"Remember me now, time cannot erase
I can hear your whispers in my mind
I've become what you cannot embrace
Our memory will be my lullaby"
Sing me to sleep, Alan WalkerAm nächsten Morgen war Draco bereits verschwunden, als Chrystal aufstand. Sie warf einen Blick auf die magische Uhr an der Wand. In einer Stunde würde der Unterricht beginnen. Sie hatte also noch genug Zeit, um sich fertig zu machen. Sie betrat das Bad und ihr Blick fiel im Spiegel auf die kleine Narbe an ihrer Augenbraue, die dort vor vierundzwanzig Stunden noch nicht gewesen war. Sie strich langsam mit ihrem Zeigefinger darüber und ließ ihre Hand wieder sinken. Woher kam die Narbe? Was war passiert? Und erst da fielen ihr all die Ereignisse des letzten Abends wieder ein und begannen wie tausende kleine Nadelstiche auf sie niederzuprasseln. Sie hatte es wohl geschafft sie erfolgreich hinter ihre Okklumentikschilde abzuschieben, doch jetzt überfiel sie alles wieder. Chrystal schloss für einen Moment die Augen und atmete tief durch. Das war ihr gerade alles verdammt nochmal zu viel. Sie würde jetzt erstmal in Ruhe duschen gehen und danach sah die Welt vielleicht schon wieder ganz anders aus.
Doch da hatte sie sich gründlich getäuscht. Sie kam den ganzen Tag lang nicht zur Ruhe. Ständig hörte sie das Lachen Voldemorts in ihrem Kopf. Ständig meinte sie ihre eigenen Schreie von den Wänden des Hogwartsgebäudes wiederhallen zu hören. Ständig fühlte sie sich von irgendwem beobachtet. Es war ein reiner Verfolgungswahn. Draco bekam sie den ganzen Tag nicht zu Gesicht und mit Ginny hatte sie auch keinen Unterricht. Sie konnte mit keinem wirklich reden und wusste nicht, ob sie froh darüber sein sollte. Der Schultag strich an ihr vorbei. Erst am Abend traf sie Draco im Gemeinschaftsraum an.
„Wie geht’s“, fragte er sie nur und sie seufzte.
„Den Umständen entsprechend ganz gut. Wir müssen reden. In Ruhe.“ Sie nahm Draco an der Hand und führte ihn nach draußen. Sie wollte zum See. Dort konnten sie alleine sein und kein Unerwünschter würde sie belauschen. Das Wasser war ruhig und schwarz. Es war ein windstiller, bewölkter Tag. Die Sonne würde heute wohl keiner mehr zu Gesicht bekommen.
„Ich… Es gibt etwas, was ich dir bisher verschwiegen habe Draco und was unseren Auftrag um einiges erleichtern könnte. Ich weiß nicht, ob Snape schon mit dir darüber gesprochen hat…“ Er sah sie erstaunt an.
„Und das wäre?“ Chrystal atmete tief durch. Sie hatte lange mit sich selbst gehadert, ob sie Draco diese Information überbringen sollte, um damit endgültig Dumbledores Schicksal zu besiegeln, doch sie hatte die Seiten gewechselt und eine loyale Anhängerin des dunklen Lords würde ihm niemals eine solch erleichternde Information vorenthalten. Außerdem konnte sie es so auch für sich selbst noch weiter hinauszögern.
„Ich… Dumbledore leidet unter einer Krankheit. Er wird schwächer werden und hat nicht mehr lange zu leben. Es wird leichter sein ihn erst gegen Ende des Schuljahres zu stellen und zu töten. Verstehst du?“ Er nickte und eine Falte bildete sich zwischen seinen Augenbrauen, während er über irgendetwas nachzudenken schien.
„Ja.“ Er musterte sie eine Weile. „Ist das der Grund, weshalb es dir so leicht fällt mir zu helfen? Weil du weißt, dass er sterben wird?“ Sie sah zu Boden und schüttelte den Kopf.
„Vielleicht erleichtert das die Sache im Nachhinein ein kleines bisschen, aber ich kann dir versichern, dass ich mich schon lange, bevor ich das erfahren habe dafür entschieden habe dir zu helfen. Trotz alledem sollten wir das Schuljahr über zumindest versuchen ihn umzubringen. Je früher er stirbt umso besser.“ Oh Gott. Das hatte sich gerade irgendwie überhaupt nicht nach ihr angehört und auch Draco musterte sie eine Weile leicht irritiert, bevor er sich wieder fing. „Hast du schon irgendwelche Ideen?“
„Ja. Ich hatte den Plan, dass wir zum Beispiel diese Wirtin in den drei Besen mit dem Imperius belegen. Sie könnte den Schülern oder Lehrern Dinge geben, die die dann zu Dumbledore bringen sollen. Ich habe ein verfluchtes Medaillon bei Burgin und Burkes reserviert, dass ich ihr zukommen lassen würde. Ich meine es ist unwahrscheinlich, dass das durchkommt, aber einen Versuch ist es wert. Und ich habe gedacht wir könnten uns solche Münzen wie die von der DA machen, damit wir besser mit ihr kommunizieren können, ohne dass es auffällt.“ Er sah sie abwartend an. Chrystal sah zu ihm auf und nickte.
„Hört sich nach einem Plan an. Und wie wollen wir die Todesser ins Schloss bekommen?“ Sein Blick schien ratlos.
„Dazu habe ich leider noch gar keine Ideen.“ Er sah stumm zu Boden und wirkte bedrückt.
„Okay. Ich werde mich mal drum kümmern. Mach dir keine Sorgen. Wir schaffen das schon.“ Er sah wieder zu ihr auf und sein Blick verdunkelte sich augenblicklich.
„Ich sollte mir aber Sorgen machen. Ich hätte dich niemals in die ganze Sache reinziehen dürfen. Ich hätte dich gestern nicht zum dunklen Lord bringen dürfen. Ich habe dich in Gefahr gebracht. Ich habe zugelassen, dass er mich zwingt dich zu foltern.“ Er biss sich auf die Lippe und sah sie dann ernst an.
„Draco… Ich mache das alles freiwillig. Du trägst keine Schuld dafür“, sagte sie laut und bestimmt.
„Oh doch. Das tue ich.“ Wieso war er nur so verdammt stur?
„Bitte sag das nicht. Es stimmt nicht.“ Sie war aufgebracht. Ihre Welt war ohnehin schon kurz vor dem Zusammenbruch. Sie konnte jetzt nicht auch noch Draco davon überzeugen, dass er keine Schuld an all dem, was gestern passiert war trug. Das war alles zu viel.
„Ich lasse nicht zu, dass dir so etwas nochmal passiert. Ich schaff…“ Weiter kam er nicht.
„Du schaffst das verdammt nochmal nicht alleine. Ich werde dir helfen. Egal, was du sagst. Egal, was du tust. Es hilft ohnehin nichts. Der dunkle Lord wird mich foltern wann er will und wo er will. Es ist egal, ob ich dir nun helfe oder nicht. Er wird es so oder so tun. Draco verstehst du das denn nicht.“ Sie schrie beinahe. Sie war einfach am Ende mit den Nerven. „Es tut mir leid.“ Mit diesen Worten drehte sie sich um und verschwand in Richtung Schloss.
In der Eingangshalle blieb sie stehen. Sie musste kurz ihre Gedanken sammeln und sortieren, denn wirre ungeordnete Gedanken konnten viel zu schnell dazu führen, dass man Dinge sagt, die man eigentlich nicht sagen sollte oder will. Dann machte sie sich auf den Weg in Richtung Kerker. Auf der Treppe kam ihr eine hochgewachsene Person in schwarzem Umhang entgegen. Snape. Er schien überrascht, als er sie erblickte.
„Ms Among“, kam es schon von ihm, als er noch einige Stufen weiter unten war. „Ich muss mit Ihnen reden. Kommen sie.“ Er machte kehrt und führte sie die Treppe, die er soeben hinaufgekommen war, wieder nach unten. Er hatte sein Büro scheinbar noch immer dort unten bei den Kerkern, wo er es bereits gehabt hatte, als er noch Lehrer für Zaubertränke gewesen war. Er öffnete die Tür mit seinem Zauberstab. Es sah auch noch immer genauso aus wie im letzten Jahr. Überall an den Wänden Regale mit Zutaten für Tränke. Seine Vorliebe für das Brauen von Tränken schien er nicht verloren zu haben. Snape bot ihr einen Stuhl an und sie setzte sich ihm gegenüber an den kleinen Tisch.
„Chrystal. Bist du wieder wohlauf?“ Sie musterte ihn misstrauisch. Was wollte er?
„Ich denke schon, Sir.“ Ihre Miene blieb kalt und steinern.
„Das freut mich zu hören. Du musst wissen, dass einem das als Dienerin des dunklen Lords durchaus desöfteren passieren kann. Du musst das alles nicht tun, wenn du nicht willst.“ Jetzt fing er auch noch damit an. Sie schüttelte den Kopf. Das war es also worauf er hinaus wollte.
„Sir. Ich kann und werde Draco nicht damit alleine lassen.“ Ihre Stimme klang sicher und bestimmt, auch wenn sie sich im Augenblick nicht wirklich so fühlte.
„Er ist nicht allein. Ich stehe ihm immer zur Seite. Und nachdem Dumbledore nun ohnehin weiß, dass er sterben wird, wird er sich töten lassen. Egal, ob es nun du oder Draco tust.“
„Ich dachte, dass ihr mehr wisst. Über das, was Liebe bedeutet und was sie bewirken kann.“ Sie musterte ihn prüfend.
„Ich weiß viel, Chrystal, doch ich möchte nicht, dass du dir damit dein ganzes Leben zerstörst.“
„Habe ich das nicht ohnehin schon?“ In seinem Blick trat beinahe etwas Trauriges.
„Wieso tust du das alles einfach so, Chrystal? Ohne jegliche Aussicht auf Gegenleistung?“
„Ich tue das, damit es ein bisschen mehr Liebe auf dieser Welt gibt. Es mag noch so falsch aussehen, doch es ist richtig so, Professor. Es tut weh, aber ich weiß, dass es für mich keinen besseren Weg gibt.“
„Und dafür nimmst du all das in Kauf?“
„Damit die zukünftigen Kinder dieser Erde in einer besseren Welt mit ein bisschen mehr Liebe aufwachsen können? Ja.“ Sie hielt seinem forschenden Blick stand. Versuchte er gerade in ihren Geist einzudringen? Vielleicht. Doch das ließ sie nicht zu. Da waren zu viele Zweifel. Zu viel Angst, die sie nach außen hin nicht zeigte.
„Nun gut, Chrystal. Du wirst es selber am besten wissen.“ Sie nickte und stand auf.
„Darf ich jetzt gehen, Sir?“
„Du bist doch schon dabei.“ Ein undefinierbarer Ausdruck trat auf sein Gesicht. Was war es? Ein Lächeln? Aber wenn, dann kein spöttisches Lächeln, sondern ein offenes freundliches. War Snape zu so etwas fähig? Vielleicht. Sie lächelte ebenfalls zaghaft und drehte sich dann zur Tür um.
„Auf Wiedersehen, Sir.“
„Bis bald“, meinte dieser nur und Chrystal verschwand nach draußen. Sie hielt zielstrebig auf den Gemeinschaftsraum der Slytherins zu. Hoffentlich war Draco noch nicht da. Sie hatte keine Lust oder besser gesagt einfach keine Kraft das jetzt auszudiskutieren. Das hatte Zeit bis morgen und wenn sie Glück hatte, dann würde es sich einfach von selbst auflösen. Und er war wirklich nicht da, als sie den Gemeinschaftsraum betrat. Also machte sie sich schnell auf den Weg in Richtung ihres Zimmers. Sie öffnete mit einem Schlenker ihres Zauberstabs die Tür. Jetzt brauchte sie erstmal eine sehr, sehr warme Dusche. Doch bevor sie das Bad auch nur betreten konnte klopfte es zaghaft und leise an der Tür. Hoffentlich war das jetzt nicht Draco. Sie rief laut: „Herein.“ Die Tür öffnete sich und ein Mädchen stand im Türrahmen. Chrystal kannte die Slytherin Fünftklässlerin, obwohl sie denselben Jahrgang besuchten nur aus der Ferne, denn sie besuchte die Schule erst seit diesem Jahr. Vorher soll sie Privatunterricht gehabt haben. Sie war eine Lestrange, soweit Chrystal wusste, und von den Lestranges war schon immer bekannt gewesen, dass sie treue Anhänger des dunklen Lords gewesen waren oder eben noch immer sind. Sie warf ihr langes, glänzendes schwarzes Haar zurück und lächelte auf eine komische Art und Weise stolz, hochmütig und schüchtern zugleich, als sie den Raum betrat.
„Was gibt’s?“, fragte Chrystal.
„Ich soll dir nur was geben. Von Slughorn.“ Es war ein Briefumschlag. Mit einer kitschigen lila Schleife verziert. Chrystal verdrehte entnervt die Augen.
„Wahrscheinlich eine Einladung zu so einem bescheuerten Abendessen“, sagte sie mehr zu sich selbst, als zu dem Mädchen vor ihr.
„Ich geh dann mal wieder“, meinte die. Sie schien für eine Reinblüterin und eine Lestrange irgendwie ungewöhnlich zurückhaltend. Naja. Vielleicht war das auch nur eine hochmütige Fassade, die zeigen sollte, dass sie sich für etwas Besseres hielt. Aber was interessierte sie das schon.
„Okay. Danke. Tschüss.“
„Ciao.“ Mit diesem letzten Wort verschwand sie wieder. Chrystal öffnete den Umschlag. Sie überflog die Zeilen, die Slughorn geschrieben hatte. Morgen um halb sechs zum Abendessen. Na toll. Da hatte sie nicht mal was Sinnvolles vor, von dem sie sagen könnte, dass es wichtiger sei. Ganz ehrlich sie hatte einfach keine Lust mit dem Typ zu reden und irgendwelche blöden Fragen zu beantworten, deren Antworten ihn genauso wenig etwas angingen, wie alle anderen, die zu diesem Abendessen kommen würden. Naja. Darüber konnte sie sich später auch noch aufregen. Jetzt brauchte sie erst recht erstmal wieder eine heiße Dusche.
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Bild: Slughorns Einladung
Handlung parallel zu The Guardians Story Kapitel 15 (Everything goes its way)
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Chrystals Story (Wenn nur noch Liebe zählt...) (DM/OC) (Harry Potter FF)
FanfictionDie Prophezeiung über Chrystal Lily Potter, Harrys jüngere Schwester besagt Schreckliches und Albus Dumbledore will verhindern, dass sie sich bewahrheitet, indem er versucht das Mädchen von Harry und Voldemort fern zu halten. Doch eine Prophezeiung...