"Vergangenheit ist Geschichte,
Zukunft ein Geheimniss
und jeder Augenblick ein Geschenk."
Ina DeterEin Knall ließ Chrystal hochschrecken. Das erste, was sie sah, war ein dunkler Umhang. Dann schwarzes, fettiges Haar und ein bleiches Gesicht. Es war Snape höchstpersönlich, der dort mitten in Ginnys Zimmer stand, die nicht wenig überrascht dreinblickte. Der Zaubertränkelehrer, den sie hasste in ihrem Zimmer. Das musste wohl erstmal ein Schock für die Gryffindor sein. Aber es war schließlich sie gewesen, die Snape gerufen hatte. Also sollte sie sich nicht beschweren. Oder hatte sie etwa gedacht er würde, wie ein Muggel durch die Tür kommen? Chrystal setzte sich etwas schwerfällig auf und ein Schaudern lief ihr den Rücken hinab. Ihre Hände waren, wie ihr gesamter Körper eiskalt.
„Chrystal.“ Auf seinem Gesicht war weder Wut noch Zorn zu sehen. Da war nichts als pure Erleichterung. Er schritt eilig zu ihrem Bett und holte ein Fläschchen aus seinem Umhang hervor. Snape öffnete es und reichte es Chrystal. Ihre Hand zitterte leicht, als sie es entgegennahm. Es schien, als wenn leuchtende Punkte darin schweben würden, doch es würde sie auch nicht wundern, wenn es nur Einbildung gewesen wäre, denn sie war nicht wirklich ganz bei Sinnen.
„Trinken Sie das ganz aus.“ Sie setzte die Flasche an ihre Lippen. Sollte sie das wirklich trinken? Snape könnte was auch immer daruntergemischt haben. Doch warum sollte er ihr schaden wollen? Voldemort brauchte sie und Dumbledore auch. Also war es im Endeffekt egal auf wessen Seite er stand, um zu wissen, dass er sie nicht umbringen wollte. Dass er sie nicht umbringen durfte. Sie beschloss ihm zu vertrauen. Also schluckte sie das Gebräu herunter. Es schmeckte erfrischend. Nach… War es Minze? So etwas Ähnliches auf jeden Fall. Als sie alles ausgetrunken hatte, reichte sie die kleine Flasche wieder Snape. Sie war nicht gestorben.
„Danke“, murmelte sie. Sie spürte, wie augenblicklich wieder all ihre Körperwärme zurückkehrte.
„Was haben Sie sich nur dabei gedacht einfach so zu verschwinden? Sie hätten sterben können, wenn Ms Weasley mich nicht gerufen hätte. Das Gift der Spinne ist noch immer nicht ganz aus Ihrem Körper verschwunden.“ Chrystal senkte ihren Blick zu Boden.
„Es war einfach alles zu viel. Ich… Ich wollte nichts mehr von all dem hören. Von Du weißt schon wem und was weiß ich sonst noch allem.“ Snape warf einen mehr oder weniger misstrauischen Blick zu der bisher still auf ihrem Bett sitzenden Ginny.
„Ms Weasley. Würden Sie bitte jetzt den Raum verlassen?“ Er schürzte die Lippen.
„Ich werde ihr ohnehin alles erzählen, Professor. Sie weiß sowieso schon mehr, als sie eigentlich dürfte.“
„Na dann bleiben Sie eben. Wieviel weiß sie?“ Snape sah sie abwartend an.
„Ungefähr genauso viel, wie Sie, Sir. Allerdings erst seit heute und ohne genauere Details.“ Chrystal sah zu der Rothaarigen hinüber, die die beiden ausdruckslos musterte. Sie sah aus ihrem Augenwinkel, wie Snape nickte.
„Dann macht es wohl nichts, wenn sie bei unserer Besprechung jetzt dabei ist. Es ist vielleicht sogar durchaus sinnvoll. Denn so weiß sie mehr, worum es bei dem Ganzen eigentlich geht.“ Chrystal nickte leicht.
„Sie können sich gerne setzen, Professor“, sagte sie und ließ mit einem Schlenker ihres Zauberstabs einen Stuhl vom anderen Ende des Raumes herbeischweben, auf den sich Snape setzte, bevor er die Tür verschloss.
„Man sollte mich hier nicht sehen. Sie werden Ihrer Familie später erzählen, dass Chrystal soeben von Dumbledore hierher appariert wurde, Ms Weasley“, sagte er mit einem Blick zu Ginny. „Ich denke du bevorzugst es hier zu bleiben, Chrystal?“ Er sprach sie jetzt mit Du an. Schon irgendwie komisch.
„Ja“, antwortete sie wahrheitsgemäß und meinte beinahe einen Ausdruck von Traurigkeit über Snapes Züge huschen zu sehen.
„Okay. Dumbledore hat mich angewiesen dich über einige Umstände zu unterrichten. Der dunkle Lord hat über Draco von dir erfahren, doch das weiß außer Ms Weasley hier, Voldemort, Dumbledore, Draco, mir und einigen anderen hochgestellten Todessern noch keiner. Ich weiß, dass Draco dich nur auf deine Anweisung hin an den dunklen Lord verraten hat und ich schätze deine Selbstlosigkeit sehr. Doch du solltest trotz allem besser auf dich aufpassen. Ich könnte jetzt anfangen wütend auf dich zu sein, doch das ist jetzt ohnehin hinfällig, denn der Plan hat sich geändert.“ Aha. Der des Ordens also auch. „Wie du vermutlich gemerkt hast liegt dem dunklen Lord etwas an dir. Es hat mit der Prophezeiung zu tun und wenn es nach mir ginge, so hätte ich dir ihren Inhalt schon sehr viel früher gesagt, doch Dumbledore ist der Meinung, dass selbst jetzt noch nicht der richtige Zeitpunkt ist. Nun ja. Wie auch immer.“
„Sie kennen auch den Inhalt der Prophezeiung?“ Sie sah ihn erstaunt an. Wer wusste denn jetzt schon alles davon?
„Ich habe vom dunklen Lord davon erfahren, denn ich bin einer seiner engsten Vertrauten, doch das ist jetzt nicht weiter wichtig.“ Aha. Einer der engsten Vertrauten Voldemorts also… Vier Leute wussten nun schon über den Inhalt ihrer Prophezeiung bescheid. Snape, Dumbledore, Firenze und Voldemort. „Harry soll weiter nichts von deiner Anwesenheit in Hogwarts erfahren, denn du wirst, wie bereits gesagt eine neue, bisher eigentlich nicht geplante Aufgabe bekommen, die von äußerster Wichtigkeit ist. Dumbledore wird sie dir überbringen, wenn du in Hogwarts bist. Dann wirst du verstehen, weshalb Harry dich noch immer nicht erkennen darf. Wenn alles funktioniert, dann wird sich für dich in deinem fünften Schuljahr einiges ändern. Doch dazu dann, wenn es so weit ist.“ Er musterte sie ernst und sie sah zu Boden. Irgendwie war ihr das alles etwas unangenehm. Bald würden sie alle erfahren, dass sie keine Aufgaben für Dumbledore mehr erfüllen würde. Bald würden sie erfahren, dass sie nicht mehr eine von Dumbledores Leuten war. Bald würden sie erfahren, dass ihre Pläne, was auch immer sie beinhalteten nicht aufgehen würden. Dass sich Chrystals Plan bereits seinen eigenen Weg gebahnt hatte und dass er sich nicht mit dem des Ordens vereinbaren lassen würde. Wie denn auch?
„Wie… Wie geht es Draco? Ist… ist er schon ein Todesser geworden?“ Ginny schnappte erschrocken nach Luft und Snape sah sie teils besorgt, teils verwundert an.
„Woher weißt du das?“ Verdammt. Das stimmte. Snape wusste natürlich nichts davon, dass sie bei Voldemort gewesen war. Das hatte er ihm wohl nicht erzählt.
„Sir… Ich möchte nicht, dass das irgendwer erfährt, doch ich war am Anfang der Sommerferien bei Du weißt schon wem. Er hat mich zu sich gebeten. Und ich hatte meine Gründe seiner Einladung zu folgen. Niemand weiß davon. Nun ja… Niemand außer Narzissa, Voldemort und Draco. Und jetzt Ginny und Ihnen.“ Sie sah ihn an und Snape nickte.
„Wenn du nicht möchtest, dass Dumbledore davon erfährt, dann werde ich dafür sorgen.“ Sie lächelte ihm dankbar zu. „Doch ich möchte trotzdem wissen, was er dir dort gesagt hat.“
„Er… Er wollte, dass ich Draco helfe. Dass ich ihm… Dabei… Nun ja. Dabei helfe, die Todesser ins Schloss zu schmuggeln und Dumbledore zu töten.“ Ginny schlug sich jetzt die Hand vor den Mund und Snape musterte sie scheinbar wissend.
„Er hat noch etwas gesagt. Nicht wahr?“ Woher wusste er das denn jetzt schon wieder?
„Ja… Und das ist auch der Grund, weshalb ich seinem Ruf folgte, doch ich möchte nicht darüber reden.“ Sie beendete ihren Satz hart und zeigte den Anderen so, dass hier Schluss war und sie nicht mehr sagen würde.
„Chrystal… Ich kann dir nur einen Tipp geben. Mach dich nicht verrückt. Am Anfang des Schuljahres wird sich alles erübrigen. Alles wird sich zu einem treffen und du wirst einen einzigen, richtigen Pfad verfolgen können ohne jemanden zu enttäuschen.“ Sie sah ihn zweifelnd an. Was sollte das denn jetzt schon wieder bedeuten? Wenn er wüsste, dass sie sich bereits für den falschen Weg entschieden hatte… Was würde er dann sagen? Wenn er wüsste, dass sie bereits auf dem Weg war viel zu viele Personen zu enttäuschen.
„Vertrau mir.“ Er sah sie einen Moment lang durchdringend an, bevor er sich erhob. „Ich werde jetzt gehen.“
„Sir…“ Er drehte sich noch einmal zu ihr um.
„Ja?“
„Können Sie Draco etwas ausrichten?“
„Selbstverständlich“, erwiderte er. Was hatte sie sich eigentlich dabei gedacht. Was wollte sie Draco sagen? Ja… Was eigentlich? „Sagen Sie ihm, dass es mir leidtut.“ Er musterte sie kurz und nickte dann.
„Ich werde daran denken.“
„Auf Wiedersehen, Sir“, sagte Chrystal.
„Auf Wiedersehen, Professor“, meinte auch Ginny.
„Bis bald. Ich werde dir deine Medizin morgens und abends noch zwei Wochen lang mit einer Eule schicken“, murmelte Snape knapp bevor er mit einem Knall wieder disapparierte.
Ginny schien verblüfft. Sie starrte Chrystal an, als wenn sie vom Mars oder sonstwoher käme.
„Was?“, fragte Chrystal, obwohl sie genau wusste, was los war.
„Das ist alles total krass, Chrys. Ich darf doch Chrys sagen, oder? Das ist kürzer.“ Chrystal nickte schwach. „Gut. Das ist der Wahnsinn. Und das machst du alles mit? Und vor allem… Wie hast du es geschafft dich so lange zu tarnen? Wie hast du das alles gemacht? Du solltest ein Buch schreiben.“ Ginny grinste.
„Ein Buch? Du hast Vorstellungen.“ Chrystal lachte mehr oder weniger gelöst.
„Naja. Wenn der Krieg eines Tages vorbei ist? Das wäre doch was. Und sowieso viel spannender, als irgendein Modebuch.“ Die Rothaarige legte sich längs auf ihr Bett und verschränkte ihre Hände unter ihrem Kopf. „So… Ich würde jetzt gerne mal sehen, wie du dich eigentlich immer in Eliza Lane verwandelst.“
„Das ist hier doch kein Kino.“
„Och komm schon. Bitte.“
„Meinetwegen. Da ist nichts Großartiges dabei.“ Sie holte ihren Zauberstab hervor und schwang ihn über ihr Gesicht und ihren Körper. Bis sie wieder blond und braunäugig, sowie um einige Jahre älter war.
„Wow.“ Ginny grinste noch immer. „Ich bin begeistert.“
„Gut… Dann lass uns jetzt runtergehen und allen die frohe Botschaft verkünden, dass Eliza Lane wieder da ist.“ Sie lachten.
„Es gibt wahrscheinlich sowieso bald Abendessen“, meinte Ginny. Vor der Tür blieb Chrystal noch einmal kurz stehen.
„Ich brauche dein Versprechen. Dein Versprechen, dass du, solange ich dir nicht das okay gebe, niemandem von dem erzählst, was du soeben in diesem Raum erfahren hast.“ Ginny verdrehte scheinbar genervt die Augen. „Ich meine das ernst“, sagte Chrystal und hielt ihr die Hand hin.
„Okay. Wie du meinst.“ Sie nahm ihre Hand. „Und unser Freundschaftspakt wäre hiermit auch geschlossen.“ Chrystal schüttelte grinsend den Kopf, doch das plagende schlechte Gewissen war noch immer da und sie wusste, dass es nicht all zu bald verschwinden würde. Sie öffnete die noch verschlossene Tür und machte sich mit Ginny auf den Weg nach unten in die Küche der Weasleys.
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Bild: Severus Snape
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Chrystals Story (Wenn nur noch Liebe zählt...) (DM/OC) (Harry Potter FF)
FanfictionDie Prophezeiung über Chrystal Lily Potter, Harrys jüngere Schwester besagt Schreckliches und Albus Dumbledore will verhindern, dass sie sich bewahrheitet, indem er versucht das Mädchen von Harry und Voldemort fern zu halten. Doch eine Prophezeiung...