Kapitel 63

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Dieses Mal stehe ich zum Mittag in der Küche. Am Morgen war ich für meine zwei Stunden Musik LK in der Schule und bin danach gleich wieder hergekommen. Meinen Onkel hatte ich angehalten, dass er Papa bis 13 Uhr bitte beschäftigen sollte. Das hatte er geschafft, auch wenn mein Vater da nicht sonderlich begeistert gewesen sein wird. Es ist immerhin sein Geburtstag.

Der Tisch ist gedeckt. Eher nützlich als ansatzweise schön, aber da werden wir beide drüber hinwegsehen können...hoffe ich zumindest. Stitch liegt den ganzen Tag bereits im Wohnzimmer und kam nur zwischendurch einmal zu mir. Da auch ich weniger eine Idee hatte, was ich meinen Vater Gutes tun könnte, dachte ich wieder, dass wir zusammen noch Zeit verbringen, bevor er heute Abend wieder für einige Tage weg muss. Deswegen musste Andreas ihn ablenken. Er sollte davon nichts mitbekommen und am Ende hat auch alles so funktioniert, wie ich es geplant hatte. Zuletzt stelle ich die Gläser noch auf den Tisch und schaue mir das Gesamtbild an. Annehmbar würde ich sagen.

Ich lasse den Raum hinter mir und will gerade hoch in meine Etage laufen, damit ich mich nochmal ordentlich anziehen könnte. Als ich aber zur Haustür schaue, sehe ich, dass mein Vater bereits wieder zu Hause ist. Da war ich wohl etwas sehr in Gedanken versunken.
Christina: Du bist schon wieder hier?"
Chris: Komplett unnötig hatte mich Andreas nochmal losgeschickt. Das hätte auch noch bis nächste Woche warten können."
Seine Winterjacke hängt er an den Haken auf und die Schuhe, die etwas vom schmelzenden Schnee bedeckt sind, stellt er auf die Fußmatte, damit der Boden nicht darunter leiden müsste. Im Anschluss will er an mir vorbeigehen, in sein Zimmer, aber ich halte ihn davon ab, als ich nach seiner Hand greife und somit seine Aufmerksamkeit zu mir ziehe. Innerlich ist er noch immer etwas genervt, versucht mir das nicht zu zeigen.
Christina: Ich hatte Andreas gebeten, dass er dich etwas aufhalten soll."
Dass er das hinterfragt und gar nicht verstehen kann, steht ihm ins Gesicht geschrieben. Mit seiner Hand, die ich noch immer leicht festhalte, gehe ich mit ihm in die Küche, wo ich merke, dass er spürbar runterkommt.
Christina: Ich brauchte etwas Zeit für all das und du solltest es nicht mitbekommen und..."
Während er etwas lachen muss, schaue wir beide uns wieder an.
Christina: Alles Gute Papa."

Für einen Moment drücke ich ihn, bevor ich Papa dazu bringe, dass wir beide uns setzen sollten. Irgendwie kann ich mich auch glücklich schätzen, dass er genau dann gekommen ist, als ich fertig geworden bin. Das Essen musste nicht stehen, wurde nicht kalt und jetzt haben wir noch ein bisschen Zeit zusammen, bevor wir beide wieder uns um die Sachen kümmern müssen, die bei uns noch anstehen.

Bevor es am Abend für meinen Vater wieder los geht, muss er seine Sachen noch packen. Er könnte das auch einen Abend davor machen, aber das würde wieder nicht zu der verpeilten Art von ihm passen. Außerdem hängt er oft noch an seinem Mac oder über den Plänen für die Show im Juni, er hat gerade anderes zu tun. Ich hingegen packe meine Sachen für den Klavierunterricht, wo mich mein Vater heute mit nach Bünde nimmt und bevor ich los muss, haben wir noch unsere letzten Momente zusammen, bevor wir erstmal wieder voneinander getrennt sein werden. In den kommenden Wochen sollte ich mich wirklich mal langsam auf meine Prüfungen vorbereiten und auch mal schauen, was ich bitte nach dem Abi machen will. Wenn ich dort den Funken einer Idee hätte, wäre ich schon weiter, aber ich habe nichts.

Den Weg zur Halle kennt mein Vater bestimmt blind. Auch ich wusste immer, wo diese liegt, aber in der letzten Zeit war ich so oft mit hier, dass ich den Weg auch immer besser kenne. Heute bin ich nur etwa 30 Minuten mit hier, bevor ich los muss. Papa packt seine Sachen in den Bus, ich warte auf den Gelände und schaue nach, ob ich eine Mail oder eine wichtige Nachricht bekommen haben. Erst zusammen gehen wir in die Halle.

Mein Onkel steh mit einigen anderen aus der Crew von den wenigen Sachen, die noch eingeladen werden müssen. Manu und Levi kenne ich von denen am besten. Als ich zum Neujahr mit war, habe ich auch viel Zeit mit denen verbracht. Die beiden begrüßen mich auch stumm, wie es Andreas eben auch getan hat, aber eine andere Frau schaut mich einfach nur an. Ich habe sie vorher noch nie gesehen, aber Papa meinte auch, dass einige zum Ende des Jahres nicht mit waren.
Andreas: Dieses Mal sogar zu früh hier."
Mein Vater schlägt seinen Bruder leicht gegen die Schulter. Auch wenn er wegen mir diese Route fahren musste, Andreas hätte sich etwas Besseres ausdenken können.
Chris: Christina hat hier später noch Klavierunterricht, da darf ich nicht zu spät sein."
Meinen Vater lächle ich an und meinen Blick lenke ich bewusst von derjenigen ab, die ich nicht kenne. Meine ganze Körpersprache soll ihr zeigen, dass ich Ruhe will.
Andreas: Kennt deine Tochter sie schon?"
Mein Vater schüttelt den Kopf, dreht sich um und ich muss es ihm nachmachen. Es geht um die eine Person, die ich nicht kenne.
Chris: Das ist Sina, sie hatte jetzt nach Karina hier angefangen und fährt das erste Mal mit."
Deswegen muss sie mich trotzdem nicht so anstarren.

Werde ich mal mehr sein als einfach nur die Tochter von? Es ist jetzt nicht so, dass mir viele Menschen das Gefühl geben, aber immer wieder kommt man doch auf meinen Vater oder meinen Onkel. Christina spielt in ihrem eigenen Leben eine Nebenrolle.

Lange Zeit sitze ich bei meinen Vater und versuche die Gespräche zu verfolgen, was ich irgendwann einfach aufgebe. Bevor ich mich dann auf den Weg machen will, wollte ich noch etwas trinken, aber habe keinen Plan, wo ich hier hin müsste.
Chris: Ich müsste eben mit Manu und Levi etwas besprechen..."
Sina: Ich kann ihr das eben zeigen."
Mein Vater nickt und ich stöhne innerlich. Natürlich kann sie das. Mein Lächeln ist erzwungen, das bekommt sie auch mit, aber versucht sich nichts anmerken zu lassen. Schweigend laufe ich ihr nach, durch die Halle, durch die Türen und die Treppe rauf, bis wir bei den Büros ankommen, wo ich eben schnell was trinken kann.
Sina: Ein Glas Wasser reicht? Wir hätten auch noch etwas Kaffee."
Christina: Ich trinke den nicht schwarz. Immer mit etwas Milch."
Sina: Oh, gut zu wissen...du spielst Klavier?"
Christina: Seit etwas über vier Jahren. Nur für mich."
Sina: Cool. Hast du noch andere Hobbies"
Christina: Fußball."

Sina bekommt zu spüren, dass ich nicht reden will. Dass ich vor allem nicht mit ihr reden will. Die letzte, die mit meinen Vater gearbeitet hat, hatte auch kein ehrliches Interesse an mir. Wenn sie mit meinen Vater auskommen will, sollte sie es auch bei ihm probieren und nicht bei mir...

Nameless to YouWo Geschichten leben. Entdecke jetzt