Kapitel 7

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-Joey-

Sechs Jahre später

Es hat bei uns Allen lange gedauert, bis wir über den Tod unserer Mutter hinweg waren. Trotzdem vermissen wir sie natürlich noch heute. Eines hat uns Die Zeit in Frankreich gelehrt - wenn wir zusammen halten, können wir Alles schaffen! Tag für Tag sind wir mit unseren Instrumenten losgezogen und haben stundenlang auf der Straße gespielt. Irgendwie schafften wir es, von unseren Einnahmen, zu leben. Den Tag, an dem wir aus diesem Loch, was andere Hotelzimmer nennen, ausziehen können, konnten wir Alle kaum erwarten.

Ich kann nicht sagen, was mich wachhält. Ist es die Aufregung, oder doch die Vorfreude? Wahrscheinlich eine Mischung aus Beidem. Um meine Familie nicht zu wecken, drehe ich noch eine Runde um das Hotel. Die kühle Luft tut mir gut. Zum ersten Mal seit mehreren Tagen habe ich das Gefühl, frei durchatmen zu können. Einige Leute, denen ich begegne, schauen mir nach. Was sie von mir denken, ist mir egal. Ich setzte mich auf den Bordstein, streckte die Beine lang und lege den Kopf in den Nacken. Der Himmel ist, der Uhrzeit entsprechend, pechschwarz und von Millionen Sternen übersät. Ich schließe die Augen und lasse mir den kühlen Wind um dir Nase wehen. Erst, als sich jemand neben mich setzt, senke ich den Blick und öffne die Augen wieder.

"Ach, Jimmy. Du bist es." Und ich dachte schon, mich quatscht gleich irgendein Fremder voll.

"Was dachtest du denn?", fragt mein Bruder. Ich zucke nur mit den Schultern und richte meinen Blick wieder zum Himmel. Jimmy tut es mir gleich. Eine lange Pause entsteht, in der jeder in seinen eigenen Gedsnken festhängt.

"Ich frage mich manchmal, wie unser Leben jetzt aussehen würde, wenn Alles anders gekommen wäre.", sage ich irgendwann. Dieser Gedanke ist mir in letzter Zeit oft gekommen. Immer wieder denke ich darüber nach, wie unser Leben jetzt wäre, wenn unsere Mutter noch bei uns wäre. Würden wir noch in Spanien leben? Wir würden Alle zusammen in einem eigenen Haus wohnen und jeden Tag zusammen musizieren.

"Tja, die Frage kann ich dir leider nicht beantworten. Aber ich bin mir sicher, dass sie stolz auf uns ist.", antwortet Jimmy und legt mir den Arm um die Schultern. Gerade in solchen Momenten bin ich froh, große Geschwister zu haben, die mich, wenn nötig, wieder aufbauen. Und mit Jimmy verstehe ich mich ja schon immer super. Er ist einfach der beste Bruder der Welt. Nur sollte ich das Johnny, Paddy und Angelo nicht hören lassen. Obwohl....warum nicht? Johnny würde sich nicht's daraus machen und Paddy und Angelo würden wahrscheinlich noch gar nicht verstehen, wovon ich spreche.

"Ja, das wäre sie.", sage ich gedankenverloren und stehe auf. Ich klopfe mir den Staub von der Hose und ziehe den Reißverschluss meiner Jacke höher. Indessen ist es doch schon ganz schön kalt geworden. Zusammen mit Jimmy schlendere ich zurück zum Eingang des Hotels.

Das Foyer ist menschenleer. Logisch, jeder normale Mensch schläft nachts. Wir grüßen die hübsche Rezeptionistin freundlich. Was mir nicht entgeht ist, das Jimmy sich noch ein paar Mal zu ihr umdreht.

"Hab' ich was verpasst?", frage ich und boxe meinem Bruder gegen den Arm.

"Pf...Nö.", erwidert dieser nur, wird aber puterrot im Gesicht. Er drängt sich an mir vorbei und geht vor mir die Treppe hoch. Kopfschüttelnd folge ich ihm. Vor unserer Tür angekommen, bleibe ich kurz stehen.

"Warte mal kurz.", sage ich, als Jimmy die Tür aufdrücken will.

"Was ist denn?", fragt er und zieht die Tür wieder zu.

"Denkst du manchmal an Leyla?" Ich lehne mich an die Wand und vergrabe die Hände in den Hosentaschen. Als wir damals so überstürzt in Spanien abreisten, war ich total traurig, das ich Leyla nie wieder sehen sollte. Eine Zeit lang habe ich mich an der Hoffnung festgeklammert, sie eines Tages vielleicht doch wiederzusehen. Doch dies passierte nie. Nach weiteren zwei Jahren ohne Kontakt, konnte ich die Gedanken an sie endlich beiseite schieben. Es bringt nicht's in der Vergangenheit zu leben und auf etwas zu hoffen, was sowieso nie geschieht.

"Klar. Sie war unsere beste Freundin.", antwortet Jimmy. Okay, das beruhigt mich, denn auch nur ein klitzekleines Bisschen. Es fühlte sich falsch für mich an, damals einfach so zu verschwinden, ohne "Tschüss" zu sagen. Aber wir hatten keine andere Wahl.

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