Mit viel zu wenig Schlaf und zu wenigen Tassen Kaffee am Morgen, warte ich vor der Arena bei den Bussen auf Sina, hinterfrage dabei immer wieder, warum ich da zugesagt habe und zugleich kreist mir das, was Levi gestern vor der Show gesagt hatte im Kopf. Es ist ein unverbindlicher Tag, der dich aus dem Chaos, was sich Abiturprüfungen nennt, rausholen.
Als ich wiederholt auf mein Handy schauen will, immerhin wollte sie gegen 10 Uhr hier sein und es ist bereits zehn Minuten später, höre ich, wie sich die großen Türen öffnen und dass dahinter eine Sina hervorläuft, die deutlich geschaffen aussieht.
Sina: Entschuldige, das wollte ich nicht! Ich wurde aufgehalten."
Ihre Jacke zieht sie sich nebenbei über, legt den Kragen davon mehr oder weniger richtig hin und ihre Haare bindet sie sich erst zusammen, als sie fast vor mir steht.
Sina: Chris wollte noch was besprechen wegen der Probe. Bis 16 Uhr sollten wir wohl längst wieder hier sein, denke ich."
Christina: Mit Sicherheit."
Ich hoffe es einfach. Bremen ist keine Stadt, in der ich mich verlieren könnte, die ich als sehenswert markieren würde, aber alles ist besser als wieder für stunden vor meinem iPad oder den Büchern zu sitzen.
Christina: Der Bahnhof ist ja gleich gegenüber."
Sina: Den brauchen wir aber gar nicht. Das ist nur ein kurzer Weg zu Fuß. Komm."
Sie lächelt auf ihre übliche Weise, geht die ersten Schritte vot, bevor sie erneut zu mir zurückschaut. Ich seufze und setze mich in Gang. Dann wollen wir mal.An dem Bahnhof vorbei und einige Straßen runter, kommen wir in der Altstadt an. Zumindest hätte ich sie als solche bezeichnet. Einige gemütliche Restaurants oder Cafés haben hier ihren Sitzt, dazu fährt die Straßenbahn vorbei. Zuerst habe ich mich über die Tierlaute gewundert und wurde von Sina aufgeklärt. In eine Art Gullideckel kann man Münzen werfen und einer der Bremer Stadtmusikanten gibt dann einen Laut von sich. Über einen Seitengang und einer Treppe kommen wir dann in der Straße an, wo die meisten der anderen Geschäfte sind.
Sonderlich viel ist hier nicht los, kann aber auch an der Zeit liegen. Ich hatte darum gebeten, dass ich gerne in die Buchhandlung gehen würde, damit ich etwas suchen kann. Sina zeigt mir, wo es lang geht und so kommen wir da nach wenigen Gehminuten an. Ein paar Regale neben mir schaut sich auch Sina ein paar Bücher an, bevor sie etwas näher zu mir kommt.
Sina: Darf ich dich etwas seltsames oder vielleicht privates fragen?"
Christina: Wenn es nichts mit meinen Vater zu tun hat."
Aus verschiedenen Gründen will ich das nicht. Es gibt Dinge, die gehören zu unserer Familie und daher auch nicht an jeden nach außen getragen.
Sina: Ich denke, dass es nichts...warum hast du dir deine Haare wieder braun gefärbt?"
Eigentlich ein Wunder, dass bis heute keiner das gefragt hatte. Alle haben es gesehen, einige haben es kommentiert, aber sie ist die einzige, die mich fragt.
Christina: Ich habe es damals aus dummen Gründen getan und will das, was mal war, hinter mir lassen. Dazu gehörte auch das."
Das Buch, was ich mir eben angesehen hatte, stelle ich nebenbei wieder weg, da ich meinen Blick bewusst bei ihr halte.
Christina: Stört es dich?"
Sina: Nein. Es ist einfach, dass...ich...bei dir..."
Ich versuche ihr standzuhalten, obwohl sie mir tief in die Augen schaut, bevor sie ihre Worte sammelt und leicht lächelnd antwortet.
Sina: Ich finde es so besser. Deine dunklen Augen sehne bei dir süß aus."Sie kann nach dem Satz nicht einfach gehen! Als wäre nichts gewesen, lässt Sina mich in der Abteilung zurück und geht wieder einige Regale weiter, wo sie sich erneut ein Buch anschaut. Und ich stehe dort, schaue ihr die ganze Zeit nach und merke, wie mir warm in Gesicht wird. Schnell greife ich nach dem ersten Buch, was ich in die Hände bekomme, schlage es irgendwo auf und verstecke mich dahinter.
Das, was ich gesucht hatte, habe ich nicht gefunden, obwohl mich Sina lange damit aufgezogen hatte, dass ich mir das eine Buch ja sehr genau angesehen hätte, nachdem sie mich allein zurückgelassen hatte. Ich wollte es für die Prüfung haben, da dort noch etwas steht, was wir in Englisch nicht als Buch hatten. Aber natürlich hatte ich das Glück wieder nicht. Da Sina mitbekommen hat, wie ich drauf war, dass mir das schon wichtig gewesen ist, hatte sie mich noch zu einem zweiten Laden geführt, der aber viel weniger Auswahl hatte und das Buch war natürlich nicht darunter. Danach wollte ich sie nicht weiter daran aufhalten und versuchte einfach normal zu wirken. Du hast dir den Tag ausgesucht, damit du auf anderen Gedanken kommst und nicht immer wieder an die Prüfungen denkst. Sina versuchte wirklich ihr bestes, damit ich mich ablenken lasse und ich dachte, dass sie mir das auch abkaufen würde. Kaum einer blickt hinter das, was wirklich in mir los ist. Ausnahmen sind mein Vater und Bolin, aber scheinbar muss ich sie auch dazuzählen.
Sina zerrte mich irgendwann auf eine der Bänke und setze sich neben mich. Für den Moment beobachtet sie die umherlaufenden Passanten und ich greife mit meinen Händen nach den Brettern der Bank.
Sina: Gestresst?"
Christina: Sehr. Ich dachte nicht, dass mir die Prüfungen so zu Kopf steigen. Und dann auch noch das Problem, dass der Plan für danach noch nicht steht."
Meinen Kopf lasse ich in den Nacken fallen, meine Hände löse ich von der Bank und gehe mir selbst durchs Haar, während ich tief durchatme.
Sina: Was machst du gegen Stress?"
Christina: Bis Ende des Jahres habe ich noch geraucht und das sind die Momente, wo ich jedes Mal wieder schwach werden könnte."
Sina: Aber das wollen wir ja nicht. Bist du deinem Vater dort auch gleich?"Langsam hebe ich meinen Kopf wieder, damit ich zu ihr schauen kann, wobei sie bei mir einen massiv verwirrten Blick zu sehen bekommt. Mein Vater hat Stress, viel davon, aber was macht er denn dagegen, außer es auszuhalten?
Sina: Chris ist ein absoluter Stress-Esser."
Christina: Da kann ich mich nicht rausreden. Die erste Zeit im Januar war so schrecklich, da bin ich froh, dass mein Körper das mitgemacht hat."
Bevor ich reagieren kann, springt Sina von der Bank auf, reicht mir eine Hand und lächelt.
Sina: Dann weiß ich, wo es für uns beide hin geht...
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Nameless to You
Fanfic»Es heißt immer, dass alles im Leben einen bestimmten Grund hat, aber manchmal würde ich diesen nur zu gerne wissen!« Ein anfangs normaler Herbsttag im November zerstört in diesem Fall eine gesamte Familie und keine erbrachte Mühe scheint das Ausmaß...