Kapitel 58

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-Joey-

Obwohl ich es nur ungern zugeben, hat Leyla recht. Nicht mit der Sache, was meine Geschwister sagen würden, wenn sie hierbleiben würde, sondern mit Jimmy. Sicher wäre mein großer Bruder nicht besonders begeistert, wenn Leyla und ich... Schon, weil er auch ein Auge auf sie geworfen hat. Zwar versucht er dies vor uns zu verheimlichen, aber mir kann er nicht's vormachen! Dafür kenne ich ihn einfach zu gut. Und ich muss zugeben, das er damit nicht alleine ist.
Und genau das macht die ganze Sache so extrem kompliziert! Warum müssen wir uns auch beide in unsere beste Freundin verknallen? Denn genau das ist passiert.

All die Jahre, die wir uns nicht haben sehen können, habe ich immerzu an Leyla gedacht und in jedem einzelnen habe ich einen Brief an sie geschrieben. Keinen davon habe ich je abgeschickt. Anfangs, weil ich ihre Adresse nicht hatte und dann, weil... Keine Ahnung. Jetzt im Nachhinein bereue ich es. Seitdem liegen die Briefe unangerührt in meiner Nachttischschublade.

"Stimmt, du hast recht.", sage ich schließlich.

"Ich weiß.", entgegnet sie mit einem frechen Grinsen.

"Dafür, das du gerade noch vor Wut platzen wolltest, hast du jetzt aber schon wieder eine ganz schön große Klappe.", stelle ich fest und mustere sie gespielt streng. Leyla lacht und rempelt mir ihren Ellenbogen in die Seite.

"Ich hatte eben ein perfektes Aufmunterungsprogramm."

"Ich hoffe nur, das du dieses nicht all zu bald wieder brauchst."

"Das hoffe ich auch.", antwortet sie und wirkt auf einmal wieder niedergeschlagen.

'Gant toll, Joey!', denke ich. Da habe ich ja genau das Richtige gesagt - NICHT!

"Hey, das wir schon wieder. Warte einfach ein paar Tage und dann redet ihr nochmal miteinander.", schlage ich vor.

"Woher nimmst du immer diesen Optimismus?"

"Keine Ahnung. Ist wohl angeboren.", erwidere ich. Daraufhin huscht ein kleines Lächeln auf Leyla's Gesicht.

"Aber was ist, wenn sie ...", beginnt sie, plötzlich wieder ganz ernst.

"Hey, höre auf so viel darüber nachzudenken. Weißt du, wie oft ich mich schon mit meinem Vater in die Haare bekommen habe? Und sieh mich an. Ich lebe auch noch.", unterbreche ich sie.

"Versuche nicht daran zu denken. Du wirst schon sehen, in ein paar Tagen hat sich alles geklärt." Unbewusst habe ich, während ich gesprochen habe, Leyla's Hand genommen. Auch sie scheint dies erst jetzt zu merken, da ihr Blick lange auf unsere verschränkten Fingern liegen bleibt.

"Vielleicht würden die Andern ja gar nicht's dagegen haben, wenn ich hier bleibe.", überlegt sie laut. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob sie es wirklich sagte, oder es mein Wunschdenken ist. Aber der Blick, den sie mir jetzt zuwift, verrät mir, das ich nicht phantasiert habe.

"Und was ist mit Jimmy?", frage ich vorsichtig nach.

"Er muss es doch nicht erfahren.", antworte Leyla mit einem frechen Lächeln.

"Oder ist das ein Problem für dich?", fragt sie, als sie mein Zögern bemerkt. Und zum wiederholten Mal an diesem Abend weiß ich nicht, was ich antworten soll.

Einerseits will ich natürlich, das Leyla bleibt; mehr als Alles andere. Andererseits hätte ich, spätestens morgen früh, wenn ich ihm gegenüberstehe ein schlechtes Gewissen Jimmy wegens. Ich an seiner Stelle wäre auch nicht gerade begeistert, wenn Leyla bei mir bleiben würde, so viel ist sicher. Ob Jimmy sauer werden würde? Keine Ahnung ... Aber ich kann ja nicht zurückstecken nur, um meinen Bruder nicht zu enttäuschen. Oder muss ich vielleicht genau das tun?

"Nein, das ist kein Problem.", antworte ich schließlich, um mir nicht weiter den Kopf zu zerbrechen.

"Wirklich? Sehr überzeugt siehst du nämlich nicht aus." Leyla legt den Kopf schief und sieht mich fragend an.

"Ja, wirklich.", antworte ich mit etwas mehr Überzeugung in der Stimme.

"Gut, ich gehe mir schnell andere Klamotten holen. Ich will nicht in der engen Jeans schlafen." Leyla zieht ihre Hand aus meiner und steht auf.

Kaum ist sie aus meinem Zimmer verschwunden, stehe auch ich auf und sehe mich um. Bis eben war Leyla zu sehr durch den Wind, um sich über meine Unordnung aufzuregen, aber das wird garantiert nicht so bleiben!
Schnell sammele ich die Klamotten vom Fußboden auf, lege sie ordentlich zusammen und platziere sie auf dem Sessel, der in der Ecke neben dem Fenster steht.
Dann widme ich mich meinem Schreibtisch, auf dem einiges an Papier verstreut liegt. Im Schnelldurchlauf schaue ich durch die Blätter. Mehr als die Hälfte landet im Papierkorb, die Anderen stapele ich ordentlich. Tja, nicht bei allen von uns läuft es gut mit dem Schreiben.

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