Slamming doors

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"Now we're picking fights and
slamming doors
Magnifying all our flaws"
Scared to be lonely, Martin Garrix & Dua Lipa

Am nächsten Morgen traf sie Draco beim Frühstück. Er saß am Slytherintisch. Ihm gegenüber Crabbe und Goyle und neben ihm Blaise. Es war ein ungünstiger Zeitpunkt für ein Gespräch. Trotzdem. Sie musste jetzt mit ihm reden, doch dieses Mal war er es, der sich erhob und auf sie zukam. Er kam direkt vor ihr zum Stehen und nahm ihre beiden Hände. Beinahe so, als hätte er Angst, dass sie sich sofort umdrehen und weglaufen würde.                                               
„Ich hätte gedacht, dass wir am nächsten Hogsmeade Wochenende diese Madame Rosmerta mit dem Imperius belegen. Der Ladenbesitzer von Borgin und Burkes wird kommen, um ihr das verhexte Medaillon zu übergeben, dass sie dann getarnt als Geschenk für Dumbledore einer Schülerin unterjubeln kann. Ich denke kaum, dass es bis zu ihm durchkommt, aber einen Versuch ists wert, oder?“ Chrystal nickte. Sie war erstaunt über Dracos plötzlichen Tatendrang, doch sie versuchte sich nichts anmerken zu lassen, indem sie betont gleichgültig dreinblickte.   
„Ja. Wir solltens probieren. Ich habe mit Urquhart geredet.“ Dracos Blick wurde leicht misstrauisch und Chrystal verdrehte die Augen. Sein Ernst? „Montague wurde letztes Jahr doch in der Toilette aufgefunden und ich habe gehört es sei ein Verschwindekabinett gewesen und er hat es geschafft da rauszuapparieren und ist in der Toillette wiederaufgetaucht. Es ist scheinbar ein bisschen kaputt, aber immerhin. Es ist noch in Hogwarts. Im Raum der Wünsche. Wenn wir herausfinden, wo sich das Gegenstück befindet, und ich meine gehört zu haben, dass Montague immer Stimmen aus einem Laden hörte, und es reparieren, dann können wir das „Die Todesser ins Schloss bringen Problem“ vielleicht lösen.“ Jetzt war es an Draco leicht zu nicken.                                     
„Warte mal…“, meinte er nachdenklich. „Da wäre ich jetzt gar nicht draufgekommen. Aber ich habe auch mal mit Montague darüber geredet. Er meinte, dass er immer Stimmen aus Borgin und Burkes gehört hat. Und da steht tatsächlich eins. Ich werde dann mal mit Borgin darüber reden, wenn wir nach Hogsmeade gehen.“ In seinen Augen schien etwas aufzublitzen, das beinahe ein wenig, wie Hoffnung aussah und Chrystal musste lächeln. Vielleicht würde jetzt endlich wieder alles bergauf gehen. Zumindest ein klitzekleines bisschen.               
„Okay. Du redest mit ihm und ich belege Rosmerta mit dem Imperius.“ Er lächelte ebenfalls zaghaft und sie hauchte ihm noch einen Kuss auf die Lippen bevor sie sich zusammen an den Tisch setzten, um endlich, das erste Mal seit einigen Tagen, wieder gemeinsam zu frühstücken.

Der Tag des Hogsmeade Ausflugs Mitte Oktober begann mit einem stürmischen Morgen. Die Sicherheitsmaßnahmen waren erhöht worden und jeder, der das Schloss verließ wurde von Filch durchsucht. Chrystal und Draco hatten sich aufgeteilt. Sie würde zuerst gehen und er einige Zeit nach ihr. Sie sollten, falls irgendeiner, wie auch immer, auffliegen sollte, nicht miteinander in Verbindung gebracht werden. Also lief Chrystal alleine den Weg nach unten zum Dorf. Nach Hogsmeade. Der Wind wehte ihr äußerst unangenehm kalt ins Gesicht und sie war froh darüber, dass sie sich ihre Haare zu einem hohen Zopf zusammengebunden hatte. Denn sonst müsste sie sich jetzt auch noch mit denen rumärgern. Sie schob ihre halb erfrorenen Hände tief in die Taschen ihres Umhangs und hatte es aufgegeben die Kapuze wieder und wieder aufzuziehen, sodass ihre Haare bis auf die Kopfhaut durchnässt waren, als sie die drei Besen betrat. Ihr Opfer stand hinter dem Tresen. Madame Rosmerta. Die Wirtin der drei Besen. Chrystal wusste nicht, ob ihr der Imperius Zauber gelingen würde. Er war schließlich einer der drei verbotenen Zauber, einer der drei unverzeihlichen Flüche und sie hatte zugegebenermaßen nie einen von ihnen ausprobiert. Eigentlich hatte sie auch nicht vorgehabt es jemals zu tun. Naja. Jetzt war es eben so weit. Sie setzte sich alleine an einen Tisch und beobachtete das Treiben. Möglichst unauffällig. Wie eine ganz normale Schülerin eben. Wie sehr sie sich doch wünschte eine zu sein. Eine ganz normale Schülerin. Nach einiger Zeit hob sie die Hand, um etwas zu bestellen. Ihren Zauberstab hatte sie fest umklammert unter dem Tisch. Jetzt konnte sie nur noch hoffen, dass wirklich Madame Rosmerta rüberkommen würde und nicht irgendein anderer Angestellter. Aber wie sollte es auch anders sein. Sie kam natürlich nicht. Ein grauhaariger, alter Zauberer, der leicht hinkte stand jetzt vor ihr. Chrystal konnte ein leicht entnervtes Seufzen nur knapp unterdrücken.
„Was kann ich ihnen bringen, Madame?“ Ihm fehlte vorne ein Zahn.
„Ein Butterbier bitte. Und könnte ich einen Moment mit Madame Rosmerta sprechen?“ Sie lächelte möglichst freundlich und unschuldig. Er nickte zittrig.                     
„Selbstverständlich Madame. Wir sind gerade etwas im Stress, doch ich bin sicher sie findet kurz Zeit für Sie.“ Er deutete eine leichte Verbeugung an, bevor er verschwand. Das ging einfacher, als sie gedacht hatte. Wie leichtgläubig und naiv manche Menschen doch tatsächlich waren. Die Wirtin kam zusammen mit ihrem Butterbier.                               
„Sie sind doch Ms Among, oder? Dumbledore sprach einst in höchsten Tönen von Ihnen. Was gibt es, dass Sie mich sprechen wollen?“ Sie stellte das Butterbier auf dem Tisch ab und lächelte gekünstelt, doch sie schien tatsächlich irgendwie leicht gestresst und hatte wohl keine sonderliche Lust auf ein längeres Gespräch.
„Madame… Es ist nur.“ Chrystal wischte scheinbar unvorsichtig mit ihrem Arm über den Tisch und stieß dabei das Butterbier um. Die Frau vor ihr stieß einen leisen, entsetzten Schrei aus und bückte sich sogleich, um das Ganze mit einem einfachen Zauber aufzuwischen, als Chrystal unauffällig den Zauberstab auf sie richtete und: „Imperio“, flüsterte. Das Butterbier auf dem Boden verschwand und das Glas fügte sich wieder zusammen und flog zurück an seinen Platz auf dem Tisch. Rosmerta sah sie an. Okay. Hatte der Zauber gewirkt? Sie war sich nicht ganz sicher. Doch sie musste es ausprobieren. Es ihr sagen, bevor sie hier zu viel Aufmerksamkeit auf sich zogen.                                       
„Sie werden in einer halben Stunde vor die Tür gehen. Dort wird jemand auf sie warten. Er wird ihnen etwas geben, dass sie, ohne es zu öffnen, als Geschenk für Dumbledore, am besten in der Mädchentoillette an eine Hogwartsschülerin weitergeben. Sie reden mit niemandem über das, was ich ihnen gesagt habe. Geschweige denn darüber, dass ich mit ihnen geredet habe und warten auf weitere Befehle. Die werden Sie über diese Münze erhalten. Verstanden?“ So jetzt würde sie erfahren, ob es geklappt hatte oder nicht. Die Frau nickte, nahm wortlos die Münze und wandte sich dann ab. Perfekt.                   
„Halt. Ich möchte noch bezahlen“, meinte Chrystal und drückte der Wirtin das Zauberergeld in die Hand. Ein bisschen Gerechtigkeit musste schließlich sein. Dann stand sie ebenfalls auf. Ihr Auftrag war geschafft. Sie hatte getan, was sie konnte. Jetzt lag es am Schicksal, ob das Halsband, das Draco reserviert hatte bis zu Dumbledore durchdringen würde. Wenn sie ehrlich war dann hoffte sie, dass es das nicht würde. Denn erstens war sie wohl noch immer nicht so weit, dass sie sich wirklich als kaltblütige Todesserin bezeichnen würde und zweitens hatte Dumbledore vor seinem Tod sicherlich noch so einiges zu erledigen. Doch wer schätzte denn heutzutage schon noch Ehrlichkeit? Wer ehrlich war, der war tot. So lief das jetzt. 
Als sie gerade die drei Besen verließ kamen Harry, Ron und Hermine in ein Gespräch vertieft herein, die sie jedoch keines Blickes würdigten und vermutlich gar nicht bemerkt hatten. Chrystal würde jetzt wieder hoch ins Schloss gehen. Das Wetter war noch immer schrecklich stürmisch und mit etwas Glück würde es heute vielleicht sogar noch anfangen zu schneien. Der Rest war jetzt Dracos Part und der schaffte das wohl ganz gut alleine. Er musste es alleine schaffen.
Oben im Gemeinschaftsraum setzte sie sich ans Feuer, um sich ein wenig aufzuwärmen. Ihre nassen Haare, sowie auch ihre Klamotten trocknete sie mit einem einfachen Zauber. Es waren nur wenige Schüler da. Unter ihnen ein paar Erst- und Zweitklässler, die noch nicht nach Hogsmeade durften und ein paar ältere Schüler, für die diese Ausflüge einfach nichts mehr Besonderes waren und die bei diesem Wetter gut und gerne darauf verzichten konnten. In einem Sessel in der hintersten Ecke saß die schwarzhaarige Lestrange mit den dunkelbraunen Augen und laß in einem Buch. Ihr Ausdruck unergründlich und hochmütig, wie er es immer gewesen war, seit sie dieses Mädchen gegen Anfang dieses Schuljahres zum ersten Mal hier gesehen hatte. Manchmal fragte Chrystal sich, was genau ihre Geschichte war. Woher sie kam und warum sie die Schule nicht schon vorher besucht hatte, doch irgendetwas an dem Blick, den das Mädchen immerzu aufsetzte, hielt sie davon ab nachzufragen. Die Lestrange redete ohnehin recht wenig mit anderen. Zumindest soweit Chrystal wusste. Eine weitere Gruppe durchnässter Schüler ließ sie aus ihren Gedanken auftauchen. Sie rief sich mit einem Zauber ebenfalls ein Buch herbei und beschloss noch auf Draco zu warten.
Er kam erst nach einer guten Stunde und Chrystal hatte ihr Buch so gut wie fertiggelesen, als er eintrat. Der Gemeinschaftsraum hatte sich inzwischen gefüllt, da sich wohl mehrere wegen des schlechten Wetters schon früher auf den Weg nach oben zum Schloss gemacht hatten.                        
„Hey“, meinte sie und stand auf, um ihm einen Kuss auf, die vom Wetter draußen, noch eiskalten Lippen zu hauchen, die einen leichten Blauton angenommen hatten. „Weißt du schon mehr?“                                         
„Ja. Komm mit“, sagte er und führte sie auf den Gang in Richtung der Jungenschlafsäle. Es war leer dort, weshalb sie es nicht für notwendig hielten noch bis zu Dracos Zimmer zu gehen.                    
„Also?“ Sie sah ihn fragend an.   
„Eine von den Gryffindor Jägerinnen hat das Päckchen mit dem Halsband bekommen. Aber typisch Gryffindor musste sie es natürlich erstmal auspacken bevor sie es zu Dumbledore bringen konnte. Vermutlich wäre es ohnehin nicht durch Filchs Kontrollen gekommen. Aber einen Versuch wars wert.“ Sie nickte und sah zu Boden.         
„Was ist mit der Gryffindor passiert?“ Das Halsband war schließlich verflucht gewesen und irgendwie mussten sie das bemerkt haben.
„Sie…“ Draco stockte. „Es war Bell. Katie Bell. Sie ist in die Luft geflogen und liegt jetzt im St. Mungo.“ Chrystal schüttelte den Kopf. Das hatte sie nicht gewollt. Sie sah zu Draco auf und seine grauen Augen durchbohrten ihre grünen.       
„Wird sie es überleben?“ Dumbledore hätte schließlich daran sterben sollen.                                   
„Ich war bei Snape. Er hat gemeint, dass sie es nur mit dem Handschuh berührt hätte und es deshalb vermutlich schaffen würde.“ Chrystal sah zu Boden. Sie hatte verdammt nochmal nicht gewollt, dass bei dieser Aktion irgendjemand Unschuldiges zu Schaden kam.                           
„Aber stell dir vor sie wäre gestorben…“ Sie schüttelte den Kopf und sah fassungslos über das, was sie getan hatten wieder zu Boden. 
„Chrystal. Du willst eine Todesserin werden. Da ist es normal, dass Menschen sterben“, zischte er. Chrystal zuckte, erschrocken über seinen aggressiven Tonfall, zurück. „Aber du wolltest es. Ich habe dich nie dazu gezwungen.“                     
„Habe ich das etwa gesagt?“, erwiderte sie kühl und drehte sich um. Sie hatte jetzt einfach überhaupt keine Nerven, um sich mit ihm zu streiten. Sie wollte jetzt nur noch auf ihr Zimmer, um ein bisschen alleine zu sein, doch er schien ihre Geste nicht zu verstehen und folgte ihr. Sie knallte die Tür hinter sich zu, doch das schien ihn auch nicht abzuhalten. Er trat ein. Ohne zu klopfen, was äußerst ungewöhnlich für den guterzogenen, reinblütigen Malfoy war.                                           
„Was willst du?“                       
„Mit dir reden.“ Sie atmete einmal tief durch, als würde ihr das helfen länger die Nerven zu behalten und nicht gleich wütend zu werden.   
„Aha.“                                         
„Du kannst noch zurückgehen, Chrystal. Du musst das nicht tun.“ 
„Ach ja?“ Sie hob spöttisch eine Augenbraue. „Ich kann also zurückgehen? Ich muss das also nicht tun? Verdammt Draco. Ich KANN nicht zurückgehen. Ich MUSS das tun. Ich habe gedacht, du hättest das verstanden.“ Er fuhr sich beinahe ein wenig hilflos, vielleicht auch einfach nervös, mit der Hand durch sein blondes Haar.                           
„Aber du hast es verstanden oder was?“ Er lachte trocken.                 
„Ich denke schon…“, erwiderte sie kühl.                                               
„Weißt du was…“ Er zögerte.     
„Ja…?“ Sie grinste spöttisch.   
„Ach vergiss es einfach“, meinte er seufzend und wandte sich zur Tür. Er verließ das Zimmer und ließ die Tür mit einem lauten Krachen ins Schloss fallen. Chrystal ließ sich nach hinten auf ihr Bett fallen. Sie war sauer auf ihn, dass er es nicht einfach hinnehmen konnte, dass sie ihm nun helfen würde. Doch sie wusste, dass er es nicht wirklich hinnehmen konnte, da er nur einen Teil ihres wahren Beweggrundes dafür kannte. Sie wünschte sich es ihm sagen zu können. Doch sie konnte es nicht. Wieso musste das Leben eigentlich immer so kompliziert sein? Oder war nur ihr Leben so kompliziert? Ja… Wie ging es eigentlich anderen Menschen mit ihrem Leben? Sie wünschte sich plötzlich es zu wissen. Wie ging es Draco mit seinem Leben? War er froh ein Todesser zu sein? Wie ging es ihm damit Reinblüter zu sein? Sie wusste eigentlich viel zu wenig über ihn, um so voreilig wütend auf ihn zu sein. Doch sie war jetzt eben nun mal sauer. Sie würde sich schon wieder einkriegen. Sie brauchten sich jetzt gegenseitig. Und das wussten sie beide. 

Bild: Katie Bell und das Amulett

Chrystals Story (Wenn nur noch Liebe zählt...) (DM/OC) (Harry Potter FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt