Ich kniete bemitleidenswert auf den kalten Badfliesen und vergrub das Gesicht in den Händen. Die Übelkeit ließ langsam nach, aber jetzt fühlte ich mich schwach und gedemütigt, denn Henry kniete sich neben mich und strich mir das Haar hinters Ohr. Langsam nahm er meine Hände in seine und führte sie weg von meinem Gesicht.
„Geh weg", murmelte ich. Er lächelte. „Nein".
„Das ist peinlich", sagte ich und sah ihn nicht an.
„Ist es nicht. Ich habe dich schon oft kotzen sehen".
Ich lachte kurz.
„Da war ich aber nicht so sauer auf dich".
Er half mir hoch, reichte mir ein Glas Wasser und schob mich dann mit einer zärtlichen Bestimmtheit in mein Zimmer.
Ich kuschelte mich in mein Bett, Henry zog sich Jeans und Jacke aus und legte sich zu mir.
Kurz sträubte ich mich, doch legte dann meinen Kopf auf seine Brust. Es fühlte sich so gewohnt an, so sicher.
„Ich mach mir Sorgen", sagte ich leise.
„Wir müssen nicht jetzt darüber sprechen", entgegnete Henry. Seine Stimme konnte ich nicht deuten. Sie war leise, zart, aber auch bewusst neutral gehalten.
„Ich werde kein Auge zu tun, wenn wir es nicht machen".
Henry nickte. Seine Brust hebte und senkte sich ein Mal merklich. Er seufzte.
„Skara dir geht es nicht gut", versuchte er auszuweichen.
„Das stimmt. Ich bin einfach so nervös, ich hab Angst. Angst davor, dass wir nicht das gleiche wollen", erklärte ich ehrlich und schon bildete sich erneut ein Knoten in meinem Magen.
Henry setzte sich ein wenig im Bett auf, ich nahm den Kopf von seiner Brust und setzte mich ebenfalls.
Ähnlich hatten wir vor einiger Zeit in Henrys Bett gesessen und beschlossen, dass wir es versuchen würden. Miteinander. In einer Beziehung.
Mein Herz klopfte rasend schnell, als ich Henrys Gesicht sah. Er konnte mich nicht ansehen. Das war nie ein gutes Zeichen.
„Hast du mich betrogen?", fragte ich geradeheraus.
„Was?", fragte er zurück. Nun sah er mich an und hatte dabei die Augen weit aufgerissen.
„Hast du was mit ner anderen gehabt?", erklärte ich meine Frage und schluckte die aufkommende Übelkeit mit so viel Selbstkontrolle, wie ich übrig hatte, herunter.
„Nein", antwortete er. Dabei klang er bestimmt und ich atmete aus. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich die Luft angehalten hatte.
„Nein, hab ich nicht. Aber ich verstehe, warum du das denkst". Henry senkte seinen Blick wieder und seufzte tief.
Ich spürte, dass sich Tränen in meinen Augen ansammelten. Warum denn jetzt auch noch das?
„Ich muss dir was erzählen", begann er und sah auf, dann stoppte er. „Hey, nicht weinen. Was ist denn los?". Er sagte das so zärtlich, dass ich noch mehr anfing zu schluchzen.
„Warum weinst du denn jetzt?", er nahm mich in den Arm.
„Keine Ahnung", schluchzte ich. „Meine Gefühle drehen heute irgendwie durch". Ich vergrub mein Gesicht an seiner Halsbeuge. In den letzten Tagen hatte ich mich ihm nicht so nah gefühlt.
Aber er wollte mir was sagen. Ich versuchte mich zu sammeln.
„Vielleicht bekommst du einfach deine Tage, du hast doch oft mit PMS zu"- ich stieß ihn ruckartig von mir weg. Sah ihn geschockt an.
„Meine Periode", flüsterte ich. Henry blickte verständnislos zurück.
„Der wievielte ist heute?", schrie ich panisch und sprang aus dem Bett auf. Suchte hektisch nach meinem Handy.
Henry schien es langsam zu dämmern, worauf ich hinauswollte. Er stand ebenfalls auf.
Er kam zu mir, ich sah von meinem Handy hoch und ihn an.
„Ich bin ne Woche drüber".
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Trifolium
General FictionSkara sucht Abwechselung und findet Jelto. Die beiden verbringen einen gemeinsamen Sommer. Doch auch dieser Sommer endet irgendwann und mit ihm die gemeinsame Zeit. Schnell stellt Skara fest, dass sie eigentlich viel mehr braucht als einen Flirt, u...