Eighty-Six. Inside

15K 656 37
                                    

♦ Benjamin ♦

Ihre Augen funkeln, ihre kleinen Hände spannen sich zu Fäusten an und wenn ein Blick töten könnte, würde ich jetzt nicht mehr atmen.

„Ich habe deine Machtspielchen satt. Ich bin nicht dein Spielzeug und gewiss kein Instrument, das du für deinen Kontrollzwang verwenden kannst. Also. Lass. Mich. Gehen!" Weitere Tränen lösen sich und kullern über die weiche Haut ihrer Wange nach unten. „Du hast deinen Standpunkt, wie du mich siehst, mehr als deutlich klargemacht." Die Ironie trieft aus jeder ihrer Poren und ihre Aussage versetzt mir einen Dämpfer. Fast fühlt es sich an, als hätte sie mit ihren schwachen Fäusten direkt auf mein Herz eingeprügelt.

„Fuck! Wie dämlich bist du eigentlich?", schreie ich und lasse sie so abrupt los, dass ihre Hände wie nasse Säcke zu ihren Seiten fallen. „Du glaubst diese Scheiße immer noch? Du glaubst die Lügen, die ich Santos erzählt habe um dich zu schützen?" Ich drehe mich von ihr weg, kneife die Augen zusammen und versuche ruhig ein und auszuatmen. Das Blut in meinen Adern fühlt sich an wie heiße Lava und ich habe die Befürchtung, dass ich jeden Augenblick explodiere. Nicht nur, dass sie mich wie ein geprügelter Hund ansieht, unterstellt sie mir, ich würde das alles nur als ein Spiel sehen? Checkt sie nicht, dass ich ihretwegen meine ganze Existenz verloren habe? Meine Heimat? Meinen Ruf? Mein gottverdammtes Imperium?

„Es waren deine Worte, Ben! Du sagtest, ich sei deine Gefangene, keine Person! Sondern ein Ding, das du für dich behalten willst. Du sagtest, ich wäre dir egal, während auf mich eingeprügelt wurde, während ich beinahe...während..." Ihr Brüllen wird durch ein herzzerreißendes Schluchzen erschüttert und ich drehe mich zu ihr herum. Sie hat die Arme um ihren Körper geschlungen, als könnte sie jederzeit auseinanderfallen. Ihre wunderschönen, blühenden Augen sind getrübt und ihre Schultern erbeben unter ihren Schluchzern. Etwas zerbricht in mir.

„Wäre ich dann hier?" Meine laute Stimme hallt in dem kleinen Raum wieder und ich wische in einer stürmischen Bewegung über die Arbeitsplatte der kleinen Küchennische, um mich irgendwie zu beruhigen. Glas klirrt, zersplittert und Emily zuckt angsterfüllt zusammen. Ich kralle meine Finger in meine Haare, um nicht die komplette Wohnungseinrichtung zu zertrümmern.

„Wenn du mir doch so am Arsch vorbeigehst, wieso suche ich dann monatelang nach dir und riskiere sogar in einem Land geschnappt zu werden, in dem ich als Schwerverbrecher gesucht werde?" Wieder zuckt sie zusammen, wieder schluchzt sie auf.

„Du hättest nicht nach mir suchen sollen", schreit sie dagegen. Dieses Mädchen kostet mich meinen letzten, verschissenen Nerv! Hört sie mir nicht zu?

„Fuck, ich wusste doch nicht mal ob es dir gut geht!"

Sie schnaubt und verdreht die Augen, als hätte ich ihr gerade einen schlechten Witz erzählt. Ernsthaft?

„Danke, aber dafür hat Diego schon gesorgt." Ihre Augen weiten sich, nachdem sie realisiert, was ihr da soeben rausgerutscht ist. Und ich kann fühlen, wie mir das heiße Blut ins Gesicht schießt. Eifersucht. Neid. Hass. So viele Emotionen prasseln auf mich ein, dass ich sie gar nicht alle greifen kann.

„Ach?" Mit verbissener Miene gehe ich auf sie zu, befreie meiner Haare aus dem Klammergriff und packe stattdessen ihr Kinn, um meinen Fingern Beschäftigung zu geben. Im Moment wünsche ich mir sehnlichst, dass ein Nachbar unseren Streit hört und vorbeikommt, sodass ich ihn auseinandernehmen kann.

Emilys Atmung beschleunigt sich zusehends. Vermutlich kann sie sich denken, dass ich in letzter Zeit nicht allzu gut auf meinen alten Verräterkumpel zu sprechen bin.

„Du hast ihm doch nichts getan, oder?", fragt sie kleinlaut und mein Griff um ihren Kiefer wird noch ein bisschen fester. „Bitte tu ihm nichts, Ben. Bitte, ich flehe dich an."

Afraid of youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt