Kapitel 15

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-Jimmy-

Als wir am nächsten Tag unsere Sachen aufbauen, bin ich deutlich aufgeregter, als die letzten Tage. Ach, was sage ich; aufgeregter, als die letzten Wochen, wenn nicht sogar Monate. Heute wollen wir es tatsächlich wagen. Heute werden wir zum ersten Mal unsere eigenen Lieder spielen. Das Gespräch mit Thomas gestern hat uns allen die Augen geöffnet. Irgendwann müssen wir es wagen. Wann, wenn nicht heute, denke ich. Das Wetter ist perfekt, viele Leute sind schon jetzt, in den Morgenstunden, unterwegs. Ein leichter Wind weht, der die heiße Sommerluft etwas abkühlt. Trotzdem ist es nicht all zu kalt draußen.

Um die Aufmerksamkeit auf uns zu lenken, spielen wir erst ein paar Coversongs. Die Reaktionen sind ähnlich, wie die der letzten Tage. Wenige Minuten, nachdem wir begonnen haben zu spielen, stehen einige Leute um uns herum. Eigentlich könnte es besser nicht laufen, wenn da nur diese Aufregung nicht wäre... Unsere Zuschauer bekommen davon nicht's mit. Zumindest lassen sie uns es nicht merken. Unser Publikum ist eben das beste der Welt!

Zum Mittag machen wir, wie immer, eine kleine Pause. Während meine Geschwister sich etwas zu essen besorgen, lege ich mich noch ein paar Minuten lang. Hunger habe ich überhaupt keinen. Ich kann mir nicht vorstellen, das es meinen Geschwistern anders geht. Keiner von denen kann behaupten, das er nicht nervös ist! Und wenn doch, würde jeder aus meiner Familie lügen; da bin ich mir sicher.

Die ganze Zeit denke ich darüber nach, wie es die nächsten Stunden laufen wird. Was, wenn den Leuten unsere Songs nicht gefallen? Was, wenn wir die Akkorde und Melodien vergessen? Oder was würden die Leute sagen, wenn wir gar die Texte vergessen würden? Oh Gott! Warum zweifle ich so an uns? Bis jetzt haben wir es doch auch hinbekommen! Selbst wenn wir es heute versauen - die Welt geht schon nicht unter. Keiner würde uns den Kopf abreißen. Wir würden dieses ganze Projekt einfach fallen lassen und weitermachen, wie bisher. Eigentlich haben wir nicht's zu verlieren.

"Komm, Jimmy! Los geht's.", sagt Kathy und holt mich aus meinen Gedanken.

"Okay. Komme." Ich stehe auf, nehme mir eine neue Flasche Wasser, da es indessen doch recht heiß ist und gehe zu meinen Geschwistern, die draußen schon auf mich warten.

"Ausgeschlafen?", fragt Joey und grinst mich frech an.

"Geht so.", gebe ich zu.

"Nervös?" Ich nicke zustimmend.

"Du bist ja sehr gesprächig. Aber wenn es dich beruhigt, es geht uns allen so.", gibt mein Bruder zu. Ich hatte nicht damit gerechnet, das ich der einzige bin, dem es so geht, aber es aus seinem Mund zu hören, erleichtert mich doch sehr.

Als sich die größte Mittagshitze gelegt hat, machen wir uns auf den Weg in die Stadt. Währenddessen herrscht Ruhe. Alle sind in die eigenen Gedanken vertieft. Ich hatte damit gerechnet, das unser Vater noch einen seiner flammenden Motivationsreden halten würde, aber auch er schweigt. Ob er genau so aufgeregt ist, wie wir? Zugeben würde er es nicht, aber wahrscheinlich ist er es. Immerhin hängt auch seine Zukunft davon ab.

Wie auch am Vortag spielen wir erst einige der 'alten' Songs. Dann wagen wir uns an unsere Texte. Gleich beim ersten Ton bekommen wir zu spüren, das die Leute nicht's damit anfangen können und weitergehen. Wahrscheinlich würde ich es auch so machen. Bekannte Stücke hört man sich eben lieber an, als etwas, was man zum ersten Mal hört. Trotzdem geben wir nicht auf. Wir finden irgendwann eine perfekte Mischung aus neuen und alten Songs. Und unsere Ausdauer zahlt sich aus.
Bis zum Sonnenuntergang spielen wir unser neues Programm durch. Erst, als es schon komplett dunkel ist, packen wir unsere Sachen zusammen und gehen zurück zum Bus. Wenn ich das richtig beobachtet habe, lief es heute ganz gut für uns.

Als ich mich ins Bett lege, fühle ich die pure Erleichterung. Wir haben es tatsächlich geschafft! Wir konnten unser Publikum mit unseren Songs begeistern. Jetzt, im Nachhinein frage ich mich, warum wir diesen Schritt nicht schon viel eher gewagt haben.

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