Kapitel 46

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Sicht von Christina...

Die Tasse steht bereits auf dem Tisch, auch hat mein Vater bereits einige Rollos hochgelassen und Stitch etwas zum Fressen gegeben. Auf jeden Fall ist er bereits wach, aber er ist nirgends in der unteren Etage anzutreffen. Und draußen ist er auch nicht, das hätte ich bereits nach dem Aufwachen merken müssen.

Ich bin in der Nacht aufgeschreckt und bin ohne irgendwelche Erwartungen hier runtergekommen. Das habe ich einzig getan, damit ich das oben nicht so mitbekommen könnte. Fast direkt unter dem Dach konnte ich das Gewitter viel klarer wahrnehmen und daher bin ich runter gegangen. Stitch ist die Zeit bei mir geblieben und hätte es nicht aufgehört, dann wäre ich halt die ganze Nacht wach geblieben. Aber dann war mein Vater plötzlich da. Ich hätte nicht gedacht, dass er sich noch daran erinnern kann, oder dass er denkt, dass es heute noch so wie damals ist. An die Geschichte vor seinem Abitur konnte ich mich zuerst gar nicht mehr erinnern, aber als er es mir sagte, wusste ich es wieder recht genau. Dabei habe ich wenig Erinnerungen daran durch den Unfall. Aber dort sah ich wieder meinen 19-jähringen Vater vor mir sitzen, der eigentlich ganz andere Probleme hatte als das dummer Gewitter damals. Er war für mich da. Sowohl damals als auch jetzt in der Nacht. Meinem Papa bin ich dankbar und ich weiß, dass ich ihn im Halbschlaf auch so wieder genannt habe. Und ich will ihn definitiv niemals wieder mit seinen Vornamen ansprechen, denn ich bin froh, dass ich ihn als meinen Vater habe.

Gut, vielleicht sollte ich mich jetzt aber auch darum kümmern, meinen genannten Vater auch mal zu finden. Aus dem Wohnzimmer heraus und an Küche und seinem Zimmer vorbei geht es für mich hoch in meine Etage. Dort bemerke ich auch gleich, wo er hin ist. Auf dem Dachboden, denn ich laufe fast gegen die Leiter, die er dafür aufstellen musste. Zu Stitch gebe ich nur ein kurzes Zeichen, dass er nicht mal auf die Idee kommen soll mir nachzulaufen und danach geht es für mich auf die Leiter und rauf auf den Dachboden.

Das Licht hier oben ist wirklich ein Witz, das fand ich aber schon immer. Sonderlich oft bin ich hier zwar nicht, was sollte ich hier auch suchen, aber jedes Mal denke ich immer wieder genau an diese Sache.
Christina: Was machst du denn hier oben?"
Er muss mich vorher schon mitbekommen haben, was an der quietschenden Leiter liegen kann und an meinen Flüchen, dass ich dort nicht runterfallen will, aber das ist einzig eine Vermutung. Mein Vater schaut zwar einen Moment zu mir und lächelt etwas, aber dann kramt er weiterhin in der Kiste, die dort steht.
Chris: Ich suche hier unsere Schlittschuhe. Also ich weiß, dass ich die in eine Kiste getan habe und hier auf den Dachboden verfrachtet habe, aber ich habe keine Ahnung, wo genau die sein sollen."
Christina: Hinten neben der alten Truhe mit den Fotos. Ich hatte meine vor einem Monat bereits gesucht, da ich mit Bolin einmal in Herford laufen war."
Demonstrativ klappt er die Ecken des Kartons wieder um und schaut zu mir nach hinten. Ich hingegen verkneife mir das Lachen, weil seine Klamotten zum Teil mit einer guten Ladung Staub bedeckt sind. Sein Blick – das hättest du mir auch früher sagen können – reicht als Antwort auch bereits aus.

Habe ich danach auf eine genauere Info gehofft, was er heute oder morgen vor hat? Definitiv. Aber habe ich zugleich auch vergebens darauf bisher gewartet? Ja!
Christina: Kannst du mir jetzt sagen, was du machen willst? Also es ist ja zum Teil offensichtlich, aber was willst du machen?"
Chris: Wirst du doch früh genug schon sehen."
Unten in der Küche stellt er seine gefundenen Schlittschuhe an die Wand und läd dadurch meinen Kater dazu ein, dass er diese einmal genau untersucht. Im Anschluss nimmt er vom Tisch seine Tasse und gießt sich einen Kaffee ein.
Chris: Willst du auch eine Tasse?"
Christina: Ich würde viel lieber wissen, was du für den Tag geplant hast. Und auch, was morgen ist, weil ich keinen Plan habe, wie das mit deiner Tour abläuft."
Chris: Du bist echt unfassbar neugierig."
Sein freches Grinsen macht mich auf der einen Seite verrückt und zum anderen will ich selbst gerade nicht darüber lachen müssen. Aus einen der Schränke nimmt er eine Tasse, damit er danach wohl auch mir einen Kaffee eingießen kann.
Chris: Ich gebe dir einfach mal eine Tasse."
Christina: Papa! Ich möchte sehr gerne wissen, was wir heute machen. Hier zu Hause gehe ich langsam wirklich ein."

Mitten in der Sache, die er gerade machen wollte, hört er plötzlich auf und schaut zu mir hin. Ich weiß, dass ich nichts falsches gesagt habe, aber dass ich etwas gesagt habe, was ich seit einigen Jahren nicht mehr zu ihn gesagt hatte. Ich habe ihn wieder Papa genannt. Ich habe irgendwann aufgehört, weil ich ihn als solchen nicht angesehen hatte und ich erinnre mich auch noch sehr genau an seinen Blick, als ich ihn einfach bei seinen Namen genannt hatte. Das genaue Gegenteil von dem, was er mir jetzt zeigt. Damals war er schockiert darüber, verletzt, als wollte er dagegen etwas sagen und jetzt lächelt er wieder so typisch für ihn. So sehe ich dich lieber.

Als mein Vater zu einem Satz ansetzen möchte, muss er ein wenig lachen, schenkt mir danach trotzdem einen Kaffee ein und gibt mir endlich meine Antwort, als er mir die Tasse reicht.
Chris: Ich dachte, dass wir heute nach Herford zum Schlittschuhfahren gehen. Wenn ich auf Tour bin, habe ich leider weniger Zeit für dich und da es dir wieder ganz gut geht, dachte ich, dass wir einfach mal raus gehen könnten. Wenn du darauf keine Lust hast..."
Christina: Nein, ich würde mich freuen, wirklich."
Es ist das, was ich immer wollte. Einen Tag haben, die normale Familien auch haben, auch wenn unsere kleine Familie wohl recht kaputt ist. Mama ist nicht mehr da und das, was jetzt zwischen uns ist, baut sich auch noch immer auf. Aber es ist alles, was ich mir in den Jahren immer wieder gewünscht hatte.
Christina: Ich würde nur gerne noch etwas frühstücken oder...fast zum Mittag essen und dann könnten wir auch schon los."
Chris: Das klingt gut. In der Zeit kann ich eine Waschmaschine fertig machen, damit ich auch nichts vergesse, was morgen mitkommen müsste."
Christina: Das wäre für dich nicht sehr gut. Ich beeile mich."

Mein Brötchen habe ich im Ofen aufgebacken und in der Zeit habe ich auch die Sachen zusammengesucht, die ich für den Tag brauchen könnte. Nach dem kurzen Frühstück, ich habe mich wirklich beeilt, bin ich ins Badezimmer gegangen, habe mich für den Tag fertig gemacht und zusammen mit meinen Vater, der danach auch wieder fertig war, habe ich mich dann im Flur unten angezogen. Dabei habe ich mich warm eingepackt, ich will es nicht herausfordern, und habe die letzten Sachen in meine Jackentasche gepackt. Im Rucksack meines Vaters waren unsere Schlittschuhe und so ging es dann auch für uns los...

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