Kapitel 57

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-Joey-

Die Geschichte, die Leyla mir da eben erzählt hat, ist irgendwie ... Keine Ahnung. Dazu fällt mir nicht einmal ein passendes Wort ein. Bis vor ein paar Minuten bin ich ja noch davon ausgegangen, das ihre Reise hierher nach Deutschland mit ihren Eltern abgesprochen ist. Und jetzt erfahre ich mal eben so nebenbei, das Leyla von zu Hause abgehauen ist und ihre Eltern keinen Plan haben, wo ihre Tochter steckt. So, wie ich die beiden damals kennengelernt habe, sind sie sicher krank vor Sorge. Ob Maite, ihre beste Freundin, wenigstens weiß, das Leyla hier bei uns ist und das es ihr gut geht? Verrückt! Einfach nur verrückt! So eine Aktion hätten wir uns nicht erlauben dürfen! Unser Vater wäre sicher ausgerastet, wenn einer von uns einfach abgehauen wäre!

Umso froher bin ich, das ich Leyla überreden konnte, ihr Eltern anzurufen. Okay, ich habe sie quasi dazu gezwungen, aber egal. Wichtig ist nur, das sie es tut!
Jetzt beobachte ich Leyla dabei, wie sie die Telefonnummer in ihr Handy tippt. Was ihr dabei wohl durch den Kopf geht?

Mich schon über meine Triumph freuend, lehne ich mich nach vorn und kann mir ein zufriedenes Lächeln nicht verkneifen. Doch dann zögert Leyla; schaut einfach nur auf ihr Handy, anstatt die Verbindung herzustellen. Sie wird doch jetzt hoffentlich keinen Rückzieher machen!

"Entweder du tust es, oder ich muss das übernehmen.", drohe ich und ehe Lelya überhaupt daran denken kann, sich zu wehren, nehme ich ihr das Handy weg und drücke auf den grünen Hörer. Sofort nimmt sie ihr Handy wieder an sich, wirft mir einen Blick zu, der mich wahrscheinlich töten sollte, es aber zum Glück nicht getan hat und hält sich das Handy ans Ohr. Damit wäre mein Ziel erreicht!

Da wir ziemlich nahe beieinander sitzen, kann ich das Freizeichen ganz deutlich hören. Als die Verbindung schließlich hergestellt wird, umfasst Leyla ganz plötzlich meinen Arm, wie, um sich daran festzuhalten. Zögerlich nehme ich ihre Hand, die ein wenig zittert, so aufgeregt ist sie. Zumindest gehe ich davon aus, das es deswegen ist. Warum auch sonst?

Viel bekomme ich von dem Telefonat nicht mit, da ich nicht unhöflich sein und lauschen will! Dies ist eine Sache zwischen Leyla und ihren Eltern. Da sollte ich mich heraushalten.
Das gelingt mir anfangs auch ganz gut. Doch als Leyla wütend aufspringt und anfängt auf und ab zu laufen kann ich dann doch nicht anders. Während Leyla weiter mit ihrer Mutter diskutiert bleibe neben ihr stehen und als ihr die Tränen in die Augen steigen, kann ich nicht anders und nehme Leyla einfach in den Arm. Wahrscheinlich ist sie davon ausgegangen, das ihre Eltern so ausflippen werden und hat mich deswegen gebeten zu bleiben. Ich hätte es so oder so getan, egal, was passiert wäre!

Ach jetzt, als wir es uns in meinem Zimmer mit einem Film bequem gemacht haben, ist Leyla noch total aufgebracht. Wenn ich behaupten würde, das sie auch nur eine Minute von dem Film mitbekommen hat, müsste ich lügen. Und mir geht es nicht anders. Ich selbst bin so in meine Gedanken vertieft, das ich noch nicht einmal mitbekomme, das bereits der Abspann läuft. Doch weder Leyla, noch ich machen die Anstalten aufzustehen und den Fernseher abzuschalten. Irgendwann ist das Band zu Ende und der Bildschirm wird schwarz.

"Meinst du ich habe überreagiert?", fragt Leyla in die Stillw hinein. Kurz schaut sie zu mir herüber, wendet den Blick dann schnell wieder ab. Und ich habe keine Ahnung was ich antworten soll. Ich weiß nur, das ich es tun sollte!

"Ich denke ...", beginne ich und schiebe mir das Kissen in den Rücken.

" ... ihr habt beide eure Meinung stark vertreten.", antworte ich und weiß selbst nicht, was das zu bedeuten hat.

"Also habe ich überreagiert.", stellt Leyla fest und sieht mich fragend an.

"Keine Ahnung. Ein bisschen vielleicht, aber wenn du mich fragst hat deine Mutter das auch getan. Ich meine, nur weil du deine eigenen Pläne hast, dreht sie dir den Geldhahn zu. Das finde ich übertrieben."

"Mh.", macht Leyla nachdenklich.

"Ich fühle mich einfach so alleine gelassen. Es fühlt sich an, als wäre ich meine Eltern egal.", platzt es da, für mich völlig unerwartet, aus ihr heraus.

"Ich glaube nicht, das du deine Eltern egal bist. Ihnen fällt es einfach nur schwer, dich loszulassen und dich deine eigenen Wege gehen zu lassen. Aber das heißt nicht, das sie dich nicht trotzdem lieben." Oh man, so emotional kenne ich mich selbst nicht. Irgendetwas an ihr lockt diesen Teil von mir neuerdings immer wieder hervor.
Leyla legt die Stirn in falten, als müsste sie über meine Worte nachdenken.

"Meinst du?" Ich nicke.

"Kannst du mich mal kurz in den Arm nehmen?", fragt sie dann.

'Nicht's lieber als das.', denke ich, was ich aber natürlich nicht laut aussprechen kann.

"Klar, komm her.", antworte ich daher nur und deute auf den freien Platz neben mir. Leyla rutscht näher zu mir und lehnt den Kopf an meine Schulter. Ich lege den Arm um sie und ziehe sie, möglichst unauffällig, noch ein kleines Stückchen zu mir. Kann bitte, genau in diesem Moment die Zeit still stehen bleiben?

"Wenn ich jetzt die Augen zu mache, schlafe ich ein.", stellt Leyla irgendwann fest. Irgendwie klingt es so, als würde sie schon halb schlafen. Trotzdem bleibt sie neben mir sitzen und rührt sich keinen Millimeter.

"Und? Was wäre so schlimm daran?", frage ich, obwohl ich die Antwort zu kennen glaube.

"Was würden deine Geschwister denn davon halten? Vor Allem Jimmy." Leyla hebt den Kopf  und sieht mich an. Aber in diesem Moment wäre mir all das egal.

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