♦ Benjamin ♦
Vor mir befindet sich das Foyer, nun sieht der Boden nicht mehr allzu auf Hochglanzpoliert aus. Patronenhülsen, Glassplitter, Messer liegen verteilt auf dem edlen Marmor, der alle paar Meter Blutflecken und Leichen aufweist. Mir ist alles scheiß egal. Mein Hirn folgt nur noch einem Befehl; Emily finden!
Knurrend ziele ich auf einen Kerl im rechten Eck, verlasse meine Deckung und marschiere mit zusammengekniffenen Augen durch die Eingangshalle. Durch einen Schall hindurch realisiere ich Diegos Schritte die mir folgen, höre einen Schuss, Geschrei, noch ein Schuss. Rechts von uns explodiert in einiger Entfernung eine Handgranate, Hitze sammelt sich auf meiner Haut und ich kann förmlich die Haare auf meinen Armen schmelzen spüren. Kurzzeitig kann ich nichts mehr hören, ein Pfeifen tönt in meinen Ohren, leichter Schwindel lässt mich schwanken. Doch nichts kann mich aufhalten. Solange sich keine Kugel in mein Herz bohrt, werde ich nicht aufgeben.
Feuer knistert um mich herum und dunkle Rauchwolken erschweren mir das Sehen, während ich mich an der Wand zum großen Festsaal halte, bis ich an der Tür ankomme. Vorsichtig spähe ich hinein und muss leicht Schmunzeln. Die Wand zur Terrasse hin ist nicht mehr existent, Tische liegen im Raum verteilt, das teure Porzellan liegt zerbrochen auf dem Boden. Hinter der Bar sind die verschiedenen Schnapsflaschen zerschossen und ein Typ liegt blutüberströmt über dem Tresen. Diese Party hätte meinem Onkel gefallen, da bin ich mir sicher. Und schließlich ist ja zu seinen Ehren veranstaltet worden.
„Die Wägen mit den anderen Männern sind nicht bis zum Anwesen vorgedrungen", erklärt Diego, der sich neben mich drückt und den Bereich hinter sich im Auge behält. „Wie viele von uns sind hier?"
„Ich kann es nicht genau sagen. Vielleicht zwanzig, vielleicht auch nur zehn. Ich bin von hinten gekommen, wo nicht allzu viele Wachen positioniert waren. Es kann aber nur eine Frage der Zeit gewesen sein, bis sie alles komplett abgeriegelt haben." Ich nicke, versuche mir in Gedanken einen Überblick über das Gelände zu verschaffen und blicke nochmals durch den Saal. So wie es hier aussieht, haben meine wenigen Leute bisher gute Arbeit geleistet. Bis sich allerdings unsere restlichen Männer zu uns vorkämpfen, kann es noch einige Zeit dauern und wenn herauskommt, dass ich verschwunden bin, wird hier die Hölle ausbrechen. Zu der Party waren ausschließlich befreundete Kartelle von mir eingeladen, circa siebzig Gäste insgesamt, doch ich kann nicht sagen, wen Santos noch von außerhalb angeschleppt hat. Es sollte mich wütend machen, dass sie mich stürzen wollen, aber momentan habe ich andere Probleme die mich beschäftigen.
Wenn Emily noch irgendwo hier ist, ist sie entweder ins Kreuzfeuer geraten und tot, oder sie wurde von Santos Leuten geschnappt. Beide Alternativen sind äußerst beschissen.
Meine Lungen ziehen sich zusammen, das Atmen fällt mir schwer, doch mit einem auffordernden Handzeichen zu Diego, pirsche ich mich geduckt und mit gezogener Waffe vor. Ich habe keine Ahnung wo sich Santos aufhalten könnte, aber ich folge meinem Instinkt. Und mein Instinkt sagt mir, dass er ganz in der Nähe sein muss.
Die Schüsse werden leiser und es klingt, als würden die Kämpfe sich weiter nach draußen verlagern. Vor allem, als eine weitere Explosion den Boden unter meinen Füßen erzittern lässt, bin ich überzeugt davon, dass sich meine Männer gerade den Weg zu uns freikämpfen. Nicht umsonst habe ich in den letzten Wochen ein utopisches Waffenarsenal bei einem Bekannten bestellt. Nur muss ich mir eingestehen, dass ich dachte, etwas größenwahnsinnig gehandelt zu haben. Nun bin ich froh darum.
Meine Schritte sind gezielt gesetzt und werden schneller, als ich Stimmen hinter der durchbrochenen Wand zur Terasse hören kann. Es dürften nicht mehr als fünf Männer sein. Ich flitze an die rechte Seite des Lochs, nicke Diego zu, der auf der linken steht und wir beide treten gleichzeitig nach draußen. Nachdem ich kurz die Lage gecheckt habe, nutze ich den Überraschungseffekt und schalte einen Typen aus, der etwas weiter entfernt auf der Wiese steht. Da seine Gehirnmasse seinen Nebenmann trifft, erweckt das eindeutig die Aufmerksamkeit der anderen sechs Typen, die sich zu uns herumdrehen.
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Afraid of you
Gizem / GerilimKolumbien. Gefangen bei einem der einflussreichsten Männer des Landes. Und es gibt kein Entkommen. "Auch er sieht mir direkt in die Augen. Er verzieht keine Miene. Kalt, wie die Farbe seiner Augen. Hart, wie die Muskeln an seinem Körper...