Kapitel 61

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-Leyla-

Etwas unbeholfen stehe ich vor meinem Kleiderschrank. Ich hätte Jimmy nicht so voreilig zusagen dürfen. Ich kann heute Abend ja schlecht in Jeans und T-Shirt zu dieser Veranstaltung gehen können. Nicht, seitdem ich die Outfits der anderen bereits gesehen habe. Ja, ein bisschen neidisch bin ich schon, aber das würde ich nie zugeben.

"Du guckst, wie zehn Tage Regenwetter.", stellt Kathy fest, die soeben in der Tür erschienen ist.

"Das trifft es ziemlich gut.", gebe ich zu und beginne meine Klamotten, die ich auf dem Boden ausgebreitet habe, zurück in den Schrank zu räumen. Kathy kommt zu mir, stellt den Wäschekorb, den sie bis eben unter den Arm geklemmt hatte ab und mustert mein Chaos.

"Garderobenprobleme.", antworte ich knapp.

"Ich wollte mit Patricia dann eh nochmal in die Stadt. Komm' doch einfach mit. Wir finden schon was passendes für dich.", schlägt Kathy vor.

"Echt lieb von dir, aber das kann ich mir nicht leisten.", gebe ich zu.

"Wir können dir doch was leihen."

"Nein, das kann ich nicht annehmen.", sage ich schnell.

"Wenn du Jimmy nicht wieder absagen willst, hast du keine andere Wahl.", sagt Kathy, zuckt mit den Schultern und geht.

"Danke.", rufe ich ihr nach.

Und so kommt es, das wir uns nach dem Mittagessen zu dritt auf den Weg in die Stadt machen. Das Wetter ist echt mies, was aber einiges leichter macht. Der Regen hält die meisten Leute zu Hause, sodass wir fast ungestört durch die Geschäfte schlendern können.
Bisher habe ich leider noch nicht's passendes für den heutigen Abend gefunden und die Hoffnung schon fast aufgegeben. Doch die beiden Kelly - Schwestern sind unermüdlich und schleppen mich schon in das nächste Geschäft. Gedankenverloren gehe ich durch die endlos scheinenden Reihen entlang der Kleiderständer. Doch so richtig begeistert bin ich nicht von den Sachen, die dort hängen. Und ein Teil, welches ich sogar bereit gewesen wäre zu probieren, war in meiner Größe leider aus. War ja klar!

"Wieder nicht's dabei?", fragt Kathy, als wir uns am Eingang wiedertreffen. Ich schüttele mit dem Kopf und versuche meine Enttäuschung so gut es geht zu verbergen.

"Wir finden schon noch was für dich.", sagt Patricia und legt mir aufmunternd den Arm um die Schultern. Da ist er wieder, der angeborene Kelly - Optimismus; wie Joey sagen würde. Durch die bisherigen Misserfolge hält sich meine Motivation jetzt leider in Grenzen. Doch Patricia und Kathy zu liebe, die sich echt Mühe geben, mich bei Laune zu halten, lasse ich mich, ohne zu meckern, zum nächsten Geschäft schleifen.

Seit drei Stunden sind wir schon unterwegs, was vor allem meine schmerzenden Füße deutlich machen. Ich weiß schon, warum shoppen nicht zu meinen Hobbys gehört. Wurde hiermit erneut bestätigt!

"Leyla!" Patricia's Rufen holt mich aus meinem Gedanken. Ich blicke mich suchend nach ihr um und entdecke sie in der hintersten Ecke des Geschäftes. Wild mit den Armen wedelnd, befielt sie mir, zu sich zu kommen. Die Hoffnung auf baldige Erlösung lässt mich fast von alleine zu den beiden laufen.

"Okay, letzte Chance mich zu überzeugen.", sage ich, als ich vor Kathy und Patricia zum Stehen komme.

"Ich denke unsere Chancen stehen gut.", meint Kathy zu ihrer Schwester.

"Da bin ich ja mal gespannt." Ich verkneife es mir mit den Augen zu rollen und gelangweilt die Arme vor der Brust zu verschränken. Die Beiden geben sich solche Mühe, da will ich nicht undankbar herüberkommen.

"Was hältst du davon?", fragt Patricia und holt ein Kleid hinter ihrem Rücken hervor. Zögerlich nehme ich es ihr ab und lasse den Blick über den weißen Stoff gleiten, der über und über mit kleinen, schwarzen Samen einer Pusteblume bestickt wurde.

"Und?" Abwartend sieht Patricia mich an.

"Das ist ... wow." Mehr fällt mir dazu nicht ein. Die beiden haben meinen Geschmack zu hundert Prozent getroffen.

Keine halbe Minute später stehe ich im einer der engen Umkleidekabinen. Gerade habe ich mir beim Ausziehen meines T-Shirt's den Ellenbogen angestoßen. Und das nicht zum ersten und wahrscheinlich auch nicht zum letzten Mal. Patricia und Kathy denken noch, ich ranaliere hier drin. Das gibt garantiert blaue Flecke!

Dafür, das ich noch nie in meinem Leben ein Kleid getragen habe, schaffe ich es ohne Probleme, es mir überzuziehen. Zum wiederholten Male streiche ich den weichen Stoff glatt,  ehe ich mich zum Spiegel umdrehe. Beinahe hätte mir mein eigenes Spiegelbild die Sprache verschlagen. Es gefällt mir was, oder besser gesagt, wen ich sehe. Alleine schon, weil ich mich selbst so noch nicht kenne; so elegant, so hübsch und am allerwenigsten - so erwachsen. In meine alltäglichen Klamotten habe ich mich immer wie ein Teenager gefühlt und mich leider auch oft so aufgeführt. Jetzt in diesem Kleid fühle ich mich zim ersten Mal in meinem Leben wie eine junge, erwachsene Frau.

"Du siehst bezaubernd aus.", höre ich Kathy neben mir sagen. Sie und Patricia haben die Köpfe in meine Kabine gesteckt und bewundern, genau wie ich, mein Spiegelbild. Bei ihren Komplimenten und ihrer Blicke wegen, laufen meine Wangen knallrot an. Verlegen streiche ich mir eine Haarsträhne hinters Ohr und schaue zu Boden.

"Damit stellst du uns heute Abend alle in den Schatten.", stellt Patricia fest.

"Jetzt hört auf!", fordere ich lachend und verberge mein Gesicht in den Händen.

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