Kapitel 43

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Der Alltag hatte uns schnell wieder. Zurück in Berlin gingen wir drei unseren Pflichten nach und sahen uns für ein paar Tage wenig. Henry schlief zwei Nächte bei Leo und sagte mir nicht wieso, Raphi half seinem Vater beim Keller ausmisten und ich eilte zwischen der Arbeit im Theater und der Uni hin und her. In vier Tagen war Weihnachten und ich hatte noch nicht einmal annähernd alle Geschenke besorgt. Müde schloss ich die Wohnungstür auf und gähnte herzhaft als ich meine unbequemen, schwarzen Lederschuhe von den Füßen zog. Im Theater war die Hölle los gewesen und ich freute mich auf ein Glas Wein, eine Zigarette und mein Bett. Aus Henrys Zimmer dröhnten laute HipHop-Beats und ich verdrehte die Augen, musste aber lächeln. Er war also wieder zurück. Ich klopfte an seiner Tür, er hörte das natürlich nicht, also öffnete ich einfach. Er saß an seinem schönen 60er-Jahre Schreibtisch, den ich ihm nicht selten versucht hatte abzukaufen, und bastelte an einer seiner Kameras herum. Erschrocken drehte er sich zur Tür, dann lächelte er mich breit an und drehte die Musik leiser. „Hi du", begrüßte er mich und ich lehnte mich in den Türrahmen. „Magst du eine rauchen?", fragte ich, er nickte. Wir gingen auf den Balkon, es war kalt. Den Rotwein, den ich mir eingeschenkt hatte, hätte ich jetzt doch gerne in warm. „Wie wars bei Leo?", fragte ich und zog mit zittrigen Fingern an meiner Zigarette. Henry zuckte mit den Schultern, er wollte offensichtlich nicht darüber reden. Okay, gut. Ich brachte die kleine Stimme in meinem Kopf zum Schweigen, die sagte, dass er vielleicht gar nicht bei Leo gewesen war und rückte etwas näher an ihn heran. „Bin froh, dass du wieder hier bist". Er sah mich sanft an und legte mir einen Arm um die Schulter. Ich lehnte mich an ihn. Wir unterhielten uns noch über dies und das, eigentlich war es gar nicht wichtig.
„Magst du noch nen Film schauen?", fragte Henry dann. Ich nickte zögerlich. Klar wollte ich das, aber das bedeutet auch, dass wir zusammen in einem Bett liegen würde und ich war mir nicht sicher, ob ich mir selbst gerade vertrauen konnte.
Schritt für Schritt, Babysteps! Sagte ich mir selbst, wie ein Mantra, als ich mich neben Henry in sein Bett kuschelte und meine Augen auf den Fernseher richtete. Er legte einen Arm um mich, reichte mir meinen Wein und drückte auf Play. Nach dem langen Tag war das genau das Richtige und ich spürte wie ich mich entspannte.
Der Film war vielleicht 20 Minuten am laufen, da küssten wir uns schon, wie die Teenager. Und ehe ich mich versah, hatte er mir das Kleid hochgeschoben. Eine säuselnde Stimme in meinem Kopf versuchte mich davon zu überzeugen, dass einmal ja keinmal war und einmal schwach werden ja nicht hieß, dass ich meine neu geschaffenen Prinzipien über Bord warf. Aber ich wollte, dass es diesmal klappte. Also schob ich ihn sanft zurück. Er sah mich verwirrt an. „Was ist los?", fragte er und setzte sich aufrecht hin. Er sah ehrlich irritiert aus und vielleicht auch ein wenig verletzt. Das war das letzte, das ich wollte. Ich setzte mich ebenfalls aufrecht hin und sah ich sanft an. „Tut mir leid", sagte ich zu ihm und auch zu mir. Oh man, wie gerne hätte ich mit ihm geschlafen.
„Ich glaube nur, dass das keine gute Idee ist".
„Was? Sex? Ich finde, dass das eine hervorragende Idee ist", versuchte er zu scherzen und ich schaffte es zu lächeln.
„Ich glaube, dass wir nicht miteinander schlafen sollten, bis wir nicht geklärt haben, was das hier", ich fuchtelte wild zwischen uns beiden hin und her, „nunmal ist".
Henry sagte nichts. Er zog skeptisch eine Augenbraue hoch, doch ich sah ihn stur an. „Du meinst das echt ernst", stellte er fest und ich stöhnte.
„Okay, dann raus aus meinem Bett", er gab mir einen kleinen Schubs und drehte sich dann mit verschränkten Armen wieder zum Fernseher.
Natürlich glaubte ich nicht eine Sekunde, dass er das ernst meinte. Doch nichtsdestotrotz fragte ich mich, ob es nicht klüger wäre.
Er grinste mich dann verschmitzt an und zog mich wieder in seine Arme. „Okay", sagte er. „Wenn du das so möchtest, dann bin ich dabei. Ich hab nur eine Bitte", er zog mir energisch die Decke bis zum Kinn hoch und drehte meine Kopf sanft in Richtung Fernseher. „Schau mich in deinem wunderschönen Kleid und mit deinen wunderschönen Augen nicht so verdammt niedlich an, bis mein Schwanz auch gecheckt hat, dass hier heute nichts laufen wird", er zeigte auf seine Leistenregion unter der Decke und warf ihr einen tadelnden Blick zu, als wäre er wirklich enttäuscht. Ich lachte laut los.

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