You're not alone

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Stone-hard, machine gun
Firing at the ones who run
Stone-hard as bulletproof glass"
Titanium, David Guetta und Sia

Chrystal lag saß auf einem Stuhl und starrte durch das Fenster nach draußen. Ihre Augen waren weit geöffnet, doch trotzdem sah sie rein garnichts. Es hätte unten Voldemort höchstpersönlich durch den Park des Malfoy Manors spazieren und Blumen pflücken können und sie hätte es noch nicht einmal realisiert. Sie war abwesend. Und das schon seit Tagen. Als sie von Dumbledores Beerdigung zurückgekehrt war, hatte sie sich sofort auf ihr Zimmer verzogen und es seitdem nicht mehr verlassen. Drei Mal am Tag brachten ihr die Hauselfen ihre Malzeiten, die sie jedoch meist noch nicht einmal anrührte und oft war auch Draco da, der versuchte mit ihr zu reden, doch er hätte genauso gut zu einer Wand sprechen können. Chrystal hörte ohnehin keines seiner Worte. Geschweige dann, dass sie auf seine Fragen antwortete. Mindestens einmal täglich kam normalerweise auch Narzissa vorbei und versuchte sie dazu zu überreden doch mal mit nach draußen zu kommen, doch sie ließ alles an sich abprallen. Manchmal taten sie ihr leid, doch sie konnte schließlich nichts dafür. Sie wollte und konnte einfach nicht mit anderen Menschen kommunizieren. Es war alles zu viel. Sie war verwirrt.
Es klopfte. Chrystal machte sich noch nicht einmal die Mühe ihren Kopf der Tür zuzuwenden und blickte weiter nach draußen. Es war ein Wunder, dass sie das Klopfen überhaupt realisiert hatte. Jemand öffnete die Tür, trat ein und schloss sie wieder. Sie hörte hinter sich Schritte immer näherkommen. Dann verstummten sie.
„Chrystal..." Es war Dracos Stimme, die schwach an ihr Ohr drang. „Snape ist da. Er möchte mit dir sprechen." Sie ignorierte ihn. Sie machte das nicht absichtlich oder um irgendjemandem weh zu tun. Sie konnte einfach nicht anders. Sie wollte nicht sprechen.
„Du musst mir nicht antworten. Ich schick ihn dir einfach hoch." Sie wusste nicht, was es war, das da in seiner Stimme lag. Eine Mischung aus Wut, Ratlosigkeit und Besorgnis. Sie nickte schwach und schon dieses so einfache Kommunikationsmittel, bei dem sie noch nicht einmal den Mund aufmachen musste kostete sie verdammt viel Kraft. Sie spürte, wie er ihr für einen Moment die Hand auf die Schulter legte, um sich dann abzuwenden und das Zimmer wieder zu verlassen. Sie starrte weiter hinab in den Park ohne wahrzunehmen, was sich dort abspielte. Ihr Kopf war leer. Sie hatte sämtliche quälende Gedanken hinter ihre Okklumentikschilde verschoben. Sie wollte jetzt nicht denken. Sie konnte nicht. Da war zu viel Schlimmes. Zu viel Schmerzhaftes.
Es klopfte und ohne ein Herein abzuwarten betrat Snape das Zimmer. Chrystal drehte sich nicht zu ihm um. Wieso auch? Er war es schließlich gewesen, der es am Ende getan... Nein. Sie wollte nicht an den Moment denken, in dem das grüne Licht den Körper des alten Mannes... Verdammt. Sie verdrängte die Erinnerung schnell.
„Ms Riddle. Möchten Sie mir nicht die Ehre erweisen mich zu begrüßen?" Sie schwieg. Nein. Das wollte sie eigentlich nicht. Schon gar nicht, wenn er sie mit diesem verdammten Nachnamen ansprach.
„Chrystal bitte..." Was genau sollte das werden? „Wir wissen alle, dass das nicht leicht für dich ist, aber du musst anfangen dein Leben wieder in die Hand zu nehmen. Du kannst nicht ewig hier in deinem Zimmer sitzen und der Vergangenheit hinterhertrauern." Sie spürte seinen stechenden Blick in ihrem Rücken. „Eigentlich solltest du morgen zur Todesserin werden, doch ich werde beim dunklen Lord ein gutes Wort für dich einlegen, damit er dir noch eine weitere Woche Zeit lässt. Weiter wird er es aber wirklich nicht hinauszögern wollen. Du musst zusehen, dass du wieder fit wirst." Sie zeigte keinerlei Reaktion. „Der dunkle Lord meint außerdem, dass er Hogwarts bald unter seiner Gewalt hat und dass du dann ohne deine ZAG's problemlos weiter die Schule besuchen kannst." Sie hatte also umsonst für diese blöden Prüfungen gelernt. Na vielen herzlichen Dank. Langsam schüttelte sie ihren Kopf, als würde das helfen klarer denken zu können und zu sich zu kommen. Sie hatte Fragen an ihn. Tausende Fragen, die ihr nur so auf der Zunge brannten. Sie wollte es endlich wissen. Sie erhob sich abrupt und drehte sich zum Zaubertränkemeister um. Er sah aus wie immer. Nur wirkte er irgendwie auch ziemlich fertig. Kein Wunder... Er hatte schließlich. Nein. Sie wollte noch immer nicht daran denken. Doch was hatte sie sich dabei gedacht Snape zu erlauben hier hoch zu kommen? Er würde sie doch sicherlich mit genau dem konfrontieren, vor dem sie sich die ganze Zeit zu schützen versuchte.
„Auf wessen Seite steht Ihr?" Sie musterte ihn abschätzend.
„Hast du Dumbledore jemals vertraut?", erwiderte er darauf. Sie zuckte bei dem Klang des Namens zusammen. Was sollte das? Sie wollte Antworten. Nicht noch mehr Fragen.
„Ich... Ich weiß es nicht."
„Nun denn. Ich denke du kannst dir vorstellen, dass ich nach all dem, was passiert ist kein Mitglied des Phönix Ordens mehr bin." Sie sah ihn nur stumm an. „Es wundert mich nicht, dass du inzwischen bezweifelst auf welcher Seite ich denn nun stehe. Manchmal ist es sicherer verwirrt über Unklarheiten zu sein, als die gesamte Wahrheit zu kennen, Chrystal."
„Was soll das heißen?" Ihre Stimme klang ungewohnt bissig, doch sie war mit ihrer Geduld und ihren Nerven einfach am Ende.
„Ich glaube, dass selbst ich nicht die ganze Wahrheit kenne und ich denke, dass es besser so ist." Sie sah ihn misstrauisch an.
„Dumbledore meinte immer, dass Ihr die ganze Wahrheit kennt, Sir."
„Und du hast ihm geglaubt..."
„Das habe ich."
„Also hast du ihm doch vertraut."
„Habe ich jemals gesagt, dass ich das nicht habe?"
„Nein. Das hast du durchaus nicht."
„Welchen Teil des Ganzen meint ihr nicht zu kennen?"
„Es ist nicht so, dass ich ihn überhaupt nicht kennen würde, denn sonst könnte ich gar nichts über ihn sagen, doch ich erfuhr über Umwege davon und ich bin mir nicht ganz im Klaren über die Richtigkeit und die Fälschung dieser Information." Aha. Das half ihr jetzt weiter. Ihr Blick blieb kalt und abweisend.
„Würdet Ihr jetzt bitte so freundlich sein und wieder gehen?" Sie setzte sich wieder auf ihren Stuhl, um erneut aus dem Fenster zu schauen.
„Chrystal Lily Riddle. Ich bitte dich darum endlich aufzuhören alles an dir abprallen zu lassen. Du musst anfangen wieder Teil dieser Welt zu werden." Sie sprang ruckartig auf und funkelte ihn an.
„Und was ist, wenn ich nicht mehr Teil dieser Welt sein will? Was ist, wenn ich..." Sie verstummte. Ihr Atem ging schwer. Langsam setzte sie sich wieder.
„Ich bitte dich. Ich weiß, dass das alles nicht einfach ist, aber..."
„Du weißt gar nichts", fauchte sie.
„Ach nein?"
„Nein."
„Es gibt weder Tränke noch Zauber, die gegen eine solche seelische Krankheit helfen können, Chrystal. Du kannst dich da nur selber rausziehen. Wir können das nicht für dich tun. Alle machen sich Sorgen um dich." Sie sah zu Boden.
„Wer macht sich denn bitte jetzt noch Sorgen um mich? Ich habe sie alle verraten."
„Nicht alle, Chrystal. Es gibt noch immer Menschen, die hinter dir stehen und die an dich glauben. Lass sie nicht im Stich."
„Wieso?"
„Was wieso?"
„Wieso darf ich nicht einfach mal alle im Stich lassen? Wieso darf ich nicht einfach mal schwach sein? Aufgeben, wie alle anderen es auch dürfen?"
„Weil du nicht alle anderen bist vielleicht? Du bist wichtig. Wichtig für unsere Zukunft. Wichtig für unsere Kinder. Wichtig für unsere Welt."
„Es ist mir egal. Eure Zunkunft, eure Kinder und eure Welt sind mir egal."
„Du bist Teil dieser Welt, Chrystal."
„Wer weiß für wie lange noch."
„Bitte..." Sie hörte, wie seine Schritte sich Richtung Tür entfernten. Er schien es endlich aufgegeben zu haben. Eingesehen zu haben, dass es sinnlos war weiter auf sie einzureden. „Denk daran. Du bist nicht allein. Es gibt noch Menschen, die hinter dir stehen. Die an dich glauben. Du bist diejenige, die ihnen Hoffnung gibt. Lass sie nicht allein." Mit diesen Worten wandte er sich endgültig ab und ließ die Tür hinter sich ins Schloss fallen. Chrystal sah weiter zu Boden. Es gab niemanden, den sie alleine lassen konnte. Sie war selbst allein. Einsam. Verlassen. Sie verdrängte das Gespräch mit Snape. Sie wollte jetzt nicht darüber nachdenken. Wie gut, dass sie Okklumentik beherrschte. Mit leerem Kopf sah sie wieder hinab auf den grünen Rasen des Parks. Vielleicht sollte sie einfach anfangen Grashalme zu zählen. Das würde auf jeden Fall ablenken.

Pic: Chrystals Blick auf den Garten der Malfoys

Chrystals Story (Wenn nur noch Liebe zählt...) (DM/OC) (Harry Potter FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt