"Niemand wird mit dem Hass auf andere Menschen
Wegen ihrer Hautfarbe, ethnischen Herkunft oder Religion geboren.
Hass wird gelernt.
Und wenn man Hass lernen kann, kann man auch lernen zu lieben. Denn Liebe ist ein viel natürlicheres Empfinden
Im Herzen eines Menschen,
als ihr Gegenteil."
Nelson MandelaEs war nur noch ein kurzer Zeitraum bis zum letzten Schultag. Hagrid war an die Schule zurückgekehrt und der Tagesprophet brachte jetzt Artikel über Voldemorts Rückkehr. Harrys Freunde wurden aus dem Krankenflügel entlassen und einen Tag vor Ende des Schuljahres verließ dann auch Umbridge die Schule, die wohl tatsächlich Opfer eines Zentaurenangriffs im verbotenen Wald geworden war. Naja. War ja auch egal. Hauptsache sie war endlich weg. Draco war in den letzten Tagen immer blasser und abwesender geworden und Chrystal wusste, dass es wegen seinem Vater war. Das machte ihm einfach zu schaffen. Denn der war nach Askaban gekommen und das sollte Chrystal als Mitglied des Phönix Ordens eigentlich glücklich stimmen, doch das tat es nicht. Und das war definitiv schlecht. Sie musste lernen sich mehr zu beherrschen und vielleicht würde ja der Aufenthalt bei den Weasleys in diesen Sommerferien dazu beitragen, dass sie sich wieder besser in ihre Rolle als Ordensmitglied einfinden konnte.
Am Morgen der Abfahrt erwachte sie früh. Sie hatte ihre Sachen schon am Vorabend vor dem großen Abschiedsessen gepackt, zu dem Harry im Übrigen nicht erschienen war. Der Verlust von Sirius schmerzte ihm sehr. Das wusste sie. Er schmerzte allen Ordensmitgliedern. Doch jetzt ließ es sich nun mal nicht mehr ändern. Es war geschehen. Vorbei. Niemand konnte Geschehenes rückgängig machen. Und das war auf eine komische Art und Weise auch gut so. Denn wie sollte man lernen, wenn man all seine Fehler rückgängig machen konnte? Das würde das Leben sinnlos machen.
Chrystal duschte noch und machte sich dann fertig für die Zugfahrt. Sie verabschiedete sich noch von Miles und Adrian. Die beiden würden direkt disapparieren. Es war deren letztes Jahr in Hogwarts gewesen und sie wusste nicht, wann und ob sie sie wiedersehen würde. Sie würde die beiden vermissen. Vor allem beim Quidditch. Danach stieg sie zusammen mit Draco, Crabbe und Goyle, die er in letzter Zeit noch öfter als sonst um sich hatte, in eine Kutsche und gemeinsam fuhren sie nach unten zum Bahnhof. Sie redeten nichts. Im Zug stießen noch Millicent und Pansy zu ihnen. Pansy… Ja das war so eine Sache. Sie wusste inzwischen, dass Chrystal und Draco zusammen waren, doch sie versuchte es immernoch. Dieses Mädchen hatte wirklich keinerlei Hemmungen und besonders jetzt, da Draco eine etwas schwierige Phase hatte, ließ sie ihn einfach nicht in Ruhe. Manchmal könnte Chrystal sie wirklich umbringen für ihre Aufdringlichkeit.
Sie waren bereits kurz vor London, als Draco zärtlich Chrystals Hand nahm und zu ihr sah.
„Ich habe kurz was mit Crabbe und Goyle zu erledigen. Wir sind bald wieder da.“ Er erhob sich und wich ihrem prüfenden Blick aus.
„Okay… Bis gleich“, erwiderte Chrystal nur leicht nachdenklich. Das konnte nichts Gutes bedeuten. Was hatten die drei denn jetzt schon wieder vor? Sie blieb noch eine Weile sitzen und beschloss dann ihnen zu folgen. Sie konnte schließlich nicht zulassen, dass Draco irgendetwas Unüberlegtes machte.
„Ich geh kurz aufs Klo“, sagte sie zu den beiden anderen Mädchen, die nur schweigend nickten.
Dann öffnete sie die Abteiltür und trat nach draußen auf den Gang. Sie hörte gleich den Lärm, der aus der Nähe der Toiletten kam. Es waren Stimmen. Stimmen, die Zaubersprüche ausriefen. Schlecht. Ganz schlecht. Sie beschleunigte ihren Schritt und stieß zu der sich duellierenden Gruppe. Da waren Draco, Crabbe, Goyle, der allerdings schon scheinbar verletzt am Boden lag, gegen einige Schüler aus Ravenclaw, Hufflepuff und natürlich, wie sollte es anders sein, auch Gryffindor. Unter ihnen war Harry. Es war eindeutig ein unfaires Duell, doch Chrystal war sich sicher, dass die Slytherins wohl angefangen hatten. Sie wartete den Bruchteil einer Sekunde ab, doch als Draco zu Boden ging zückte sie ihren Zauberstab und erhob ihn gegen die Gruppe aus den anderen Häusern.
„Lasst ihn in Ruhe“, zischte sie an Harry gewandt. Einige musterten sie verwundert.
„Du… du sprichst Parsel“, sagte jetzt Ron. Wie bitte? Sie sprach was? Parsel? Okay. Ruhig bleiben. Natürlich sprach sie Parsel.
„Na und? Stört es dich?“ Sie funkelte ihn zornig an.
„N… Nein“, antwortete er.
„Na dann. Könntet ihr jetzt bitte wieder zurück in eure Abteile gehen? Oder muss ich ernsthaftere Methoden anwenden?“ Sie sah in die Runde.
„Malfoy hat uns angegriffen. Nicht wir ihn. Und überhaupt… Was wäre er schon, wenn du ihm nicht ständig den Rücken decken würdest?“, sprach jetzt Harry. Und Chrystal war sich ziemlich sicher, dass auch das gerade Parsel gewesen war, denn die anderen schienen kein Wort davon verstanden zu verstehen.
„Ich decke ihm nicht ständig den Rücken. Und wenn schon… Na und? Es ist momentan alles nicht einfach für ihn. Sein Vater sitzt jetzt schließlich in Askaban. Würdest du dich da etwa besser fühlen, Potter?“ Sie sah ihn an.
„Ich weiß nicht, wie man sich an dieser Stelle fühlt. Immerhin habt ihr Eltern. Ich nicht.“ Ich habe auch keine Eltern, hätte Chrystal ihm am liebsten ins Gesicht geschrien. Ich weiß es auch nicht, hätte sie gerne gesagt. Doch sie musste ihren Schein wahren. Sie hatte Eltern. Zumindest glaubten das die anderen von ihr. Und das sollten sie um jeden Preis auch weiterhin glauben.
„Jetzt fang nicht wieder mit der Mitleidsnummer an. Da kann er ja wohl nichts dafür“, erwiderte Chrystal. „Geht jetzt.“ Sie sah sie bestimmt an und es war Ginny Weasley, die ihr netterweise zuerst den Rücken zudrehte und in das Abteil verschwand, aus dem sie gekommen war. Es war nur ein kurzer Moment, in dem sich die Blicke der beiden Mädchen trafen, doch Chrystal meinte etwas in den Augen ihres Gegenübers zu erkennen. Etwas, wie Verständnis. Die anderen folgten dem Mädchen und schließlich war sie mit Draco, Crabbe, Goyle und Harry allein im Gang.
„Gehst du jetzt auch oder willst du hier Wurzeln schlagen, Potter?“, fragte Chrystal. Er sah sie einen Moment lang verwirrt an und drehte ihr dann ebenfalls den Rücken zu, um sich zum Gehen zu wenden. Chrystal ließ sich neben Draco nieder. Er schien wach, doch bei jeder noch so kleinen Bewegung verzog er vor Schmerzen das Gesicht. Sie murmelte einige Zauberformeln vor sich hin und er wirkte zunehmend entspannter.
„Besser?“ Sie sah ihn fragend an.
„Ja. Ich denke schon“, erwiderte er, hob seinen Oberkörper an und stand auf.
„Was sollte das denn jetzt gerade schon wieder? Das hilft doch auch nichts.“ Sie sah ihn ernst an. „Und überhaupt kann ich mindestens genausoviel dafür, wie Harry, dass dein Vater in Askaban sitzt“, fügte sie etwas leiser hinzu, sodass nur er es hören konnte. „Bitte Draco… Du kannst ihm nicht die Schuld dafür geben.“ Sie fuhr ihm sanft durch sein blondes Haar.
„Ich versuchs.“ Es sah aus, als würde er versuchen sich zu einem Lächeln zu bringen, doch es wirkte äußerst gezwungen.
„Danke“, murmelte Chrystal und wandte sich dann leicht genervt Crabbe zu, der vergeblich versuchte Goyle wieder zu Bewusstsein zu bringen. Leise seufzend wiederholte sie bei ihm die Zaubersprüche, die sie zuvor schon auf Draco angewandt hatte und Goyle öffnete seine Augen wieder. Sie mochte Crabbe und Goyle nicht. Alle beide. Sie fragte sich hin und wieder, weshalb die beiden überhaupt die Ehre hatten nach Slytherin zu kommen. Nur weil sie Reinblüter waren? Doch trotz allem akzeptierte sie die zwei. Sie waren eben nun mal trotz allem Dracos nun ja… Konnte man es Freunde nennen? Sie waren nicht so wie Blaise. Es war eine andere Art von Freundschft, die man nicht wirklich als solche bezeichnen konnte. Doch Draco brauchte sie und deshalb versuchte auch Chrystal ihnen gegenüber fair zu sein. Sie nahm den blonden Jungen bei der Hand und führte ihn zurück ins Abteil. Sie würden ohnehin bald da sein und mussten noch ihr Gepäck holen.
Pansy und Millicent waren nicht mehr da, als sie ins Abteil kamen und auch ihr Gepäck war bereits verschwunden. Vermutlich machten sie sich schon fertig zum Aussteigen.
„Ihr könnt schonmal vorgehen“, sagte Draco zu Crabbe und Goyle, als diese mit ihren Koffern in der Hand dabei waren das Abteil zu verlassen. Sie schlossen die Tür hinter sich und Chrystal war mit ihm allein. Seine grauen Augen trafen ihre grünen.
„Ich…“ Er sah zu Boden. „Ich will, dass du weißt, dass ich dich über alles liebe Chrystal. Egal was in der nächsten Zeit passieren sollte. Daran wird sich nichts ändern.“ Sie sah ihn erstaunt an. Was sollte das jetzt werden? Und da erst fiel ihr auf, dass er das noch nie so wirklich direkt und von sich aus zu ihr gesagt hatte.
„Ich dich auch, Draco. Ich liebe dich auch.“ Er trat einen Schritt auf sie zu und strich ihr mit seiner einen Hand eine Haarsträhne hinters Ohr, bevor er seine Finger langsam ihre Wange hinabgleiten ließ. Dann legte er sanft seine Arme um sie, zog sie näher zu sich heran, beugte sich zu ihr hinab und küsste sie. Ein Gefühl von Wärme, Liebe und Geborgenheit durchströmte Chrystal. Sie wusste, dass es so viel Falsches in dieser Welt gab, doch das hier. Das war richtig. Es konnte einfach nicht falsch sein. Und wenn es doch falsch war? Dann gab es nichts mehr Richtiges auf dieser Welt. Dann waren sie alle schon verloren. Bevor sie überhaupt begonnen haben zu kämpfen. Bevor sie überhaupt versucht hatten zu gewinnen. Sie lächelte, als sie sich wieder von ihm löste. Sie würde ihn vermissen. Die ganzen Ferien lang. Der Zug hielt. Sie verließen das Abteil. Hand in Hand. Draußen ließ er sie los. Sie wollten ihre Beziehung solange niemand danach fragte noch geheim halten. Vor dem Orden. Vor Dracos Eltern. Vor Voldemort. Er warf ihr noch einen Blick zu, der mehr sagte, als tausend Worte. Er sprach von Schmerz, Angst, Hass, Bitterkeit und so vielem mehr, aber auch von Liebe. Bedingungsloser Liebe. Chrystal riss ihre Augen von seinem blassen Gesicht und den grauen Augen los.
Sie hatte Lupin entdeckt. Er winkte ihr lächelnd zu. Wieder in derselben Gestalt, wie im Jahr zuvor. Chrystal spürte Dracos Blick in ihrem Nacken, doch sie drehte sich nicht noch einmal um, denn das würde zu viel verraten. Sie trat neben Remus, nahm seinen Arm und die beiden apparierten. In den Wald, in dem sie schon im Vorjahr gewesen waren. Nur, dass jetzt alles anders war. Sie war älter geworden. Weiser. Klüger. Wobei sie niemals von sich selbst behaupten könnte schon weise zu sein. Doch sie hatte einen weiteren Schritt in diese Richtung gemacht. Sie war erneut dem Tod begegnet. Hatte ihm in die Augen sehen müssen. Hatte einen geliebten Menschen an seiner Seite gehen lassen müssen, doch nun… Nun würde sie zum Fuchsbau gehen. Zu den Weasleys. Sie würde die nächsten zwei Monate lang Eliza Lane sein. Sie würde sich erst wieder daran gewöhnen müssen, doch inzwischen war das so gut wie kein Problem mehr.
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Bild: Harry vs Draco
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Chrystals Story (Wenn nur noch Liebe zählt...) (DM/OC) (Harry Potter FF)
FanficDie Prophezeiung über Chrystal Lily Potter, Harrys jüngere Schwester besagt Schreckliches und Albus Dumbledore will verhindern, dass sie sich bewahrheitet, indem er versucht das Mädchen von Harry und Voldemort fern zu halten. Doch eine Prophezeiung...