Kapitel 57

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Johannes' Sicht

Die ersten Konzerte unserer Immer in Bewegung-Tour waren gespielt und erfüllten die gesamte Band mit einer Menge Stolz. Das Publikum war super, uns passierten kaum Patzer und scheinbar kam unser neues Album auch live sehr gut an. Umso mehr Spaß machte die ganze Sache dann natürlich auch und ich genoss jede einzelne Sekunde auf der Bühne.
Doch auch Jakob und seine Laune entgingen mir nicht; er wirkte glücklich, lachte viel und bei einem Blick in seine strahlend blauen Augen, wusste ich, dass er es nicht nur spielte. Er war unbeschwert; zumindest für diese Zeit und das genügte mir vorerst. Er sollte wie jeder andere die Tournee in vollen Zügen genießen können und in ein paar Jahren mit lauter positiven Gedanken daran zurückdenken können. Kein einziges Mal sollte Lukas' Name in seinem Kopf auftauchen - nicht, während diesen zwei Wochen, aber scheinbar passierte auch nichts dergleichen und das war eine ungemein große Erleichterung für mich.

Unser fünftes Konzert fand in Dortmund statt. Es war überwältigend und mit einer riesigen Dosis Adrenalin, einem laut jubelnden Publikum und verschwitzen Hemden verließen wir die Bühne. Für den nächsten Tag stand kein Konzert an und so würden wir über Nacht in Dortmund bleiben und dort in meinen Geburtstag reinfeiern. Dementsprechend zogen wir direkt nach dem Konzert in eine der zahlreichen Kneipen am Stadtrand und stießen an.
Es war kurz vor Mitternacht und die gesamte Crew, die mitgekommen war, begann, den Countdown runterzuzählen. Doch mein Blick suchte nur Jakob, als mir plötzlich sämtliche Leute um den Hals fielen und mir gratulierten.
"Wo ist er?", fragte ich Kris, der sich gerade lachend von mir löste. "Reichen wir dir etwa nicht?" Empört stemmte Kris seine Fäuste in die Hüften und schob seine Unterlippe vor. "Quäl ihn doch nicht so", lachte Niels und legte seinem Kumpel einen Arm um die Schultern, bevor er mich ansah: "Er hat eine Überraschung für dich."

Nachdem ich Niels' Wegbeschreibung gefolgt war, erreichte ich eine kleine Lichtung in einem Wald, der nur wenige hundert Meter von der Kneipe entfernt lag. Mittendrin lag eine große Decke auf dem Boden, um die herum einige Gartenfackeln aufgestellt waren und etwas Licht spendeten. Jakob stand leicht lächelnd vor der Decke und spielte nervös mit seinen Hände vor seinem Oberkörper, während ich immer noch etwas perplex auf ihn zuging.
"Jay, was..." Bevor ich weiter sprechen konnte, umfasste er mein Gesicht und küsste mich sanft, aber bestimmt. Seine kühlen Lippen bewegten sich synchron zu meinen und ließen in mir drin ein kleines Feuerwerk entfachen. "Alles Gute zum Geburtstag", flüsterte Jakob, als er sich von mir gelöst und seine Stirn gegen meine gelehnt hatte. Ein Lächeln huschte über mein Gesicht und ich bedankte mich mit einem weiteren kurzen Kuss.
Jakob griff nach meiner Hand und drehte sich der Decke zu, auf der - wie ich jetzt erst entdeckte - ein großer Korb stand: "Picknick gefällig?" - "Sehr gerne", grinste ich mindestens so breit, wie er, und so setzten wir uns auf die alte Wolldecke, während mich der Gedanke nicht losließ, dass hinter all dem hier noch mehr steckte, als die Intention, nur ein Mitternachts-Geburtstags-Picknick zu veranstalten. Schmunzelnd schüttelte ich unbemerkt mit dem Kopf, als Jakob etwas aus dem Korb holte und scheinbar allen Ernstes glaubte, dass ich nicht wusste, was er vorhatte.
"Ich dachte, Wein und etwas Obst wäre vielleicht zu langweilig und gewöhnlich - also habe ich mich für Bier, Jägermeister und Pizza entschieden", stellte er mir das mitgebrachte 'Menü' vor, wobei er sich ein Grinsen verkneifen musste. Ich hingegen lachte kurz auf und beugte mich zu ihm 'rüber: "Ich hätte mich auch über alten Thunfisch aus der Dose und Orangensaft gefreut. Hauptsache, wir haben mal wieder etwas Zeit zu zweit." Ich küsste ihn, nur um direkt im Anschluss seinen glücklichen Gesichtsausdruck zu sehen.

"Hat's dir geschmeckt?" Jakob packte die leeren Pizzakartons weg und sah mich erwartungsvoll an. "Danke, Jay", flüsterte ich einfach und sah ihm dabei tief in seine Augen, deren blau von den hellleuchtenden Fackeln angestrahlt wurde. "Das war wirklich eine schöne Überraschung." - "Es freut mich, wenn es dir gefallen hat", lächelte er und rutschte augenblicklich näher an mich ran. Meine anfängliche Skepsis schien sich zu bestätigen, als er sich ein Stück weit zu mir 'rüberbeugte. "Und du bist dir sicher, dass du auch keine Hintergedanken bei der Aktion hier hattest?", fragte ich schmunzelnd und Jakobs dreckiges Grinsen war Antwort genug. Er schüttelte jedoch mit dem Kopf, als ich schon seinen warmen Atem auf meinen Lippen spüren konnte, welcher kurze Zeit später von seinem weichen Lippenpaar ersetzt wurde. Ich lächelte in den zärtlichen Kuss hinein und öffnete Jakobs Hemd, strich es ihm von seinen Schultern, ohne, dass wir uns lösen mussten. Er tat es mir gleich, sodass wir beide oberkörperfrei auf der Decke saßen, unsere Lippen vereint, als wären sie füreinander bestimmt, unser beider immer schneller werdender Puls, der dem Takt eine wunderschönen Melodie glich. Ich ließ mich langsam nach hinten fallen und zog Jakob mit mir, sodass er auf mir lag. Quälend langsam befreiten wir uns auch von unserer restlichen Kleidung, gingen sanfter miteinander um, als jemals zuvor.

Seine nackte Haut auf meiner hinterließ ein angenehmes Kribbeln an jeder Stelle, an der er mich berührte. Es gab nichts, das diesen Moment hätte ruinieren können. Da gab es nur uns; Jakob und mich und unser Verlangen, das von Liebe geprägt war. Seine Berührungen ließen mich elektrisieren, mich in sämtliche Spähren steigen. Und wieder einmal stellte ich fest, wie sehr ich Jakob liebte. Wie unerbittlich ich mich nach ihm sehnte. Und mir wurde ein weiteres Mal bewusst, dass ich diesem Mann auf ewig verfallen sein würde. Und genau dieser Gedanke, ließ mein Herz noch schneller schlagen und meine Mundwinkel noch weiter nach oben wandern, als ich mein Gehirn abschaltete und unter Jakobs Berührungen all meine Sinne verloren gingen.

Bis zum letzten MomentWo Geschichten leben. Entdecke jetzt