Bevor ich wusste, wie ich reagieren wollte, war Mel zurück in der Küche. Ich sah sie an, mir war schlecht. Ich brachte keinen Ton heraus, doch meine Gedanken führten eine hitzige Diskussion. Der aufkeimenden Wut versuchte ich immer wieder vernünftige Argumente entgegen zu setzen und ermahnte mich nicht vorschnell zu urteilen. Ich vertraute Mel, ich traute ihr nicht zu, dass sie mich hintergehen würde. Ich vertraute Jelto, zumindest ein bisschen.
„Alles klar?", fragte Mel dann und sah mich irritiert an. Ich war zu einer Salzsäule erstarrt und vermutlich auch etwas blass geworden. Ich nickte, schüttelte dann den Kopf. Sagte noch immer nichts. „Skara, was ist denn?". Sie kam näher und legte mir eine Hand auf die Schulter. „Warum schreibt Jelto dir?", fragte ich dann gerade heraus und viel zu schnell. Ich atmete danach tief ein und aus. „Sorry", ich schüttelte den Kopf. „Ich wollte nicht auf dein Handy schauen, aber es hat aufgeleuchtet und dann hatte ich es auch schon gesehen und ich weiß gerade einfach nicht, was ich denken soll".Mel seufzte, nahm ihre Hand von meiner Schulter und fuhr sich durch die Haare. „Also zunächst einmal", begann sie und sah mich ernst an, „ist es wirklich nicht so, wie du denkst". Ich zog skeptisch eine Augenbraue hoch. Genau so, fingen Menschen an, die sich gleich um Kopf und Kragen regen würden. Ich spielte in meinem Kopf verschiedene Szenarien durch. Wie würde ich reagieren, wenn sie mir gleich eröffnen sollte, dass sie mit ihm geschlafen hatte oder sich in ihn verliebt hatte oder die zwei mich den Sommer über angelogen hatten. Oder sie sagte mir, dass sie nur Freunde seien und sie sich täglich nette Nachrichten schrieben. Ich spürte, wie mein Puls zu rasen begann, doch ich schwieg.
„Jelto schreibt mir manchmal, um zu fragen, wie es dir geht". Damit hatte ich nicht gerechnet und ich glaubte ihr auch nicht. „Aha?", sagte ich dann und sah sie skeptisch an. „Es stimmt. Du kannst gerne unsere Nachrichten lesen. Skara, ich bitte dich".
„Und warum hast du nie was gesagt?".
„Ich hab es ihm versprochen".
„Du bist ihm gegenüber loyaler, als mir?".
Ich war sauer. Ich wusste noch nicht ganz was genau mich sauer machte, aber ich spürte, wie ich die Wut immer weite nach oben kochte.
„Skara", sagte Mel dann, als würde ich überreagieren. Sie sagte es in einem Ton, als wäre ich ein kleines Kind, was einen Trotzanfall bekam.
Ich schnappte meine Jacke und stürmte ohne ein weiteres Wort aus ihrer Wohnung. Ich wusste, dass wenn ich bleiben würde, ich mich morgen für vieles schlecht fühlen würde. Ich war nicht stolz darauf, aber Wut ließ mich sehr unfair werden. Sie brachte mich dazu Dinge zu sagen, die ich nicht so meinte.
Ich lief das Treppenhaus hinunter, stolperte, fiel fast und wurde nur noch wütender. Draußen auf der Straße atmete ich tief durch und lief weiter.
Er fragte Mel, wie es mir ging? Wirklich?
Ehe ich mich versah hatte ich mein Handy rausgeholt und Henrys Nummer gewählt. Ich legte auf, bevor er abhob. Scheiße.
Scheiße. Scheiße. Scheiße.
Ich fühlte mich plötzlich unendlich allein.
Der Weg nach Hause war die Hölle. Als ich endlich die Wohnungstür aufschloss, fing ich an zu weinen und eilte in mein Zimmer. Ich hörte Raphi, wie er fragte, ob ich es sei, doch antwortete nicht.
Ein Haufen Fragen wirbelten in meinem Kopf hin und her.
Hatten Mel und Jelto sich über mich lustig gemacht? Die arme, bemitleidenswerte Skara. Hatte Mel ihm erzählt, wie verletzt ich gewesen war? Wenn er doch wissen wollte, wie es mir ging, warum schrieb er dann nicht mir – egal, was wir uns versprochen hatten.
Wollte er nur hören, dass er mal wider ein Herz gebrochen hatte? Hatte ich ihm jemals etwas bedeutet?
Wieso, wieso verschwieg mir meine beste Freundin solche Dinge?
Ich hörte auf zu weinen. Das war doch albern.
Mein Handy klingelte, es war Mel. Ich ließ es klingeln. Kurz darauf klingelte es an der Tür. Ich machte nicht auf, doch ich hörte, wie Raphi öffnete. Dann klopfte es an meine Zimmertür und ich stöhnte. „Verpiss dich", murmelte ich und fühlte mich wie damals mit 15, wenn mich mein Bruder nervte.
Und genau wie mein Bruder öffnete auch Mel jetzt einfach die Tür und kam herein.
„Skara, bitte. Es tut mir leid".
Ich verschränkte die Arme und fühlte mich noch trotziger. „Was genau tut dir leid?". Ich sah sie mit funkelnden Augen an. „Tut es dir leid, dass du mich belogen hast? Tut es dir leid, dass du und Jelto irgendeine perverse Freundschaft pflegt, die ihr dadurch nährt über mein gebrochenes Herz zu sprechen?".
Mel rollte mit den Augen. „Du bist so dramatisch".
Ich hasste es, wenn sie das machte. Sie wusste, dass sie etwas falsch gemacht hatte und spielte es jetzt herunter.
„Ne", sagte ich schlicht, „ich bin nur neugierig".
Mel rollte erneut mit den Augen und setzte sich dann neben mich auf mein Bett.
„Was willst du wissen?", fragte sie dann uns seufzte.
„Wieso schreibt ihr miteinander. War das vorhin dein ernst?".
„Er wollte wirklich wissen, wie es dir geht. Er sagte, er wolle dich nicht noch mehr verletzten, in dem er den Kontakt wieder aufnimmt".
Ich lachte auf. Was für ein Kotzbrocken.
„Hattet ihr was miteinander?", fragte ich dann, dabei wollte ich doch etwas ganz anderes fragen.
Mel stockte kurz. Mein Herz begann schneller zu klopfen.
„Wir haben uns mal geküsst. Aber das war bevor ich ihn dir auf meiner Party vorgestellt habe".
„Was?". Ich war fassungslos. Komplett fassungslos. Ich fühlte mich verraten, verarscht. Ich sah auf den Boden, denn ich konnte ihr Gesicht gerade nicht sehen. Wie sie da neben mir saß und sagte, dass ihr irgendwas leid tat.
Ich liebte Mel wie eine Schwester und genauso wütend konnte ich auch auf sie werden.
„Raus", hörte ich mich dann sagen und ließ mich rückwärts auf mein Bett fallen.
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Trifolium
General FictionSkara sucht Abwechselung und findet Jelto. Die beiden verbringen einen gemeinsamen Sommer. Doch auch dieser Sommer endet irgendwann und mit ihm die gemeinsame Zeit. Schnell stellt Skara fest, dass sie eigentlich viel mehr braucht als einen Flirt, u...