Hurts

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"Hurt, but shit that doesn't kill you
Makes you strong, so bring it on"
Bonfire, Felix Jaehn und Alma

Chrystal klopfte an die hölzerne Tür von Umbridges Büro.             
„Herein“, kam es mit säuselnder Stimme von drinnen. Chrystal öffnete langsam die Tür und trat in das kleine Zimmer. Wie schrecklich. Überall hingen Zierteller mit Gemälden von komischen, sich bewegenden Kätzchen an den Wänden und ein unangenehmer Geruch lag in der Luft. Umbridges Geruch. Die Wände waren in rosa tapeziert, was perfekt auf Umbridges heutiges Outfit abgestimmt war und auf dem Schreibtisch in der Mitte lag ein weißes Spitzendeckchen.             
„Setz dich doch bitte mir gegenüber“, sagte die Frau zuckersüß und Chrystal ließ sich auf einem Stuhl nieder. Umbridge reichte ihr eine Feder und ein Blatt Pergament.             
„Darauf schreibst du jetzt bitte mit der Feder, die ich dir gegeben habe den Satz: Ich soll keine Verwirrung stiften.“ Sie lächelte. Im Ernst? Sätze schreiben? Daran musste doch irgendetwas faul sein.                 
„Wie oft?“, fragte Chrystal deshalb.
„So lange bis sich die Botschaft eingeprägt hat meine Liebe“, antwortete Umbridge und ihr Lächeln wurde noch breiter, wenn das überhaupt möglich war. Okay… 
„Ich habe keine Tinte, Professor."
„Die wirst du nicht brauchen mein Kind“, säuselte die Ministeriumshexe. Dann würde sie mal anfangen. Ohne Tinte. Vermutlich war die Feder verhext. Chrystal setzte die Spitze auf dem Pergament auf und begann den ersten Buchstaben zu schreiben. Die Tinte war rot und hatte einen seltsamen Geruch nach… War es Blut? Chrystal spürte ein schmerzhaftes Stechen auf ihrem Handrücken, als sie den Satz zu Ende schrieb.
Ich soll keine Verwirrung stiften.
Sie würde diese Botschaft wohl kaum verinnerlichen können, schließlich gehörte Verwirrung zu stiften sozusagen zu ihrem Berufsrisiko, aber vielleicht könnte sie sich ja damit abfinden es in Zukunft zumindest in Umbridges Unterricht sein zu lassen. Sie setzte die Feder eine Zeile weiter unten wieder auf und schrieb noch einmal. Sie erkannte, wie sich sanft geschwungene Linien auf ihrem Handrücken abbildeten. Nein. Das waren keine Linien. Das waren Zeichen. Das waren Buchstaben. Wörter. Und zwar nicht irgendwelche Wörter, sondern genau die, die Chrystal soeben zu Papier gebracht hatte. Sie schrieb… Nein. Das konnte nicht sein. Doch. Es war so. Es war wirklich so. Sie schrieb mit ihrem eigenen Blut. Das Mädchen zwang sich nicht zu Umbridge aufzuschauen und machte gespielt unbeirrt weiter. Bloß keine Schwäche zeigen. Buchstabe für Buchstabe. Satz für Satz. Papier für Papier. Die Schmerzen wurden schlimmer und schlimmer. Anfangs heilten die Schnittwunden immer wieder zu, doch nach einer Zeit blieben sie offen und Blut sickerte ihre Hand hinab auf das schreckliche, weiße Spitzendeckchen. Die dunkelroten Flecken hoben sich unschön von der weißen Tischdecke ab. Es wurde unerträglich, doch sie hörte nicht auf. Sie wollte Umbridge nicht die Genugtuung schenken sie besiegt zu haben. Sie leiden zu sehen. Die Wunde begann zu pochen und ihr Kopf schmerzte. Doch Chrystal kämpfte sich weiter. Immer weiter. Sie wusste nicht, wie viel Zeit bereits vergangen war, wie viele Blätter Pergament sie bereits beschrieben hatte, als es leise an der Tür klopfte und Umbridge scheinbar bestens gelaunt: „Herein“, flötete. Chrystal sah nicht auf, denn das hätte ihr vielleicht so viel Kraft geraubt, dass sie zusammengebrochen wäre.
„Professor Snape schickt mich. Ich soll Chrystal holen und auf ihr Zimmer bringen. Es ist schließlich schon lange Bettruhe.“ Es war Dracos Stimme, doch es schien, als käme sie von weit, weit weg. Verschwommen nahm das Mädchen wahr, wie Professor Umbridge sie aufforderte zu gehen. Sie legte die Feder beiseiten, erhob sich und versuchte so gefasst wie möglich zu bleiben. Sie versuchte mit festen, ruhigen Schritten den Raum zu verlassen. Draußen konnte sie zusammenbrechen, doch nicht hier. Nicht vor Umbridge. Sie sollte auf gar keinen Fall denken, dass sie Chrystals Willen gebrochen hätte. Denn das hatte sie nicht. Sie spürte, wie ihr das Blut weiter heiß die Hand hinunterrann und hoffte, es würde noch ein paar schöne Flecken auf Umbridges cremefarbenem Teppich hinterlassen. Draco hielt ihr die Tür auf und schloss sie hinter ihr wieder. Draußen lehnte sie sich erschöpft gegen die Wand.                               
„Von wegen Snape hat dich geschickt.“ Sie zwang sich zu einem gequälten Lächeln. „Der weiß doch wahrscheinlich noch nicht mal was davon, dass ich heute nachsitzen musste.“ Sie fuhr sich mit ihrer gesunden Hand an den Kopf, als sie ein Schmerz durchzuckte und ihr wurde für einen Moment schwarz vor Augen.                                           
„Alles okay?“, fragte Draco und Chrystal nickte, doch als sie sich von der Wand löste schwankte sie bedrohlich. Er legte vorsichtig einen Arm um ihre Hüfte und stützte sie.
„Was hat sie mit dir gemacht?“ Er sah sie ernst an. Chrystal zögerte und hielt ihm dann wortlos ihre noch immer blutende Hand hin. Sein Blick wurde fassungslos. „Das kann doch nicht ihr Ernst sein. Mein Vater hat mir von ihr und ihren Erziehungsmethoden erzählt… Aber sowas…“ Chrystal schüttelte den Kopf. Er holte ein Taschentuch hervor, mit dem er vorsichtig das Blut von ihrer Hand wischte, woraufhin sie vor Schmerz zusammenzuckte.                               
„Ist alles halb so schlimm. Das wird schon wieder“, murmelte Chrystal, doch Draco musterte sie nur zweifelnd.                                             
„Ich denke wir gehen damit jetzt erstmal zu Professor Snape. Das muss behandelt werden“, sagte er ruhig. Chrystal hob abwehrend die Hände, was wieder unerträgliche Schmerzen hervorrief.                                       
„Nein wir gehen nirgendwo hin. Das fehlt mir gerade noch, dass sie erfährt, dass ich heulend zu Professor Snape renne. Sie soll auf gar keinen Fall denken, ihre Methoden würden Wirkung erzielen“, erwiderte sie. Draco sah sie entnervt an.         
„Bitte Chrystal…“, seine Stimme klang flehend.                                           
„Nein. Ich gehe nicht zu Snape.“ Sie versuchte ihre Stimme bestimmt klingen zu lassen.                 
„Okay… Meinetwegen. Du machst sowieso, was du willst“, sagte er ergeben. „Dann werde ich mich eben drum kümmern. Aber ohne Garantie…“ Er stützte sie vorsichtig auf dem Weg nach unten in den Kerker. Der Gemeinschaftsraum war leer.                                               
„Wie viel Uhr ist es?“, fragte Chrystal.
„Halb zwölf“, antwortete Draco. „Ich hol kurz irgendwas Kühlendes. Du bleibst hier. Okay?!“ Chrystal musste ein wenig grinsen.                           
„Ich lauf schon nicht weg“, sagte sie. Er verschwand in Richtung der Jungenschlafsäle und Chrystal lehnte sich auf dem Sofa, auf dem sie saß, zurück. Als Draco wiederkam setzte er sich neben sie. Er hatte irgendeine kleine Dose dabei, die er jetzt aufschraubte. Er tauchte seinen Finger hinein und nahm dann ihre Hand, um die Salbe auf den Schnittwunden zu verteilen. Chrystal zuckte kurz zusammen, als sie die eiskalte Paste auf ihrer Haut spürte, doch dann ließ sie es geschehen. Es war eine angenehme Kühle, die den Schmerz tatsächlich ein wenig zu lindern schien.                             
„Wieso hast du mich da rausgeholt? Sie hätte mich sicherlich die ganze Nacht weitermachen lassen, wenn du nicht gekommen wärst.“ Sie sah ihn an. Draco schüttelte den Kopf. 
„Das konnte ich doch nicht zulassen, oder?“ Der Hauch eines Lächelns trat auf sein blasses Gesicht. Er hob seine Hand und strich ihr eine goldene Strähne ihres Haares hinters Ohr.
„Draco…“, begann sie.                   
„Ja?“                                     
„Danke.“                                       
„Immer wieder gerne.“ Er grinste spöttisch und strich ihr sanft über die Wange. „Und wenn das nicht besser wird, dann muss ich dich leider dazu zwingen zu Professor Snape zu gehen.“                                   
„Dann wollen wir hoffen, dass es besser wird.“ Mit diesen Worten stand Chrystal auf. Draco tat es ihr gleich.
„Gute Nacht“, murmelte sie leise.
„Bis morgen“, erwiderte Draco.     
„Ja.“ Chrystal drehte sich um und verschwand in Richtung der Mädchenschlafsäle. Die Schmerzen hatten sowohl in ihrem Kopf, als auch auf ihrem Handrücken nachgelassen. Zumindest soweit, dass ihr nicht mehr bei jeder Bewegung fast schwarz vor Augen wurde. Schlafen konnte sie trotzdem nicht. Sie lag wach und mit geöffneten Augen im Bett und starrte zur Decke. Die Schmerzen in ihrer Hand wurden gegen morgen wieder immer schlimmer und schließlich hielt Chrystal es nicht mehr aus. Die Wunde pochte stark und die Schmerzen waren noch unerträglicher, als am Abend in Umbridges Büro. Sie brauchte noch etwas von Dracos Salbe. So ungern sie ihn auch darum bat, weil er sie vermutlich zu Snape bringen würde… Es ging einfach nicht mehr. Also stand sie auf, versuchte dabei ihre Hand so ruhig wie möglich zu halten und warf sich ihren Umhang über bevor sie ihr Zimmer verließ und sich auf den Weg zu den Jungenschlafsälen machte. Sie wusste nicht, wo sein Zimmer war und erst, als ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte sie die Schilder an den Türen entziffern. Hier. So ziemlich am Ende des Ganges. Draco Malfoy und Blaise Zabini. Chrystal klopfte leise und öffnete dann die Tür. Im Zimmer war es noch dunkler als auf dem Gang und sie erkannte erstmal gar nichts.
„Draco?“, fragte sie leise in die Dunkelheit hinein.                   
„Draco ist nicht da“, murrte jemand. Es war Blaise Stimme.                   
„Wo ist er?“ Blaise machte das Licht an und blinzelte ihr verschlafen entgegen.                                       
„Ach du bist es.“ Er grinste scheinbar belustigt. „Ich würde mal aufm Astronomieturm nachschauen. Er geht oft da rauf, wenn er nicht schlafen kann. Nachdenken…“ Blaise sprach das letzte Wort aus, als wenn er selber nicht genau wüsste was das ist. „Darf ich jetzt weiterschlafen?“
„Ja. Danke“, erwiderte Chrystal und sah noch, wie Blaise das Licht löschte bevor er sich wieder auf sein Kissen sinken ließ.

Bild: Umbridges Feder

Chrystals Story (Wenn nur noch Liebe zählt...) (DM/OC) (Harry Potter FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt