I'm not alone

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We're running out of time, chasing our lies
Every day a small piece of you dies
Always somebody you're willing to fight
To be right...
Your lies are bullets, your mouth the dirt
And no war in anger was ever won
Put down the fight before igniting
Let's time your fighting..."
Kill'em with kindness, Selena Gomez

Es war Samstag. Sie hatte ihr Zimmer noch immer nicht verlassen. Heute musste sie. Das hatte Narzissa ihr gestern versucht klarzumachen, doch sie hatte es nicht wirklich wahrhaben wollen. Draco war seit einigen Tagen nicht mehr bei ihr gewesen. Er hatte ihr nicht gesagt, wohin er gehen würde. Vielleicht war er sogar noch im Haus. Oder vielleicht hatte er es ihr doch gesagt. Aber sie hatte es auf jeden Fall nicht wahrgenommen. Narzissa hatte einmal etwas von wegen eines Auftrages für den dunklen Lord erzählt, doch auch das hatte sie reichlich wenig interessiert. Früher war sie aufgeweckt und neugierig gewesen. Jetzt war sie aufgezehrt und teilnahmslos. Nichts konnte sie mehr begeistern und alles machte sie fertig. Sie hatte schon seit Tagen nicht mehr geweint. Nicht, weil ihr nicht danach gewesen wäre, sondern, weil sie einfach nicht mehr konnte. Weil es sich ausgeweint hatte. Weil sie beinahe gefühlslos geworden war. Sie richtete sich auf. Es war halb neun. Um neun sollte es beginnen. Nicht, wie sonst, unten im Salon, sondern an einem anderen Ort. Narzissa wollte mit ihr hinapparieren. Das hatte sie nach etlichen Wiederholungen von Dracos Mutter tatsächlich aufgenommen.

Es klopfte.
„Chrystal? Bist du fertig?" Sie antwortete nicht, aber was erwartete Narzissa nach all dieser Zeit, die sie nun seit Dumbledores Tod schon hier war. Die blonde Frau trat ein. Chrystal saß auf ihrem Stuhl am Fenster. Sie trug Leggins und ein weißes Top.
„Wenn ich so gehen kann, dann bin ich fertig." Wow. Sie hatte doch geantwortet. War das etwa ein Weg zur Besserung?
„Ich denke, dass das okay so ist. Kommst du?" Sie hörte die Unsicherheit in der Stimme von Dracos Mutter. Sie hatte Angst, dass Chrystal gleich wieder abtauchen würde. In ihre Depression, in der sie niemand erreichen konnte. Sie seufzte und erhob sich. Allerdings nur, um Narzissa einen Gefallen zu tun und nicht, weil sie das selbst wollte. Die Frau lief vorraus zur Tür und schob Chrystal nahezu hindurch. Es war nun bereits eine sehr gute Woche her, seit sie das letzte Mal diesen Gang betreten hatte. Snape hatte es geschafft die Versammlung noch eine weitere Woche hinauszuzögern, doch weiter ging es nicht. Chrystal konnte nicht sagen, dass es ihr wirklich besserging. Sie war noch immer blass und dürr. Die einzige positive Veränderung an ihrem Aussehen war wohl, dass ihre Augen nicht mehr so rot und verweint waren, wie noch vor einer guten Woche. So viel zum Körperlichen und geistig hatte sich ehrlich gesagt eigentlich auch nichts verbessert. Sie fühlte sich noch immer irgendwie von innen ausgekühlt. Alles fiel ihr so schwer und reden war eine Qual für sie. Sie mied den Kontakt mit anderen Menschen und hasste es, wenn man ihr Fragen stellte. Die Gedanken an ihren Auftrag, an all die Menschen dort draußen, an... Sie wollte nicht darüber nachdenken. Sie mied es sie auch nur anzusehen. Meist saß sie am Fenster und starrte mit leerem Kopf und leeren Augen nach draußen. Ohne zu denken und ohne etwas zu sehen. Das war, wenn auch vielleicht nicht gerade die effektivste, doch die einfachste und schmerzloseste Art und Weise mit den Ereignissen des letzten Tages in Hogwarts umzugehen.

Am Fuß der Treppe stand bereits jemand. Bellatrix Lestrange und ihr gegenüber... Ein Mädchen mit langen schwarzen Haaren. Sie unterhielt im Flüsterton sich mit der Todesserin und stand mit dem Rücken zu Chrystal und Narzissa. Die Schwarzhaarige wandte sich erst um, als sie Schritte hinter sich wahrnahm. Es war die Lestrange aus Chrystals Jahrgang mit den beinahe beängstigend dunklen Augen. Olivia hieß sie. Olivia Lestrange. Sie musterten sich einen Moment lang gegenseitig abschätzend. War sie auch eine Todesserin? Oder würde sie auch eine werden? Chrystal wusste es nicht und irgendwie war es ihr auch egal.
„Können wir gehen, Zissy?", flötete Bellatrix und Narzissa nickte leicht.
„Wir wären so weit", erwiderte sie und lief mit erhobenem Haupt durch die Eingangshalle hindurch zur Tür. Sie öffnete mit einem Schlenker ihres Zauberstabs und sie traten hindurch. Die Luft draußen war bereits angenehm kühl und die Sonne wandte sich langsam dem Horizont zu. Es wurde zu dieser Jahreszeit erst spät dunkel. Früher hatte Chrystal das genossen. Sie hatte das Tageslicht immer geliebt. Sie hatte es zum Leben gebraucht. Jetzt war es ihr fast schon gleichgültig. Es hätte ihr inzwischen nichts mehr ausgemacht ihr Leben auf der Stelle zu beenden. Es war hart und irgendwie traurig, aber wahr. Sie traten durch das eiserne Tor. Keiner sagte irgendetwas und schweigend apparierten sie. Chrystal mit Narzissa und Olivia mit Bellatrix.
Es herrschte eine dunkle Stimmung in dem Wald. Die Bäume warfen lange Schatten und das Sonnenlicht wurde fast gänzlich von ihren Kronen verschluckt. Es war still und das einzige Geräusch war das Knacken der Äste unter ihren Füßen.
„Narzissa, Bella, Olivia und meine Tochter. Ihr seid die ersten", ertönte die kalte Stimme aus der Finsternis und sofort warfen sich die vier ohne nachzudenken auf den Boden. Er war voller Nadeln und vermutlich krochen da auch jede Menge Spinnen herum, doch das störte in dem Moment keinen. Es gab unangenehmere Dinge, als ein paar Tannennadeln und Insekten auf der Kleidung zu haben. „Erhebt euch", drang jetzt seine Stimme eisig an ihre Ohren. Chrystal stand auf. Rechts neben ihr stand Olivia und links neben ihr Narzissa. Voldemort befand sich etwa fünf Meter vor ihnen und strich mit seinen Fingern beinahe liebevoll über seine hässliche Schlange. Verdammt. Sie durfte solche Dinge nicht in seiner Gegenwart denken. Aber was sollte schon geschehen? Er könnte sie töten. Aber was bedeutete das schon? Was bedeutete schon ihr Leben? Es war ohnehin wertlos geworden. Nach alldem, was sie bereits getan hatte.

Nach und nach trafen immer mehr Todesser ein. Viele trugen ihre Masken. Manchmal fragte Chrystal sich warum eigentlich. War es ihnen tatsächlich unangenehm Todesser zu sein? Als Todesser erkannt zu werden? Hatten sie Angst von anderen Todessern verraten zu werden? Das konnte es jawohl kaum sein. Olivia verschwand irgendwann in der Menge und da Chrystal sie später nirgendwo mehr finden konnte vermutete sie, dass auch sie ihre Maske aufgezogen hatte. Bellatrix schien so etwas nicht nötig zu haben und stand mit überheblichem Gesicht gegen einen abgestorbenen Baum gelehnt. Chrystal hielt sich an Narzissa, die immer wieder mit nervösen Blicken die Menge absuchte. Vermutlich nach Draco. Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie darauf noch gar nicht geachtet hatte. Draco war tatsächlich nicht hier.
„Heute ist der Tag gekommen, an dem meine Tochter endgültig eine von uns werden wird." Er lachte heiser. „Tritt vor." Chrystal senkte den Blick zu Boden. Eine für sie untypische Geste. Aber in dem Moment war ihr das egal. Vor ihm blieb sie leicht unschlüssig stehen. „Knie vor mir nieder." Sie tat, wie ihr geheißen. Ein Ast bohrte sich in ihr Schienbein, doch das war ihr in dem Moment ebenfalls egal. Voldemort hob seinen Zauberstab. „Zeig mir deinen linken Unterarm." Sie schob ihren Umhang hoch und hielt ihn ihm hin. Er legte die Spitze seines Zauberstabes darauf.
„Schwörst du deinem Meister und Herrn zu dienen, auch, wenn das deinen Untergang bedeutet?" Sie zögerte kurz und nickte dann.
„Ja."
„Schwörst du sämtliche Menschen, die nicht die Meinungen und Ansichten deines Herrn und Meisters vertreten, zu verachten und als wertlos zu betrachten?" Also bitte. Sowas von engstirnig. Aber ihr blieb wohl keine andere Wahl.
„Ja."
„Schwörst du deinem Herrn und Meister lebenslange Treue?" Was sollte sie machen? Sich wehren?
„Ja." Es klang schwach und zittrig. Das waren sie also gewesen. Die drei Eide der Todesser. Chrystal spürte ein Stechen in ihrem Unterarm. Sie zuckte leicht zusammen und schloss die Augen.
Plötzlich war sie woanders. In ihrem alten Garten. Im Garten des Hauses von Mary und Mark. Sie weinte. Sie rannte. Schlüpfte durch das Loch im Zaun und lief die Straße hinab. Wohin? Sie wusste es nicht mehr. Das Bild verschwamm.

Jetzt war sie in ihrem ersten Schuljahr. Sie setzte sich in das leere Abteil und ihre Freunde stießen dazu. Dann die Häuserwahl. Sie kam zu den Hyppogreifen. Sie las einen Artikel über Harry Potter. Sie stürmte das Abteil der Drachen. Sie...

Moment mal. Das waren ihre Erinnerungen. Voldemort drang in ihre Erinnerungen ein. Und sie ließ es einfach so zu. Ohne sich dagegen zu wehren. Hatte sie wirklich schon aufgegeben? Hatte sie wirklich schon die gesamte Welt im Stich gelassen? Nein. Mit Sicherheit nicht. Sie musste weitermachen. Sie musste ihn davon abhalten Dinge zu sehen, die nicht für seine Augen bestimmt waren. Möglichst unauffällig versuchte sie mit aller Kraft die wichtigsten Dinge hinter ihre Okklumentikschilde zu verschieben. Sie musste weitermachen. Sie durfte nicht aufgeben. Sie musste die Schilde jetzt halten. Mehr denn je. Voldemort drang weiter vor. Er sah einen kurzen Ausschnitt von ihrer Ankunft in Dumbledores Büro. Wie Draco sie auf ihr Zimmer brachte. Die Ankunft der Schüler aus Durmstrang und Beauxbatons. Die erste Aufgabe. Sie presste die Lippen fest aufeinander. Es war anstrengend Voldemort möglichst ohne dass er es bemerkte durch die Erinnerungen zu lotsen, die weder relevant für ihre Zukunft waren, noch Informationen über ihre Aufgabe enthielten. Sie spürte, wie er suchte. Suchte nach Dingen, die er nicht sehen sollte, doch sie ließ sie ihn nicht finden. Sie versteckte sie und schob ihm immer wieder andere, unwichtige Dinge zu. Sie spürte, wie das Stechen in ihrem linken Unterarm immer stärker wurde. Sie schrie nicht. Sie wollte ihm diese Genugtuung nicht schenken sie leiden zu sehen. Sie spürte, wie sich in ihren Augen Tränen sammelten, doch sie ließ sie nicht laufen. Sie musste das durchstehen. Als sie ihre Lider hob und ihren Blick auf ihren Arm wandte, sah sie, wie sich dort langsam das dunkle Mal bildete. Der Totenkopf mit der Schlangenzunge sah aus, wie ein blasses Tatoo. Es brannte. Es war schlimm. Aber der Cruciatus war schlimmer. Chrystal hatte schon so viel anderen Schmerz in ihrem Leben gespürt, dass sie sich durch diesen hier nicht mehr schocken ließ. Voldemort hob seinen Zauberstab und entfernte ihn mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck von ihrem Unterarm. Augenblicklich hörte das Brennen auf. Sie erhob sich und taumelte langsam rückwärts. Den Blick mit einem wilden, verstörten Ausdruck darin zu Boden gerichtet. Sie meinte die Erde unter ihren Füßen schwanken zu sehen. Sie stolperte. Fiel rückwärts und wurde von zwei starken Armen aufgefangen. Jemand legte zärtlich einen Arm um ihre Hüfte, hauchte ihr einen Kuss an den Hals und führte sie weg von ihm. Weg von Voldemort. Hinein in die Menge an Todessern, wo sie schließlich irgendwo ganz hinten stehen blieben und leise Tränen begannen ihr die Wangen hinab zu laufen. Auch ohne es zu sehen wusste sie, wer ihr Retter war. Draco. Er war zurück.

Pic: Chrys Dunkles Mal

Chrystals Story (Wenn nur noch Liebe zählt...) (DM/OC) (Harry Potter FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt