Kapitel 104

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Um 13:45 Uhr wurde ich mit dem Rollstuhl in einen Transporter geladen. Gouverneur Denning hatte mir ja eine spezielle Eskorte zugesichert, die ich nun ich vollen Zügen auskosten konnte. Allerdings verringerte das auch nicht unbedingt meine Nervosität und wenn mich dann die anderen Prüflinge mit ihren bemitleidenden Blicken überhäuften... Bleib cool und gaaanz entspannt. War ich bei der Officerprüfung auch SO nervös gewesen? Ich drehte meinen Kopf ein wenig und erkannte, dass mir Steve in seinem Silverado folgte. Vor uns fuhr noch eine Streife des HPDs, alles war sehr unauffällig. Ich hätte mich jedenfalls nicht gewundert, vor dem FBI Hauptgebäude von der Presse interviewt zu werden. Während der ewig wirkenden Fahrt schaute ich mir die Straßen Honolulus an und versuchte an andere Dinge zu denken.

Als wir vor dem besagten Gebäude hielten, standen dort schon viele Männer und Frauen. Mehr Männer als Frauen, aber so war das mit der Gleichberechtigung. Steve schob mich die kleine Rampe hinunter, sodass ich nun auf dem Gehweg stand/saß. Viele Prüflinge starrten mich an, andere ignorierten mich komplett, weil sie vermutlich genug eigene Sorgen hatten. Einige begannen zu reden, als sich der Gouverneur neben mich stellte. „Wir holen Sie in 90 Minuten wieder hier ab. Viel Erfolg und wenn Sie etwas brauchen sollten, rufen Sie an, Officer Weston." Er reichte mir die Hand und ich schüttelte sie dankend. Manchmal war es doch schon von Vorteil, die Extrawurst zu bekommen. Der Gouverneur und seine Leute fuhren wieder, sodass ich nur mit Steve zurückblieb. „Auf einer Skala von eins bis zehn: Wie nervös bist du?" Ich überlegte kurz und sah ihn an: „Ungefähr eine 9,21456730." „Na dann", erwiderte er und wir beide mussten loslachen. Steve stand neben mir und hatte seine Hände in den Hosentaschen vergraben, mich ließ er nicht aus den Augen. Wartest du hier auf mich?" Er lächelte bestärkend: „Natürlich, ich warte und leiste dir telepathisch meine mentale Unterstützung." Ich begann zu lachen, weil ich mir diese Vorstellung bereits in meinem Gehirn ausgemalt hatte. „Was ist denn so lustig?" Mit der linken Hand spielte ich mit dem Anhänger meiner Kette, während ich weiter zu ihm hoch sah. „Ach nichts, schon gut." „Du hast dir mich doch wohl nicht nackt vorgestellt", flüsterte Steve so leise, dass nur ich es hören konnte. Ich musste mir ein herzliches Lachen verkneifen: „Nein! Wieso sollte ich?" „Also ich wüsste da eine Menge Gründe." Ich schüttelte belustigt den Kopf und wusste nicht, was ich hätte erwidern sollen.

Ob es Pech oder Glück war, wusste ich nicht: Meine Antwort konnte ich nicht mehr aussprechen, da sich die bunt verzierte Glastür des FBIs öffnete. Sofort tuschelten die Leute und man erkannte unterschiedliche Stadien von Nervosität. Ein Mann, der augenscheinlich nicht viel älter als ich sein konnte und trotzdem eine hohe Position hatte, begrüßte die Prüflinge. Auch ich hörte aufmerksam zu, obwohl wir etwas weiter weg waren. „Begeben Sie sich bitte in den Prüfungsraum. Durch die Glastür und dann in den Saal zu Ihrer Linken. Alles weitere erzähle ich Ihnen dann." Bereits die ersten Prüflinge setzten sich in Bewegung. Steve gab mir noch schnell einen Kuss und wünschte mir viel Erfolg. Dann kam der Mann, der mindestens Detective sein musste, auf mich zu. „Und Sie müssen Officer Weston sein", sagte er freundlich und wir schüttelten Hände. „Die bin ich und Sie sind?" Er lachte: „Wie unhöflich von mir. Detective Kyle Díaz." Bei genauerer Betrachtung fiel mir auf, dass er mit seiner markanten Gesichtsform ein Model hätte sein können. Warum sahen alle nur so unverschämt gut aus? „Ich würde Sie zur Prüfung schieben." „Nur zu", antwortete ich. Steve war bereits zu seinem Silverado gegangen und beobachtete mich aus sicherer Entfernung. Warum eigentlich? Weshalb hatte er mich nicht geschoben? Díaz ging um mich herum und schob mich zur Eingangstür. „Sie sind eine Legende, so oft wie Sie schon in den Nachrichten waren." „Und jetzt bin ich hier bei Ihnen." „Das nenne ich mal unentwegter Einsatz." Zweifelsohne wusste er, dass ich verschüttet worden war. Ich schmunzelte, während ich mir das Gebäude von innen anschaute: „Gute Polizisten fallen eben nicht einfach so vom Baum." Díaz entfuhr ein kleines Prusten: „Und Humor haben Sie auch noch." Flirtete er gerade mit mir nur in höflich?

Für die Prüfung hatten wir anderthalb Stunden Zeit, was aufgrund des riesigen Papierstapels auch angemessen schien. Innerhalb des Saals wurden die Tische auseinandergeschoben, sodass jeder einen eigenen hatte. Ansonsten wirkte es so, als würde man hier normalerweise Vorträge oder Dinge dieser Art hier halten.
Es war still, niemand sprach, alle schrieben fleißig. Díaz saß ganz vorne und bewachte das Geschehen. Er hatte mich anfangs zu einem Tisch geschoben, an dem kein Stuhl stand (ich hatte ja meinen eigenen dabei). Dummerweise stand mein Tisch ganz vorne und wenn ich meinen Blick hob, sah ich Díaz einige Meter vor mir. Ich wusste nicht, warum er mich so oft beobachtete. Das machte mich noch nervöser und mein Arm machte sich wieder schmerzlich bemerkbar. Tolle Voraussetzungen...
Nachdem ich die ersten paar Seiten ausgefüllt hatte, hielt ich es nicht mehr aus und fischte das Döschen mit Schmerzmitteln aus meiner Hosentasche. Ich nahm eine mit Wasser ein, das auf meinem Tisch stand, natürlich unter Diaz' Beobachtung. Konzentriere dich einfach. Der will dich vielleicht nur aus der Fassung bringen.
Ich versuchte, Kyle Díaz auszublenden und die Bögen auszufüllen. Das viele Lernen hatte sich ausgezahlt: Zu Anfang wusste ich wirklich alles, doch dann kam es ganz anders...

Unsere erste Begegnung veränderte alles - Hawaii Five-O ❤️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt