Kapitel 66

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-Leyla-

Nachdem ich mich noch ein letztes Mal vergewissert habe, das ich auch wirklich nicht's vergessen habe, ziehe ich den Reißverschluss meiner Tasche zu. Ich habe in den letzten Monaten das Gefühl entwickelt, nur noch unterwegs zu sein. Und irgendwie ist es ja auch so. Seit ich in Deutschland angekommen bin war ich nie länger als drei Tage an einem Ort. Ein Konzert jagt das nächste; so ist das eben, wenn man mit den Kelly's unterwegs ist.

Und heute treten wir unseren Flug nach Irland an, wo wir immerhin fast eine Woche bleiben. Ich muss zugeben, das ich ziemlich aufgeregt bin. Zwar habe ich meine Eltern schon in das ein oder andere Land begleitet, aber Irland war bis jetzt noch nicht dabei.

Ich werfe mir die Tasche über die Schulter; mit solchem Schwung, das ich beinahe auf den Hosenboden lande und stelle sie zu denen der andern in den Flur. Dann gehe ich zum Frühstück.

An der Küchentür treffe ich auf Jimmy. Mit einem fröhlichen "Guten Morgen." begrüße ich ihn.

"Morgen.", erwidert er nur knapp und schiebt sich an mir vorbei in die Küche. Kopfschüttelnd folge ich ihm und setze mich zu den anderen, die schon komplett versammelt am Tisch sitzen.

Wirklich überrascht bin ich von seiner schlechten Laune allerdings nicht, da er diese schon seit ein paar Tagen hat. Immer wieder habe ich versucht mit ihm darüber zu reden, aber irgendwie habe ich den richtigen Zeitpunkt noch nicht gefunden. Mal sehen... Vielleicht beruhigt er sich ja auch so wieder.

Dieser Meinung ist auch Maite, der ich mach dem Frühstück am Telefon davon erzähle.

"Und du hast wirklich keine Ahnung warum er so ist, wie er ist?", fragt mich meine Freundin.

"Nein, keine Ahnung.", antworte ich. Ich atme tief durch und lehne mich gegen meinen Schreibtisch.

"Lass ihm einfach ein bisschen Zeit. Du weißt doch, wie Jimmy ist.", rät sie mir.

"Ja, ich weiß.", sage ich, was allerdings gelogen ist. Denn so habe ich Jimmy in all den Jahren, die wir uns jetzt schon kennen noch nie erlebt. Und leider fehlt meiner Antwort jegliche Überzeugung, was Maite natürlich merkt.

"Kopf hoch, Leyla. Lass dir deswegen nicht die Reise verderben. Genieße die Zeit."

"Ich gebe mein Bestes.", antworte ich.

"Und schreibe mir, wenn ihr da seid."

"Mach ich. Ich muss jetzt los, sonst gibt's nicht's, was ich schreiben könnte."

"Oh ... klar. Dann mach, das du weg kommst."

"Bin schon unterwegs.", antworte ich lachend.

"Viel Spaß!", ruft Maite noch, ehe ich das Gespräch beenden kann.

In diesem Moment taucht auch schon John in der Tür auf und gibt mir Bescheid, das es Zeit zum Aufbrechen ist. Ich stecke mein Handy weg und folge ihm nach unten. Ich verstaue meine Tasche, wie die Kelly's im Kofferraum und steige in den Bus.

Und ehe ich mich versehen kann, sind wir auch schon da. Während des ganzen Fluges war ich so in meine Gedanken vertieft, das ich gar nicht mitbekommen habe, wie schnell die Zeit vergangen ist.

"Wir wollen noch eine kurze Runde drehen, ehe es dunkel wird. Kommst du mit?", fragt mich Joey, als ich meine Sachen ausräumen will.

"Klar, gerne.", antworte ich.

"Damit hatte ich gerechnet.", sagt er und wirft mir meine Jacke zu, die er schon in der Hand hatte.

"Du kennst mich echt erschreckende gut.", sage ich.

Die Sonne hängt bereits tief am Himmel, als wir die Haustür hinter uns zuziehen. Da die anderen keine Lust oder zu tun hatten, sind wir zwei nur alleine (Patricia hat uns in letzter Sekunde die Einkaufsliste in die Hand gedrückt), was ich persönlich gar nicht mal so schlecht finde. Zusammen schlendern wir zurück zum nächsten Dorf, welches mir bei unserer Ankunft gar nicht aufgefallen ist. Muss wohl doch geschlafen haben...

"Seid ihr oft hier?", frage ich Joey.

"In den letzten Jahren nicht.", antwortet er.

"Warst du früher schon mal in Irland? Deine Eltern sind doch viel unterwegs." Fragend schaut er mich an.

"Ja, das sind sie. Aber in Irland war ich tatsächlich noch nie.", gebe ich zu.

"Okay, dann erkläre ich mich bereit, dir in den nächsten Tagen alles zu zeigen, was es zu sehen gibt.", bietet Joey an.

"Da hast du dir ja ganz schön was vorgenommen.", sage ich, bleibe stehen und setze mich auf eine nahegelegenen Bank. Ich ziehe die Beine an die Brust, lege mein Kinn darauf und schaue zu der untergehenden Sonne, die langsam im Meer verschwindet und den Himmel in den verschiedensten Rottönen färbt. Vereinzelt ziehen die letzten Wolken vorbei und hier und da kreischt eine Möwe. Dad laute Rauschen der Brandung, die gegen die gewaltigen Steine klatscht und das leise Pfeifen des Windes unterstreicht die Szene und lässt dad Alles noch realistischer auf mich wirken.
Joey stellt die Tüten mit unseren Einkäufen ab und setzt sich neben mich. Ich lasse meine Beine los,  lehne meinen Kopf gegen seine Schulter und Joey legt den Arm um mich. Die Gänsehaut, die sich über meine Arme zieht kommt definitiv nicht vom Wind! Zumindest nicht nur.

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