Kapitel 31

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Das gleichmäßige Senken und Heben von Johannes' Brustkorb war das erste, was ich am nächsten Morgen wahrnahm. Ich blinzelte ein paar mal, ehe ich meine Augen öffnete und realisierte, dass letzte Nacht tatsächlich stattfand. Ich fuhr mit meiner Hand über Johannes' bloßen Oberkörper und weckte ihn somit auf, was ich an einem Kuss auf meine Haaren spürte.

"Guten Morgen", flüsterte ich, als ich mein Kinn auf seine Brust stützte, um ihn anzusehen, und erhielt ein breites Lächeln als Antwort. Genau dieses Lächeln war es, dass mich immer wieder auf etwas Gutes hoffen ließ. "Gut geschlafen?", fragte er mit seiner kratzigen Morgenstimme. "Besser, denn je", gab ich schmunzelnd zurück, woraufhin Johannes' Wangen sich leicht rosa färbten. Er legte seine Hände in meinen Nacken und zog mich vorsichtig zu sich rauf, um mich sanft zu küssen; es waren tausendmal leichtere Küsse, als noch vor wenigen Stunden. Und sie fühlten sich genauso gut an.

"Gott, es fällt mir gerade echt schwer, das zu unterbrechen, aber...", nuschelte ich in unsere Küsse, als Johannes mich auf sich zog. "Ich habe Sterbenshunger." - "Du bist so ein Momentzerstörer, Jay." Ich zuckte bloß stumm lächelnd mit den Schultern, drückte noch kurz meine Lippen auf seine und stand dann auf, ehe ich mir etwas anzog und Johannes schmollend im Bett liegen ließ: "Das gibt Rache!", rief er mir hinterher.

"Riecht lecker." Ich schreckte panisch um, während ich gerade Spiegeleier machte und Johannes' Stimme hinter mir hörte; er stand schelmisch grinsend am Türrahmen zur Küche angelehnt. "Johannes! Verdammt, lass den Mist mit dem plötzlich auftauchen mal!" Er lachte los und zuckte unschuldig mit den Schultern: "Ich hab' keine Ahnung, wovon du redest." Es war wirklich grauenhaft, selbst nach 12 Jahren noch auf dieselbe Art und Weise erschreckt zu werden. Er war vermutlich besser im anschleichen, als jeder CIA Agent.
"Deckst du den Tisch?", fragte ich, nachdem er sich mit einem kurzen Kuss entschuldigt hatte und ich mich wieder zum Herd drehte. Johannes schlang seine Arme von hinten um meine Mitte und stützte sein Kinn auf meine Schulter: "Mhhm, mach ich gleich." Er küsste meinen Hals; sein Bart kitzelte, sodass ich leise kichern musste.

"Ich habe übrigens nachgedacht", flüsterte Johannes und ich wartete neugierig auf sein Weiterreden. Doch stattdessen löste er sich von mir und begann, Teller und Besteck auf den Tisch zu verteilen.
"Worüber?", hakte ich also nach und lehnte mich gegen die Arbeitsplatte, während ich Johannes beobachtete und die Spiegeleier in der Pfanne hinter mir weiter brutzelten. "Letzte Nacht; das...das war ein verdammt großer Schritt, oder?" Ich nickte schulterzuckend und legte erwartungsvoll meine Stirn in Falten. Keine Ahnung, was er mir jetzt sagen wollte.
"Ich... Ich hätte jedenfalls nicht mit dir geschlafen, wenn ich mir nicht sicher gewesen wäre, dass ich es später nicht bereuen würde." - "Ich auch nicht", warf ich ein, da es wie eine Art Vorwurf klang. Natürlich wollte ich auch vor ein paar Tagen bereits mit ihm schlafen, doch da war ich mir ebenfalls schon absolut sicher, dass es kein Fehler wäre. Ich hatte Johannes' Bitte akzeptiert und gewartet, bis er soweit war.
"Das meinte ich auch gar nicht", verteidigte sich Johannes und fuchtelte mit den Händen rum, was wahrscheinlich beschwichtigend wirken sollte, jedoch einfach nur vollkommen bescheuert aussah und mich schmunzeln ließ. "Ich will damit nur sagen, dass die Tatsache, dass ich bereit dazu war, mir gezeigt hat, dass ich ehrlich an eine Zukunft für dich und mich glaube." - "Was willst du damit sagen?" Ich neigte meinen Kopf leicht zur Seite und schaute ihn erwartungsvoll an, er kam einen Schritt auf mich zu und nahm meine Hände in seine: "Vielleicht...Wir sollten es den anderen sagen. Zumindest angefangen bei unseren engsten Freunden und unseren Familien. Vorausgesetzt, du bist auch bereit dazu." Seine Stimme war von Angst unterlegt, aber gleichzeitig klang sie auch fest und stark. Als ob es ihm wirklich ernst sei.
Meine Mundwinkel zogen sich unkontrollierbar und wie von selbst nach oben und ich nickte: "Das bedeutet mir eine Menge, Johannes", flüsterte ich, wobei ich versuchte, nicht all zu überschwänglich zu klingen. Nun lächelte auch er und schloss die Lücke zwischen unseren Gesichtern, bis ich wieder seine unglaublich weichen Lippen auf meinen spürte.

"Wollen wir es unseren Freunden zuerst sagen? Morgen?", flüsterte Johannes, als er sich von mir löste und seine Stirn gegen meine legte. "Morgen klingt super. Saufabend?" - "Gute Idee; wenn sie scheiße reagieren sollten, können wir sie einfach abfüllen, bis wir sicher sind, dass sie es am nächsten Tag vergessen haben", schmunzelte Johannes, wofür er einen leichten Schlag gegen den Hinterkopf bekam und er nur noch fieser grinste. "Nein, war bloß 'n Scherz", ruderte er zurück. "Sie werden es akzeptieren." Ich nickte, wobei mir ziemlich flau im Magen wurde. Natürlich wusste ich, dass niemand von ihnen irgendwie homophob war, doch trotzdem konnte ich ihre Reaktionen nicht einschätzen und immerhin musste es auch seltsam für sie sein, zwei ihrer besten männlichen Freunde plötzlich als Paar zu sehen - vor allem, wenn es da noch Anna gab und gerade mal Niels und Kris wussten, dass sie schon nicht mehr Johannes' Freundin war.

Bis zum letzten MomentWo Geschichten leben. Entdecke jetzt