♦ Emily ♦
Ich bin noch immer so erschlagen von all den Eindrücken die erbarmungslos auf mich hinabprasseln, sodass ich es zulasse, dass Ben meine Hand nimmt und mir einen Kuss auf den Handrücken gibt. Er lässt mich dabei nicht aus den Augen, fesselt mich mit seinem Blick und für einen kurzen Moment glaube ich, dass die Zeit einfach stehen geblieben ist. Die Berührung seiner Lippen auf meiner Haut löst ein Prickeln aus das sich durch meinen ganzen Körper zieht. Von den Haarspitzen bis in die Zehen. Ich erschaudere, versunken in den Tiefen seiner eisblauen Augen, die meine Reaktion genauestens verfolgen und ich schaffe es irgendwie zu mir zu kommen und mich ihm zu entziehen. Das Lächeln auf seinen Lippen bleibt bestehen, er räuspert sich, seine Hand, die eben noch meine gehalten hat, wandert zu seinem Jackett um zu überprüfen ob sein Knopf geschlossen ist.
Mein Kopf schwirrt und ich würde am liebsten so viel sagen, doch mein Verstand kann keinen einzigen Satz formulieren. Weder was das hier soll. Was er sich einbildet. Wieso er sich eine solche Mühe macht. Und wieso zur Hölle ich sogar das tragen soll, was sich der werte Herr einbildet. Er behandelt mich wie eine Marionette und wechselt so schnell seine Strategien, dass ich mich in den Fäden seiner Führung verheddere. Seine Launen sind wie ein wilder Sturm, der immer dann aufkommt, wann immer man nicht darauf vorbereitet ist. Er macht mich verrückt – alles von ihm. Das biestige Monster in ihm, die arrogante Art und Weise, als gedenkt er ihm gehöre die ganze Welt, und seine damit eingehende Ausstrahlung, die mich vom ersten Augenblick an in die Knie gezwungen hat.
Worte formen sich auf meiner Zunge und ich trete unbeholfen einen Schritt zurück, hebe mein Kinn und straffe meine Schultern. „Was ist das hier?" Meine Hand wischt über den Raum hinweg. Jedoch vermeide ich, ihm direkt ins Gesicht zu sehen. In meinen Gedanken hat sich ein Bild von ihm gebildet, das hier nichts zu suchen hat. Eine Hälfte von ihm mimt den kaltblütigen Mörder, den ich gestern erst wieder zu sehen bekommen habe und die andere Hälfte wird beherrscht von dem wunderschönen Äußeren das er nun Mal ist. Das ist nicht zu leugnen.
„Nennen wir es ein Friedensangebot", sagt er mit amüsierter Stimme und entgegen meiner Vorsätze, schnellt mein Blick zu ihm. Schnaubend verschränke ich die Arme vor der Brust und schüttle mit dem Kopf. „Ein Friedensangebot? Das ist lächerlich, einfach nur lächerlich." Er lacht, ein dunkler Laut der Vibrationen in meiner Brust verursacht.
„Sei nicht so stur, Emily. Heute ist dein Geburtstag und ich dachte mir, es wäre in deinem Interesse diesen Tag zu feiern, anstatt in deinem Zimmer vor dich hinbrüten zu müssen." Ben tritt einen Schritt auf mich zu, doch diesmal weiche ich nicht zurück, sondern stelle mich seiner Autorität, indem ich ihn ironisch angrinse. Bitterkeit, Frust, Wut steigen in mir auf und ich würde ihm am liebsten eine schallende Ohrfeige verpassen. Wenn er wirklich glaubt, ich könnte hier mit ihm irgendetwas feiern, dann ist er noch arroganter als ich bisher annahm.
„Feiern nennst du das? Indem du mich zwingst wie ein Püppchen hergerichtet und angezogen zu werden? Indem du so tust, als wäre ich nicht deine Gefangene und du kein Monster, dass mich erst vor wenigen Stunden gezwungen hat, dabei zuzusehen wie du jemanden zuerst auf qualvolle Art gefoltert hast und ihn dann ohne mit der Wimper zu zucken tötest? Das verlangst du von mir?" Ich werde mit jeder Silbe lauter, meine Stimme ist piepsig und überschlägt sich und ich blinzele angestrengt meine Tränen hinfort, die sich schon wieder in meinen Augen sammeln. Erschrocken japse ich nach Luft, als er mich plötzlich am Ellenbogen packt und zu sich heranzieht. Seine Hand greift meinen Nacken, die andere hat sich über meinem Steißbein platziert und ich verfluche meinen Körper dafür, dass seine Berührung ein Kribbeln durch meine Eingeweide sendet.
Ich bin ihm und seinem Blick ausgeliefert und meine Hände zittern, als ich sie in einem erfolglosen Versuch ihn wegzuschieben auf seine Brust lege.

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Afraid of you
Mistério / SuspenseKolumbien. Gefangen bei einem der einflussreichsten Männer des Landes. Und es gibt kein Entkommen. "Auch er sieht mir direkt in die Augen. Er verzieht keine Miene. Kalt, wie die Farbe seiner Augen. Hart, wie die Muskeln an seinem Körper...