Kapitel 17

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-Jimmy-

"Wo kommst du denn her?, fragt mein Vater, als ich völlig durchgefroren, zurück in den Bus trete. Hier drin ist es herrlich warm. Schnell ziehe ich meine Jacke aus, um die Wärme an meinen Körper zu lassen. Kathy stellt mir eine dampfende Tasse mit Tee vor die Nase.

"Ich habe mir nur die Beine ein wenig vertreten.", antworte ich und greife nach der Tasse. Als meine Finger das heiße Porzellan berühren kann ich förmlich spüren, wie diese auftauen. Natürlich, wie sollte es anders sein, verbrenne ich mir schon beim ersten Schluck die Zunge.

Am Nachmittag wagen sich auch die Anderen nach draußen. Nicht zuletzt, da die Sonne die Luft nochmal kräftig aufgeheizt hat und wir beschlossen haben, diesen schönen Tag für uns zu nutzen. Allerdings suchen wir uns einen Platz, der nicht all zu weit weg von unserem Bus ist. Wenn es schlagartig zu kalt werden würde, wären wir so schneller im Warmen.

Das schöne Wetter lockt die Menschen in Scharen aus den Häusern. Wir geben Alles und spielen unser Programm immer wieder durch. Meine kalten Finger, die fast schon steif sind, ignoriere ich einfach, was mehr oder weniger gelingt. An der Stelle, wo sich die Saiten in meine Fingerkuppen bohren, zeichnen sich feine, rote Linien ab, die wegen der Kälte heftig brennen.

Als wir unsere Sachen zusammen geräumt und zum Bus geschafft haben, wärmen wir uns auf. Einige meiner Geschwister sind so müde, das sie sich direkt ins Bett legen. Ich hingegen bin putzmunter. Da ich meine Familie nicht wecken will, zumindest den Teil, der schon tief und fest schläft, gehe ich noch einmal nach draußen. Wenn es so eisig ist wie heute, kann ich an der frischen Luft besonders gut klare Gedanken fassen. Ich lasse den Tag noch einmal Revue passieren.

"Du bekommst wohl nie genug, oder?", höre ich Jemanden hinter mir fragen. Ich drehe mich um und blicke in ein junges Gesicht.

"Was meinst du?", frage ich sie.

"Ich habe euch heute gesehen... da drüben." Sie deutet die Straße hinunter, in die Richtung, wo wir heute unsere Songs zum Besten gegeben haben.

"Cool.", antworte ich etwas unbeholfen, da ich nicht weiß, was ich sonst sagen soll. Sie anscheinend auch nicht, da wir uns danach eine ganze Weile anschweigen. Kurz dachte ich sogar, dass sie vielleicht gegangen ist. Doch dem ist nicht so.

"Du bist nicht sehr gesprächig, oder?", scherzt sie und steht auf einmal neben mir. Etwas unbeholfen blicke ich zu ihr und schiebe meine Hände in die Jackentaschen.

"Normalerweise schon, aber in Sachen Smalltalk bin ich grottenschlecht.", gebe ich zu, was sie zum Lachen bringt.

"Wäre mir gar nicht aufgefallen.", antwortet sie ironisch.

"Hat es sich wenigstens gelohnt?", fügt sie hinzu.

Was meinst du?"

"Euer Konzert. Waren die Leute spendabel?" Ihre offene Art gefällt mir. Wenn uns manchmal Leute im Vorbeigehen ansprechen, kommt es mir manchmal so vor, als würden sie uns für die Rockstars halten. Dabei sind wir auch nur ganz normale Menschen, wie selbst.

"Es lohnt sich jeden Tag. Nicht etwa auf das Geld bezogen, aber ich habe Spaß an dem, was wir machen und kann bei meiner Familie sein. Wenn du mich fragst, braucht man nicht mehr, um einen schönen Tag zu haben.", antworte ich ehrlich. Darüber muss sie wohl eine Weile nachdenken, denn es dauert eine Weile, ehe sie antwortet.

"Ich habe eine Idee. Komm' mal mit.", wechselt sie abrupt das Thema. Ohne meien Reaktion abzuwarten nimmt sie meien Hand und zieht mich hinter sich her. Ich lasse es einfach geschehen und folge ihr.

"Wo willst du denn hin?", frage ich nach einer Weile.

"Warte es ab. Du wirst begeistert sein.", sagt sie nur. Sie dreht sich kurz zu mir um und strahlt mich an. Okay, denke ich und gehe weiter. Indessen hat sie meine Hand losgelassen, was wahrscheinlich auch daran liegt, das ich ihr ständig in die Hacken trete. Schritt für Schritt lassen wir den lauten Stadtkern hinter uns. Warum um diese Uhrzeit noch so viele Auto's unterwegs sind, ist mir ein Rätsel. Doch je weiter wir laufen, umso ruhiger wird es um uns herum. Bald ist es stockdunkel und ich sehe die Hand nicht mehr vor Augen. Wenn ich gewusst hätte, das ich heute noch einen so langen Spaziergang mache, hätte ich eine Taschenlampe mitgenommen! Aber so stolpere ich über jeden Ast, der mir im Weg liegt. Warum muss ihr Weg auch mitten durch den Wald führen? Ich hoffe nur, das mich dieser Ausflug wirklich so begeistert, wie sie sagte. Was meine Familie tun würde, wenn sie merken, das ich um diese Uhrzeit noch, oder besser gesagt, wieder unterwegs bin, will ich lieber nicht wissen. Aber da die meisten eh schon schlafen, brauche ich mir da gar keine Gedanken machen!

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