♦ Benjamin ♦
Voller Verachtung sehe ich diesem Arschloch ins Gesicht und kann mich kaum mehr zügeln. Meine Finger zittern voller Anspannung. Mein Blut kocht. Die Angst in seinen Scheißaugen ist alles was für mich zählt, alles was für mich von Bedeutung ist. Nur kommt sein Respekt für ihn leider zu spät. Schließlich habe ich ihn gewarnt. Ich kenne die kleine Pissnelke schon seit Jahren und weiß, dass er jede Frau behandelt, als wäre sie sein Eigentum. Davon abgesehen ist mir auch schon zu Ohren gekommen, was für Neigungen der Widerling auslebt. Allein die Vorstellung daran, dass er all das mit meinem Engel gemacht hätte, wäre ich ein paar Minuten später gekommen, treibt mich schier in den Wahnsinn.
Kurz sehe ich über meine Schulter zu Emily, ob sie sich an meinen Rat gehalten hat. Sie kauert auf dem Boden, das Kleid hochgerutscht und die Augen vor Angst geweitet. Natürlich hat sie nicht gehört. Allerdings schürt ihr Anblick meine Wut noch mehr. „Schau weg", knirsche ich. Da sie meine Warnung anscheinend nicht interessiert, drehe ich mich genervt um, nehme den Kopf des Pissers zwischen meine Hände und nagele ihn mit meinem Körper an der Wand fest. Er hat sie angefasst. Er hat ihr wehgetan. Scheiße, seine verfickte Hose steht offen! Alles in mir brodelt, mein Herz wummert. Wollte ich jemals einen Bastard so dringend töten, wie ich ihn töten will?
Nein.
Mit einer gezielten Bewegung drehe ich seinen Kopf über und höre mit Genugtuung wie sein Genick bricht. Er fällt wie ein nasser Sack in sich zusammen und ich kann nicht anders, als ihm voller Verachtung in sein lebloses Gesicht zu spucken. Hätte ich die Geduld gehabt, hätte ich ihm keinen so schmerzlosen Tod beschert. Sofort fallen mir zig Möglichkeiten ein, wie ich diesen Bastard hätte quälen können.
Schwer atmend blicke ich auf ihn hinab, warte auf das mir so vertraute Gefühl des Friedens, das mich sonst immer überkommt, wenn ich jemandem die Lichter ausknipse. Es kommt nicht. Das Adrenalin rauscht weiter durch mich hindurch, lässt den Sturm wie einen Orkan durch mich hindurchtosen. Fluchend drehe ich mich um, falle vor Emily auf die Knie und begegne ihrem Blick. Die Verachtung und der Hass, der mir vor wenigen Augenblicken noch entgegengeschlagen hat, ist aus ihrer Miene gewichen. Da ist nur noch Panik und Furcht. Es wirkt als stünde sie unter Schock.
„Was ist mit meinem Bruder? Geht's ihm gut?", flüstert sie mit erstickter Stimme und entzieht sich meiner Hände, die ich gerade auf ihre gelegt habe. „Ja. Tut es." Um ehrlich zu sein, habe ich keinen Gedanken daran verschwendet zu tun womit ich gedroht habe. Als sie nach acht Minuten noch immer nicht zurück war, war mir klar, dass etwas nicht stimmt. Niemals wäre sie so egoistisch und würde sein Leben aufs Spiel setzen. Ganz zu schweigen davon, dass ich Riley bereits kurz nachdem wir angekommen von seinem Posten abgezogen habe. Das muss sie natürlich nicht wissen. Zögerlich nickt sie, stemmt ihre Hände hinter sich auf den Boden und versucht erfolglos aufzustehen.
Vorsichtig greife ich untere ihre Achseln und helfe ihr hoch, lege meinen Arm um ihre Taille und stütze sie. Ihr Körper zittert wie Espenlaub und ich froh, dass sie nun meine Berührung zulässt. Ich gebe Carlos, der an der Tür steht, ein Zeichen, dass wir verschwinden können und er geht voraus, während ich langsam fühle, wie mein Frieden kommt. Ihr Duft steigt mir in die Nase und ich entkrampfe konzentriert meine Finger, als sie sich haltsuchend an mich lehnt. Mir wird warm, mein Puls sackt augenblicklich ab und mein Drang, sie ins Auto zu setzen und danach den ganzen Laden zu zertrümmern, löst sich in Luft auf. Faszinierend.
Emilys Zähne klappern, so sehr bebt ihre zierliche Gestalt, sodass ich kurzerhand anhalte und sie auf meine Arme nehme. Ansonsten bräuchten wir eine gute Stunde zum Ausgang. Mein Atem stockt, als sich ihre Arme um meinen Nacken schlingen, ihr Gesicht sich in meine Brust gräbt. Wärme erfüllt mich und ich kann mich nicht erinnern, jemals so ruhig gewesen zu sein, nachdem mir jemand ans Bein gepisst hat.
DU LIEST GERADE
Afraid of you
Mystery / ThrillerKolumbien. Gefangen bei einem der einflussreichsten Männer des Landes. Und es gibt kein Entkommen. "Auch er sieht mir direkt in die Augen. Er verzieht keine Miene. Kalt, wie die Farbe seiner Augen. Hart, wie die Muskeln an seinem Körper...