Kapitel 65

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Steves Sicht

Erst einige Stunden später, gegen 20 Uhr, kamen wir zu Hause an. Der Stau hatte uns den restlichen Tag geraubt, die Ursache war ein schwerer Verkehrsunfall. Lori und ich hatten einige interessante Unterhaltungen, allerdings wusste ich nicht, wie es ging. Es gab lustige Momente und Momente, in denen wir nicht redeten, wo sie sehr zurückgezogen wirkte. „Schatz, wir sind da", weckte ich sie liebevoll. Lori war eingeschlafen, kurz nachdem sich der Stau vollkommen aufgelöst hatte. Sie öffnete langsam die Augen, so verschlafen wie Dornröschen. Nur viel hübscher. „Ich habe Hunger", lachte Lori. Ich schüttelte ungläubig den Kopf, weil sie die ganze Tüte Nüsse verspeist hatte und ich nur drei bekommen hatte. Ich stieg aus und hielt ihr die Beifahrertür auf: „DU hast Hunger?" Sie hüpfte raus und nickte grinsend.

In der Küche bereitete ich schnell zwei Sandwiches vor, während Lori oben irgendwas machte. Als ich das Schlafzimmer betrat, saß sie im Schneidersitz auf dem Bett. Ihre Aufmerksamkeit gehörte ihrem Handy in der Hand, was sich sonst eigentlich weggeschlossen hatte. „Wir waren vorhin in den Nachrichten", sie drehte das waagerecht gehaltene Handy in meine Richtung. Dort sah man einen Ausschnitt der Ehrung. „Meine Familie hat es gesehen, nachdem Emilia es ihnen geschickt hatte." Ich setzte mich mit dem Teller neben sie und schaute mir den Rest zusammen mit ihr an. Währenddessen aßen wir das kleine Abendbrot und schwiegen, der Gouverneur hatte Emilias Team in den Himmel gelobt für ihre Arbeit, Lori und ich erhielten auch viele positive Worte. Als das Video geendet hatte, packte Lori das Handy in ihren Nachtschrank und ließ sich nach hinten ins Kissen fallen. Sie hatte schon ihren Schlafanzug an. Ich stand auf, um mich umzuziehen. Mir war nachts total warm, auch gerade in Loris Gegenwart, und deshalb schlief ich immer in Boxershorts. Meine Freundin verwirrte mich, sie hatte ihren Schlafanzug gewechselt: Von kurz, passend bei den warmen Temperaturen, zu einem langärmligen, in dem sie doch bestimmt schwitzen musste. Das begann nach der Entführung. Wollte sie ihren Körper mit den vielen Blessuren verstecken? Ich hielt ihr meine Hand hin, die sich zögerlich ergriff. Dann zog ich sie auf die Beine und ging mit ihr ins Bad. Zähne zu putzen ist wichtig. Als wir fertig waren, kuschelten wir uns unter die Decken.

„Ist dir nicht warm? Es sind noch 20 Grad", flüsterte ich und fuhr mit meinem Finger an der Naht ihres schwarzen Schlafanzugs entlang. Seit der Entführung hatte ich sie nicht mehr nackt gesehen, Lori zog sich immer im Badezimmer um. Sie sah mich an: „Nein, das ist angenehm so." Sagte sie die Wahrheit? Die leicht geröteten Wangen verrieten etwas Anderes. Lori legte ihre Hand auf meine Finger, die noch immer mit der Naht spielten. Mein Blick traf ihren und so verharrten wir schweigend. Wollte sie sich mir nähern? Diese Frau war irgendwie ein Rätsel, das ich lösen wollte. Loris Hand war glühend warm und weich. „Wollen wir kuscheln?", fragte ich vorsichtig und mit der Erwartung, wieder zurückgewiesen zu werden. Sie schien zu überlegen und nahm ihre Hand weg. Dann robbte sie zu mir herüber, ich breitete die Arme aus. Wir kuschelten in Löffelchenstellung: Irgendwie unvorteilhaft, weil ich ihr schönes Gesicht nicht sehen konnte. Ich berührte Lori vorsichtig, weil ich nicht wusste, ob sie noch Schmerzen hatte.

„Schatz, lass bloß nicht los!", schrie ich und umklammerte Loris Arme. Sie hing baumelnd über einem Abgrund und ich hielt sie fest. Eigentlich war sie ein Fliegengewicht, aber ich in meiner Postion, auf dem Boden liegend und die Hände zu ihr streckend, hatte es gerade nicht so leicht. Wir sind an diesem warmen Morgen laufen gegangen, auf einem abgelegenen Berg. Es war mein Fehler, wir sind zu nah am Abgrund gelaufen. Und als Lori gestolpert war, ist sie heruntergerutscht. Schlagartig war unsere gute Laune weg. Lori schrie kurz, bevor ich noch rechtzeitig ihre Arme fassen konnte. Sie hatte schwitzige Hände, die meine Unterarme regelrecht umkrallten. Lori regte den Kopf nach oben, sodass wir die ganze Zeit Blickkontakt hatten. „Liebling, lass mich nicht los..." Ihre Stimme zitterte und ihre Augen wurden glasig. Auch ich kämpfte mit den Tränen, unter ihr befand sich der Abgrund, den sie aus dieser Höhe niemals überleben würde. „Es ist alles meine Schuld", sagte ich und konnte sie ein Stückchen nach oben ziehen. Mein Körper verspannte sich und versuchte, die gesamte Kraft in meine Arme zu pumpen. Die heiße Sonne schien auf uns herab und auf meiner Stirn bildete sich ziemlich viel Schweiß. Warum passierte das ausgerechnet uns? Plötzlich gab die Kante des Abgrunds, auf der ich lag, ein wenig nach, sodass ich mit dem Oberkörper etwas unterhalb die Kante rutschte. Ich zog scharf die Luft ein und vergrub meine Füße in der Erde, um nicht weiter zu rutschen. Lori liefen die Tränen über ihr schönes Gesicht und sah mich nur an. „Wir schaffen das, glaub mir", ermutigte ich sie. „Wie? Uns kann nur noch ein Wunder retten. Irgendwann werden dich deine Kräfte verlassen", flüsterte sie. „Zieh dich langsam hoch", beruhigte ich sie, obwohl ich innerlich auch ziemlich panisch war. Und tatsächlich kam sie ein Stück nach oben, allerdings reichte es noch lange nicht. All meine Stoßgebete in den Himmel halfen mir noch, Lori wirkte gerade in diesem Moment so unfassbar schwer. Und ich war wütend auf mich, dass ich sie nicht mit einem Ruck hochziehen konnte. „Steve, hör mir genau zu. Ich liebe dich über alles und die Zeit mit dir war die beste Zeit meines Lebens. Wir müssen der Tatsache ins Auge blicken, dass du mich nicht mehr lange halten kannst", Lori hatte durch das Weinen eine leicht raue und doch liebevolle Stimme. Ihre Arme zitterten und ich drückte fester zu. „Nein, ich lasse nicht zu, dass du stirbst!", weinte ich los. „Es tut mir leid, aber du musst dich retten und das geht nur, wenn du mich loslässt." Wir starrten uns die ganze Zeit an. „Nein, hör auf!", flehte ich. „Das wird meine letzte Entschuldigung sein, versprochen", sie lachte schniefend. „Nein..." „Ich liebe dich, Steven John McGarrett und ich bin dankbar für jede einzelne Sekunde mit dir", nach diesen Worten löste sie ihren Griff. Lori rutschte mir durch die Hände und fiel in die Tiefe. „NEIN!", schrie ich weinend. Lori schreite nicht und nach einer Weile fiel sie in einen Baum. Ich konnte mir das Knacken der Äste vorstellen und wie Lori auf dem Boden aufkam...

Unsere erste Begegnung veränderte alles - Hawaii Five-O ❤️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt