiner Tür. Nicht mal zu der Zeit, wo meine Tochter sowieso schon weg ist, bin ich vor dem sicher.

Nachdem ich mich für den Tag angezogen habe, öffne ich die Tür und habe davor Stitch sitzen, der mich vollkommen unschuldig anschaut. Während ich mir verschiedene Gedanken mache, was ich am liebste zu diesem Störenfried sagen würde, miaut er einmal und schmeißt sich auf die Seite, sodass ich danach lachen muss.
Chris: Okay, hast gewonnen, ich werde dich nicht komplett hassen und du darfst hier weiterhin wohnen. Anderweitig würde mich Christina aus dem Haus werfen."
Nachdem er seine kurze Streicheleinheit bekommen hat, führt mich mein Weg in die Küche. Einige Sachen vom Morgen stehen hier noch rum. Unüblich für Christina, da sie das normal nicht so zurücklässt. Vielleicht war sie im Zeitstress. Den Kaffee muss ich wieder durchlaufen lassen, ein Brötchen backe ich mir auf und in der Zeit räume ich ihre Sachen weg, damit ich mir das zum Frühstück nehmen kann, was ich brauche. Stitch sitzt dabei immer in meiner Nähe und weicht auch nicht davon ab.
Chris: Was ist denn heute wieder los mit dir? So bist du normal doch eigentlich nicht."
Ich muss keine Antwort vom Kater erwartet. Er wird weiterhin neben mir sitzen, mich anstarren und ab und an mal miauen.

Donnerstag ist Heiligabend, die Woche hat zwar erst begonnen, aber ich stecke schon in der Entscheidung, ob ich mit Christina an einen der Tage zu meinem Bruder fahre. In den vergangene Jahren war das für uns beide einfach immer eine Pflichtveranstaltung, wo wir zusammen erscheinen mussten. Die angespannte Stimmung zwischen uns hatte man immer spüren können, weil wie so schnell wie möglich immer daraus wollten. Und dieses Jahr könnte es das erste Mal anders verlaufen. Vielleicht wird dieses Weihnachten das erste, was wir, seit vielen Jahren, richtig als Familie verbringen können.

Und dann klingelt das Haustelefon, wo ich gleich weiß, dass es keiner von der Arbeit oder der Crew sein könnte, geschweige denn mein Bruder. Das letzte Mal hieß das nichts Gutes und mit dem gleichen Gefühl gehe ich jetzt auch wieder in den Flur, damit ich zuerst auf das Display schauen kann. Und natürlich ist es die Nummer der Schule.
Chris: Christian Reinelt?"
Herr Evers: Guten Morgen Herr Reinelt, entschuldigen Sie die Störung."
Und es ist wieder der Schulleiter. Bitte nicht so kurz vor Weihnachten, es soll doch ein ruhiges Fest werden und ruhige Ferien für Christina.
Chris: Hat meine Tochter irgendwas angestellt?"
Herr Evers: Nein! Sie hat nichts getan, Ihrer Tochter geht es..."
Und dann bringt er diesen einfachen Satz nicht zum Ende, sondern unterbricht sich selbst, was mich nicht sonderlich beruhigt.
Herr Evers: Sie ist eben im Musikunterricht bewusstlos vom Stuhl gefallen. Ihr geht es gut, die Schulsanitäter haben sich drum gekümmert und sie einmal durchgeschaut. Scheinbar hat Ihre Tochter aber einen grippalen Infekt. Könnte Sie Christina abholen?"
Chris: Natürlich, ich mache mich gleich auf den Weg. Wo werde ich sie finden?"
Herr Evers: Im Nebenraum des Sekretariats, man wird es Ihnen zeigen, wenn Sie sich dort gemeldet haben."
Chris: Ist gut, vielen Dank."

Stitch lasse ich im Flur zurück, meine Jacke nehme ich von der Garderobe und Schuhe ziehe ich mir auch noch über, damit ich zuletzt meinen Schlüssen nehmen und dann das Haus verlassen kann. Ich hatte gedacht, dass ich so schnell nicht wieder zu ihrer Schule fahren müsste, aber immerhin sind es dieses Mal andere Umstände. Wobei es kaum gute Umstände sind, dass meine Christina krank geworden ist.

Ich bin froh, dass ich nicht zur Pause hergekommen bin, da hier sonst viel zu viele Schüler unterwegs sein würden. Ein paar wenige arbeiten jetzt auf dem Flur und bekommen mich mit, wobei ich zügig zum Sekretariat gehe, was noch am gleichen Ort ist, wie damals, als ich hier noch zur Schule ging. Bevor ich die Tür öffne, klopfe ich einmal und gehe im Anschluss rein, wo zwei Damen an ihren Tischen sitzen und mich dann anschauen.
Chris: Ich soll meine Tochter hier abholen. Christina Reinelt."
Frau Löhn: Oh ja, sie ist im Nebenraum. Ich denke, dass ein Freund bei ihr gerade noch ist. Für den Rest des Tages wurde sie bereits vom Unterricht abgemeldet."
Chris: Ist gut, vielen Dank."

Ein letztes freundliches Lächeln, bevor ich zum Nebenraum gehe und dort vorsichtig die Tür öffne. Christina sitzt auf einer dieser Liegen, bedeckt sich mit ihrer Jacke und hat sich mehr oder weniger mit Bolin unterhalten. Er bemerkt mich auch zuerst, hingegen meine Tochter braucht dafür einen Moment, bis sie endlich zu mir schaut.
Chris: Hey..."
Ich kann sie mir grob einmal anschauen, wobei man schnell erkennt, dass sie wirklich angeschlagen aussieht.
Chris: Wollen wir nach Hause?"
Ein schweigendes Nicken, es sagt sowieso schon alles aus. Bolin gibt mir ihre Tasche, damit ich sie tragen kann und Christina steht von ihrem Platz auf, damit wir gehen können.

Zum Auto war es kein langer Weg, wobei ich das Gefühl habe, dass es für Christina schon anstrengend gewesen sein wird. Während der kurzen Fahrt schaut sie wieder aus dem Fenster, versucht sich wach zu halten.
Christina: Es tut mir leid..."
Ihre Stimme klingt auch so anders. Es wird vermutlich einige Tage dauern, bis sie wieder vollkommen genesen sein wird. Dort bringt mich aber ihre seltsame Entschuldigung dazu, dass ich für einen Moment zu ihr schaue.
Chris: Wofür willst du dich entschuldigen?"
Christina: Dass ich dir in der letzten Zeit so viele Probleme mache. Erst die Sache mit der Polizei, dann das mit dem Verweise und jetzt das hier."
Chris: Dafür, dass du jetzt krank bist, kannst du nicht. Und die anderen Sachen vergessen wir jetzt einfach wieder. Ich weiß, dass das alles nicht deine Absicht gewesen ist, Christina. Ich will gerade einfach nur, dass es dir bald wieder besser geht."

Durch ihren allgemeinen Zustand bekomme ich einzig ein schwaches Lächeln von ihr zu sehen, bevor sie ihren Kopf gegen die Scheibe lehnt und ihre Augen schließt. Alles wird wieder gut, Kleine, alles wird schon wieder gut...

Nameless to YouWo Geschichten leben. Entdecke jetzt