♦ Benjamin ♦
„Was erhoffst du dir eigentlich von diesem Schauspiel?", frage ich ohne Umschweife. Ich bin zu müde für irgendwelche Spielchen. Auch wenn es mir Spaß macht sie zu triezen. Mit langsamen Schritten gehe ich auf sie zu, lasse sie keine Sekunde aus den Augen. Ihr Rücken presst sich stärker gegen die Lehne, als könnte sie so vor mir fliehen, ihre Haare stehen wirr in alle Richtungen ab, lassen sie noch jünger wirken, als sie ist. Mit Genuss verfolge ich ihre Lippen, die sich bebend aufeinanderpressen, als ich das Bett umrunde. Die Decke um ihre Brust rutscht ein wenig nach unten und enthüllt mir eine Sicht auf ihre wohlgeformten Brüste, die sich unter einem dünnen Top abzeichnen. Im Nachhinein kann ich Jesus nicht mal verübeln, dass er etwas andere Methoden als ich anwenden wollte, um sie zum Reden zu bringen. Sie ist bildschön. Ihr zarter Körper weist Kurven an den richtigen Stellen auf und ihre weiße Haut, blass wie der Mondschein, wirkt makellos. Und diese Unschuld gepaart mit dem Feuer ihrer Katzengrünen Augen kann einen Mann problemlos seine guten Manieren vergessen lassen. Es erweckt einen primitiven Trieb, sie zu packen und ihr genau diese Unschuld auszutreiben. Nur ist das nicht mein Stil.
Ich mag es, wenn sie vor Lust stöhnen. Nicht vor Angst.
Mein Kopf neigt sich zur Seite, als ich neben ihr stehen bleibe und den Pudding auf dem Nachtkästchen abstelle. Ich verfolge ihren Blick, der dem kleinen Plastikschälchen folgt und weiß genau, dass sie vor Hunger umkommen muss. Alleine deshalb kann ich ihre Willensstärke nur bewundern. Möge sie auch noch so dumm sein. Aus den Informationen meiner Nachforschungen sollte sie das eigentlich nicht sein, sie hat als Schulbeste ihren Abschluss gemacht, war engagiert in jeder Form und wenn sie nicht hier gelandet wäre, hätte sie wohl in einigen Monaten ihr Stipendium am Trinity College in Dublin angetreten. Eine der besten Unis in Großbritannien. Eine Sekunde erlaube ich mir vorzustellen, wie sie auf einer Studentenparty feiert. Wie sie dort von jungen Männern umgarnt wird, die ebenso ihrem Charme unterliegen, wie meine Arbeiter hier. Doch ich verbiete es mir. Ihre Zukunft sieht nun anders aus. Kein Studium, keine wilden Partys. Und auf irgendeine verquere Art und Weise beruhigt mich das sogar.
Der Löffel in meinen Fingern wandert hin und her und ich erkenne an ihrem immer dünner werdenden Hals wie sie schwer schluckt, ehe sie mich wieder mit festem Blick fixiert. Ihre Gesichtszüge mögen verspannt sein, sie sollen mir zeigen wie sehr sie mich verachtet. Doch in ihren Augen ist unschwer zu erkennen, dass sie mich noch immer fürchtet. Was dann wohl doch zeigt, dass sie klug ist.
„Glaubst du, ich werde dich vor Mitleid gehen lassen, bevor du verhungert bist?" Ein raues Lachen geht über meine Lippen. Wieder schluckt sie und befeuchtet hektisch ihren Schmollmund. Eine verlangende Woge rauscht durch meinen Körper, die ich versuche mit meinem Ärger über ihre Sturheit zu verdrängen. Auch wenn mich das Bild von ihr nicht mehr loslässt, wie sie mit zerrissener Bluse und gefesselt auf einem Stuhl sitzt. „Das wird nicht passieren." Ich räuspere mich. „Du hast es also selbst in der Hand, ob du deine Lage endlich akzeptierst, oder ob du hier einen langen, qualvollen Tod sterben möchtest." Sie zuckt sichtlich zusammen und ihre Augen huschen kurz zu dem Pudding auf dem Nachtkästchen. Bevor ich überhaupt die schnelle Bewegung ihres Armes realisieren kann, hat sie sich die kleine Verpackung geschnappt, und ich ärgere mich über mich selbst. Wo ist meine Vorsicht geblieben? Meine Voraussicht, jederzeit mein Gegenüber zu taxieren? Hätte sie sich ein Messer von den Mahlzeiten unter die Finger gerissen, hätte sie es mir problemlos in die Rippen stechen können.
Jedoch scheint sie mich gar nicht mehr zu bemerken. Ihre Finger reißen den Deckel ab und ich muss mir ein Lachen verkneifen, als sie mich auffordernd ansieht und die Hand nach dem Löffel ausstreckt.
Dieses Biest hat so viel Feuer, wie ich es noch bei keiner Frau zuvor erlebt habe.
Mit einem schiefen Grinsen reiche ich ihr den Löffel, verschränke die Arme vor der Brust und beobachte, wie sie sich gierig über die Schokolade hermacht. Sie entspannt sich. Scheint alles um sich herum zu vergessen und verschlingt den Pudding in Rekordzeit. Das leise Seufzen, tief aus ihrer Kehle, fährt direkt zwischen meine Beine und lässt meinen Schwanz zucken. „Braves Mädchen", lobe ich sie. Für einen kurzen Moment schließt sie die Augen, stellt den leeren Becher auf dem Nachschrank ab und funkelt mich wütend an. Die letzten Tage sind immer so verlaufen. Mit dem Unterschied, dass sie weder gegessen hatte, noch so offenkundig ihre Verachtung mir gegenüber zeigte. Ich muss aber auch zugeben, dass ich sie bisher auch immer angeschwiegen hatte. Sie soll brechen. Sie soll lernen, dass sie das zu tun hat, was ich ihr sage. Und sie soll verstehen, dass jeder Widerstand zwecklos ist. Entweder sie fügt sich, oder ich muss sie doch noch töten. Egal, ob sie es schafft, jedem auf meinem Anwesen den Kopf zu verdrehen, was sie bei Diego ja schon bewiesen hatte. Ich vergab ihm, weil er noch zu jung ist, um sich seiner Taten wirklich bewusst zu sein. Auch wenn sie selbst bei mir einen minimalen Funken von Gewissen aktiviert. Etwas, was ich bis daher noch niemals zuvor verspürt hatte.
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Afraid of you
Mystery / ThrillerKolumbien. Gefangen bei einem der einflussreichsten Männer des Landes. Und es gibt kein Entkommen. "Auch er sieht mir direkt in die Augen. Er verzieht keine Miene. Kalt, wie die Farbe seiner Augen. Hart, wie die Muskeln an seinem Körper...