Kapitel 25

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Meine Hand rutschte unter Johannes' Oberteil und fuhr über seine Brust, während er den Kuss immer intensiver werden ließ, nachdem er zuvor ein paar Küsse an meinem Hals verteilt hatte. Ich spürte die entstehende Gänsehaut und wollte ihm gerade das Shirt ausziehen, als Johannes plötzlich nach meinem Handgelenk griff. "Jay, das... Ich kann das noch nicht", murmelte er, schob meine Hand weg und zog sich sein Oberteil wieder richtig. "Tut mir leid..." Er drückte sich von mir weg und fuhr sich durch die Haare; Gott, das machte mich jedes Mal aufs neue unglaublich schwach.
"Das muss dir doch nicht leidtun", sagte ich ernstgemeint und lächelte ihn an, was er zögerlich erwiderte. Es war eine seltsame Situation und dass er nervös war, konnte ich nur all zu gut nachvollziehen; da war er nämlich sicherlich nicht allein.

"Oh Mist, Kris hat mir geschrieben...Er fragt, ob ich Lust habe, zum Proberaum zu kommen", murmelte ich, als ich kurze Zeit später auf mein Handy sah. "Wollen wir?" - "Gerne", lächelte Johannes. "Vielleicht könnte ich auf dem Rückweg ein paar Klamotten holen..."
Ich rief Kris an, um ihn Bescheid zu geben, dass ich in einer halben Stunde da sein könnte und dass Johannes auch wieder zurück sei und mit dabei wäre. Er wollte sich darum kümmern, dass Niels auch vorbei kommt und so legten wir auf, ich sprang schnell noch einmal unter die Dusche und machte mich anschließend mit Johannes auf den Weg zum Proberaum. "Hey, Jay!", hatte jener mir noch zugerufen, als ich schon im Treppenhaus war. Er warf mir einen Schal zu und grinste: "Du hast da was." Ich holte mein Handy raus und schaltete die Frontkamera ein; ich hatte keine Ahnung, wie ich diesen riesigen Knutschfleck eben im Bad übersehen konnte.

Vor unserem Proberaum konnten wir Niels und Kris schon Gitarre spielen hören; es war wohl irgendeine spontan ausgedachte und improvisierte Version von 'Immer in Bewegung'. Ich legte meine Hand an die Türklinke, als Johannes mich zurückhielt: "Da es mir gleich tierisch schwer fallen wird, die Finger von dir zu lassen..." Er drückte seine Lippen ganz sanft auf meine; wir waren wahrscheinlich schlimmer, als jedes frisch verliebte Teenager-Pärchen, die man aus irgendwelchen Highschool Filmen kannte.

"Zurück im Lande?", begrüßte Kris Johannes, während sie sich umarmten. Niels nickte uns nur kurz zu; er dachte sich wahrscheinlich seinen Teil, als Johannes und ich zusammen aufkreuzten und außerdem war er selbst ziemlich wütend auf Johannes gewesen, als er hörte, dass dieser einfach mit Anna weggefahren ist.
Niels warf mir in einem unbeobachteten Moment einen fragenden Blick zu; ich schüttelte einfach mit dem Kopf. Es war Johannes' Entscheidung, wann er von der Trennung von Anna und von uns erzählen wollte. Solange würde ich einfach meinen Mund halten und allen Fragen ausweichen.

"Seit wann bist du wieder zurück?", fragte Kris Johannes. "Seit gestern", erklärte dieser nur kurz. "Wollen wir dann anfangen? Ich hab richtig Lust, endlich mal wieder zu spielen." Ohne eine Antwort abzuwarten, schnappte er sich schon eine Gitarre, deutete Kris und Niels, es ihm gleichzutun und mir, dass ich mich ans Schlagzeug setzen soll.
Wir spielten eine Weile und es machte unglaublich Spaß. Seit der Veröffentlichung unseres neusten Albums, hatten wir alle kaum Motivation, zu spielen, da wir uns für die Aufnahme unseres kleinen 'Meisterwerkes' echt reingehangen hatten und danach erstmal keine Lust mehr hatten. Es war jetzt das erste mal seit langem, dass wir einfach aus Spaß gespielt haben; wir improvisierten, alberten herum und jeder hatte mal sein Solo.

"Okay, das reicht, oder?", lachte Niels irgendwann und legte bereits seine Gitarre beiseite. Wir waren alle verschwitzt und erschöpft, weshalb wir uns im Nebenraum auf die paar Sofas fallen ließen. Ich bemerkte, wie Kris mich schief grinsend von der Seite ansah; "Was ist?", fragte ich irritiert. "Wilde Nacht gehabt?" Reflexartig fasste ich mir an den Hals; unter dem Schal wurde mir mitten während der Session einfach zu warm, sodass ich ihn - ohne darüber nachzudenken - abgelegt hatte. Im Augenwinkel sah ich, wie Johannes blass wurde, während ich hingegen rot anlief.
"Muss dir doch nicht peinlich sein; wurde ja langsam mal wieder Zeit", schmunzelte Kris. "Kennen wir sie?" Langsam und mit aufgerissenen Augen schüttelte ich mit dem Kopf. 'Bleib ruhig, Jakob!', befahl ich mir innerlich. "Ist es was ernstes?", hakte er weiter nach. Ich zuckte mit den Schultern.
Niels' Blicke durchlöcherten mich quasi. Spätestens jetzt war mein Kopfschütteln von eben hinfällig; jetzt konnte er eins und eins zusammenzählen. "Naja, nach deinem Durchhänger in den letzten Tagen, sollst du deinen Spaß haben", fügte Kris noch an. "Wie war der Urlaub mit Anna?", nutzte Niels Kris' Vorlage, um sich mit eiserner Stimme und kalten Blick an Johannes zu wenden, der etwas verwirrt aufschreckte.
Das konnte nicht Niels' Ernst sein. Musste das sein? Musste er Johannes noch einmal unter die Nase reiben, dass der Urlaub Grund für den erwähnten Durchhänger war? Ich atmete genervt aus, während Johannes zu stammeln begann, schließlich den Blick senkte und tief Luft holte: "Früher oder später müsst ihr es eh erfahren...Wir... Wir haben uns getrennt", murmelte er dann, stand stumm auf und verließ - ohne jemandem von uns noch einen Blick zu würdigen - den Raum.

Bis zum letzten MomentWo Geschichten leben. Entdecke jetzt