Kapitel 55

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-Leyla-

Ich sollte mit meiner Vermutung Recht behalten. Keine zehn Minuten später höre ich, wie Autotüren zugeschlagen werden und kurz darauf sind Stimmen zu hören.

Mein erster Gedanke ist, meine Tür abzuschließen und mich für den Rest des Abends in meinem Zimmer zu verstecken, da ich todmüde bin. Aber einerseits wäre das unhöflich und andererseits lockt mich der Duft von frischer Pizza wie von alleine in die Küche.

"Du bist ja auch schon da.", stellt Kathy überrascht fest, als sie mich entdeckt.

"Setz' doch doch zu uns. Wir haben reichlich mitgebracht.", meint John, deutet auf den Berg aus Pizzakartons und stellt schon einen weiteren Teller auf den Tisch.

"Na, das lasse ich mir nicht zweimal sagen.", ich und setze mich mit an den Tisch. So langsam gesellen sich auch die anderen zu uns.

Von einem ruhigen Abendessen kann nicht die Rede sein. Alle plappern durcheinander und sind total aufgekratzt; vor allem Maite, Paddy und Angelo. Selbst Kathy's Ermahnung, doch bitte für wenigstens fünf Minuten still zu sein, ignorieren sie.

Nach dem Essen gehe ich wieder in mein Zimmer und hole mein Handy aus meinem Rucksack. Da ich Maite heute Nachmittag versprochen habe, mich bei ihr zu melden, muss ich dies jetzt auch tun.

"Leyla, es wird echt langsam Zeit, das du dich bei deinen Eltern meldest. Sie machen sich Sorgen und fragen mich jeden Tag, ob ich was von Dir gehört habe. Ich will sie nicht länger anlügen müssen.", sagt Maite flehend, als wir auf das Thema zu sprechen kommen.

"Ich weiß. Tut mir leid.", gebe ich zurück.

"Rufe sie morgen an, bitte." Ich brauche meine beste Freundin gar nicht zu sehen, um zu wissen, wie sehr sie die ganze Situation mitnimmt. Das höre ich an ihrer Stimme.

"Okay..."Ehe ich es realisieren kann, habe ich das Wort ausgesprochen.

"Versprich' es!"

"Versprochen."

Dann reden wir noch eine Weile über angenehmere Themen und verabschieden uns eine dreiviertel Stunde später voneinander.

Das Gespräch mit meiner besten Freundin hat mich doch mehr mitgenommen, als mir lieg ist. Als ich vor einer Stunde nach Hause kam wäre ich beinahe beim Essen eingeschlafen, wenn es nicht so laut gewesen wäre und jetzt sitze ich, wieder hellwach,  nachdenklich auf dem breiten Fensterbrett und schaue zum Horizont, der sich langsam lila färbt.
Da ich von diesem stressigen und hektischen Tag noch immer Kopfschmerzen habe, beschließe ich, noch ein Weilchen an die frische Luft zu gehen. Kann ja nicht schaden.

Um spazieren zu gehen, ist mir in der Stadt allerdings noch zu viel los, also gehe ich nach oben. Die Dachterrasse ist der einzige Ort im ganzen Haus,  wo ich bis jetzt noch nie war. Abgesehen von den Schlafzimmern der Kelly's versteht sich... Und in dem Moment, als ich die öffne und mir eine laue Brise entgegenweht frage ich mich, warum ich noch nie hier war.

Ich ziehe die Kapuze meines Pullovers über und vergrabe die Hände in meinen Hosentaschen. Ich lehne mich gegen das Geländer und lasse den Blick wieder über den Horizont schweifen. Von hier oben sieht der Sonnenuntergang noch viel schöner aus, als aus meinem Zimmer.

"Nicht springen. So schlimm kann es nicht sein.", vernehme ich eine Stimme hinter mir und fahre erschrocken herum, da ich dachte, alleine zu sein. Offensichtlich nicht, da mir Joey, frech grinsend, gegenüber sitzt. Zwischen den hohen Pflanzen habe ich ihn gar nicht gesehen.

"Wenn du wüsstest...", antworte ich leise, als ich dad Vibrieren meines Handys spüre.

"Was ist denn los?" Besorgt schaut Joey mich an und legt seine Gitarre zur Seite.

"Ist kompliziert.", sage ich nur. Ich bin ja nicht hier, um ihn mit meinen Problemen zu belasten!

"Dann erkläre es mir.", fordert Joey, rutscht auf der Bank ein wenig nach rechts und klopf auf die nun freie Stell neben sich, als Aufforderung für mich, mich zu setzen. Wortlos gehe ich seiner Bitte nach.

"Also?" Sein Blick ruht auf mir und ich weiß, das er nicht locker lassen wird, bis ich den Mund aufgemacht habe. Und so habe ich keine andere Wahl, als ihm Alles zu erzählen. Wirklich Alles! Angefangen bei meiner Wut auf meine Eltern, bisher zu meiner Flucht nach Deutschland.
Wortlos lauscht Joey meiner Geschichte und verzieht dabei keine Miene, was das Ganze nicht gerade erträglicher macht!

"Hast du indessen mit deine Eltern gesprochen?", ist das Erste, was Joey dazu sagt.

"Nein, noch nicht.", antworte ich ehrlich.

"Willst du meinen Rat?" Daraufhin nicke ich mit dem Kopf.

"Bringe es hinter dich." Lässig verschränkt Joey die Arme vor der Brust und lehnt sich zurück.

"Oh, danke. Sehr hilfreich.", entgegne ich ironisch.

"Komm schon, was hast du denn zu verlieren?"

"Im Gegensatz zu ihnen, ziemlich viel. Was, wenn sie herkommen, oder fordern, das ich nach Hause komme?" Alleine bei dem Gedanken dreht sich mein Magen auf links.

"Was erwartest du denn? Das sie es  einfach so hinnehmen, das du abgehauen bist und nicht's machen? Ziemlich unrealistisch, oder?"

"Du hast ja recht.", gebe ich kleinlaut zu und ziehe mein Handy hervor. Anstatt gleich die Nummer einzugeben, starre ich das schwarze Display eine Weile einfach nur an.

"Mach schon." Auffordernd rempelt Joey seine Schulter gegen meine. Kurz zögere ich, atme tief durch und tippe dann langsam, Zahl für Zahl, die Nummer meiner Eltern ein.

"Bleibst du hier?", frage ich, bevor ich auf den grünen Hörer drücke.

"Wenn du dad möchtest.", antwortet Joey.

"Würde ich dich sonst darum bitten?", frage ich ironisch und vergesse sogar für ein paar Sekunden meine Aufregung. Dann widme ich meine Aufmerksamkeit wieder meinem Handy, welches schwerer denn je in meiner Hand liegt.

"Entweder du tust es, oder ich muss das übernehmen." Ehe ich reagieren kann hat sich Joey mein Handy geschnappt und auf den grünen Hörer gedrückt. Blitzschnell hole ich es mir wieder, werfe ihm einen bösen Blick zu und halte mir dad Handy dann selbst ans Ohr.

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So....endlich geschafft 😊 Dieses Kapitel ist das, bis jetzt längste, welches ich hier hochgeladen habe. 961 Wörter insgesamt; diesen Teil nicht mitgezählt ☝️
Viel Spaß beim Lesen und einen schönen Sonntag ❣

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